Freitag, 16. April 2010

Börsenwächter klagen Goldman Sachs wegen Betrugs an

Fragwürdige Finanzprodukte

Schwerer Schlag gegen Goldman Sachs: Die US-Börsenaufsicht wirft der größten Wall-Street-Bank Anlegerbetrug im großen Stil vor. Die Klage richtet sich auch gegen einen Vizepräsidenten des Konzerns. Die Aktie stürzt um mehr als zehn Prozent ab - und zieht deutsche Finanzwerte massiv mit nach unten.

Hamburg/New York - Die US-Immobilienkrise hat ein juristisches Nachspiel für Goldman Sachs, Amerikas größte Wall-Street-Bank. Die US-Börsenaufsicht SEC erhob am Freitag Betrugsklage gegen den Finanzriesen und einen seiner Vizepräsidenten (Anklageschrift gegen Goldman Sachs).

Der Vorwurf: Goldman Sachs habe Investoren hintergangen, indem es ihnen die Risiken eines komplexen Investmentprodukts vorenthalten habe. Das Produkt war an die berüchtigten Subprime-Hypotheken gekoppelt, die die weltweite Finanzkrise mit ausgelöst haben sollen.

Der Schaden für die Anleger wird auf eine Milliarde Dollar beziffert. Der Konzern wies die Anschuldigungen zurück: "Die Anklagepunkte der SEC sind in jeder Hinsicht vollkommen unzutreffend. Wir werden energisch dagegen vorgehen, um unser Unternehmen und unseren Ruf zu verteidigen", teilte Goldman Sachs in einer Presseerklärung mit.

Die SEC-Vorwürfe verursachten am Freitagnachmittag ein Börsenbeben. Die Goldman-Aktie verlor zeitweise fast 15 Prozent an Wert und zog andere Finanzwerte mit in die Tiefe. Auch in Deutschland rauschten die Bankenwerte kurz vor Börsenschluss nach unten. Titel der Deutschen Bank verloren zeitweise mehr als sieben Prozent, Aktien der Commerzbank fast drei. Der Dax gab um 1,5 Prozent auf 6199 Zähler nach.

Im Sog der Kursverluste verlor auch der Ölpreis an Wert. Ein Fass der Sorte Fass WTI verbilligte sich um 3,3 Prozent auf 82,75 Dollar, die Sorte Brent wurde 2,6 Prozent niedriger bei 85,27 Dollar gehandelt.

Goldman Sachs soll wichtige Informationen verschwiegen haben
Es ist das erste Mal, dass die Börsenwächter bei einem derartigen Geschäft einschreiten. Für die Investmentbanken könnte das der Beginn härterer Zeiten bedeuten, denn viele von ihnen hatten ähnliche Finanzprodukte im Zusammenhang mit Hypotheken aufgelegt.

Bei der Klage, die die SEC beim New Yorker Bezirksgericht einlegte, geht es um sogenannte "collateralized debt obligations" (CDO), Kreditprodukte, die als wichtiges Refinanzierungsmittel für Banken auf dem Kapitalmarkt gelten. Im Zuge der Finanzkrise kamen sie in die Kritik, da sie sich immer mehr auf windige Investments stützten, etwa besagte Subprime-Hypotheken.

Nach Ermittlungen der SEC unterschlug Goldman Sachs wichtige Informationen über ein CDO, darunter die maßgebliche Rolle, die ein Hedgefonds bei der Portfolio-Auswahl spielte. Dieser Hedgefonds - Paulson & Co., einer der größten der Welt - habe einen Absturz dieser Werte bewusst einkalkuliert, um dann davon zu profitieren. "Das Produkt war neu und komplex", erklärte SEC-Chefermittler Robert Khuzami, "aber der Betrug und die Konflikte sind alt und simpel."

Goldman habe einem Klienten - dem besagten Hedgefonds - erlaubt, das CDO-Portfolio zu beeinflussen, obwohl der Investor dagegen gewettet habe, schreibt die SEC in der Klage. "Zugleich habe man anderen Investoren versichert, dass diese Kreditprodukte von einer unabhängigen, objektiven dritten Partei ausgewählt worden seien."

Weitere Klagen möglich
Bei dem angeklagten Goldman-Vizepräsidenten handelt es sich um Fabrice Tourre, der für die inkriminierte CDO (intern als "ABACUS 2007-AC1" bekannt) verantwortlich gewesen sein soll. Tourre habe angeblich von der doppelten Agenda Paulsons gewusst, so die SEC.

Die Goldman-Klage ist Teil eines breiten Ermittlungsvorstoßes der SEC gegen die Wall Street im Zusammenhang mit der Kreditkrise. SEC-Abteilungsleiter Kenneth Lench kündigte weitere Klagen "gegen Investmentbanken und andere" an: Die Behörde untersuche derzeit alle komplexen Hypotheken-Finanzprodukte, die in jener Zeit zum Absturz der gesamten Branche geführt hätten.

Es ist bereits das zweite Mal in zwei Tagen, dass Negativnachrichten über Goldman Sachs die Anleger schockieren. Laut "Financial Times Deutschland" hat ein Fonds der Großbank nahezu sein gesamtes Eigenkapital in Höhe von 1,8 Milliarden Dollar verloren. Als Grund für den gigantischen Verlust nannte die Zeitung die mit hohen Krediten finanzierten Käufe von Immobilien gerade auch in Deutschland. Die Bundesrepublik sei nach den USA das zweitgrößte Zielland bei dem im Jahr 2005 aufgelegten Fonds gewesen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen