Bereits wenige Monate nach Amtsantritt steht Telekom-Chef René Obermann mit dem Rücken zur Wand. Denn er hat es nicht geschafft, die Mitarbeiter auf den Sanierungskurs einzustimmen. Jetzt geht es für ihn und für Ver.di nur noch darum, ohne Gesichtsverlust aus dem Dilemma herauszukommen.
Bonn - Der inzwischen 14 Tage andauernde Streik hat die Fronten auf beiden Seiten massiv verhärtet. Doch ein Zurück gibt es weder für den Telekom-Vorstand noch für die Ver.di-Funktionäre. Zu groß ist inzwischen der Druck, unter dem beide Seiten stehen: Sie haben Erwartungen geweckt, die sie jetzt erfüllen müssen. Obermann muss die Umstrukturierung gelingen, wenn er sich nicht als schwacher Manager erweisen will. Auf der anderen Seite muss Ver.di ihren Mitgliedern einen Erfolg präsentieren.
Telekom-Vorstände Eick, Sattelberger: "Wir würden es tun"
Thomas Sattelberger sendete heute die ersten versöhnlichen Signale. Er wolle nicht, dass eine Seite das Gesicht verliere, machte der neue Telekom-Personalvorstand heute in Bonn deutlich. "Für einen Kompromiss müssen beide Seiten zurückstecken". Im Angebot des Konzerns und den Aussagen der Gewerkschaft steckten "viele Möglichkeiten". Und schließlich gebe es durchaus noch Zeit für Verhandlungen: Fünf Wochen seien es noch bis zur Überleitung der Arbeitsplätze im Service und den Callcentern der Festnetzsparte T-Com in die geplanten neuen Unterfirmen am 1. Juli. Und selbst danach sei er jederzeit für Gespräche offen, versicherte der Vorstand.
Doch es scheint so, als ob das Gesprächsangebot zurzeit eher einem Lippenbekenntnis gleichkommt. Denn viel Spielraum für eine friedliche Einigung bleibt der Telekom nicht, das machte Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick noch einmal klar. Er betonte die Notwendigkeit, im harten Wettbewerb die Kosten zu senken. Das fordere auch die Bundesregierung als größter Aktionär des Konzerns, bestätigte Eick, der von Druck aus Berlin aber nicht reden wollte.
Und Sattelberger wollte nicht darauf verzichten, den Mitarbeitern auch die Folterwerkzeuge zu zeigen. Lege man allein die rechtlichen Rahmenbedingungen zugrunde, sagte er, könne der Konzern die Auslagerung der 50.000 Jobs in eigenständige Gesellschaften notfalls auch ohne Einigung mit Ver.di durchsetzen.
Drohung mit dem Gesetzbuch
Wie das gehen soll, hat der Vorstand den Beschäftigten in einem Informationsbrief mitgeteilt: Nach Paragraf 613 a des Bürgerlichen Gesetzbuches sei ein so genannter Betriebsübergang möglich, indem andere, mit der Gewerkschaft Ver.di geschlossene Tarifverträge auch ohne Zustimmung der Betroffenen angewandt würden, erläuterte Sattelberger.
"Mir würde das Herz wehtun, wenn wir in diese Situation geraten würden", erklärte der Manager. "Auf der anderen Seite: Wir würden es tun." Im konkreten Fall sollen die Callcenter den bei T-Mobile geschlossenen Tarifvertrag übernehmen. Für die Bereiche Technischer Service und Infrastruktur soll der Tarif der Telekom-eigenen Beschäftigungsgesellschaft Vivento gelten. Die Einkommen lägen mehr als neun beziehungsweise etwa zwei Prozent niedriger als bisher, die Arbeitszeit bei 38 statt 34 Stunden.
Zwar sah auch das bisherige, von der Gewerkschaft in gescheiterten Tarifverhandlungen abgelehnte Angebot Lohnkürzungen um neun Prozent vor. Allerdings fielen ohne einen Kompromiss Zusagen wie ein Kündigungsverzicht bis Ende 2011, ein Härtefallfonds und ein gestufter Übergang zu den niedrigeren Einkommen weg.
Zwar hätten die Beschäftigten vor dem Übergang in die Service-Gesellschaften formal vier Wochen Zeit zum Widerspruch. Sie würden aber ihre Jobs verlieren, falls sie davon Gebrauch machten, erklärte Sattelberger. Die Arbeit in den alten Einheiten falle weg. Eine Weiterbeschäftigung bei der T-Com sei dann nicht mehr möglich. Der für das ganze Unternehmen vereinbarte Kündigungsschutz bis Ende 2008 gelte in diesem Fall nicht. Und eine Fortsetzung des Streiks nach dem 1. Juli bei geltenden Tarifverträgen wäre nach Auffassung des Unternehmens illegal.
Erfolgsbeteiligung in besseren Zeiten
Ver.di fasst den Brief als Kriegserklärung auf. "Mit ihrer Kündigungsdrohung macht die Telekom die bisher von ihr angebotene Beschäftigungssicherung praktisch wertlos", sagte Ver.di-Verhandlungsführer Lothar Schröder. Er forderte den Konzern auf, ein verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen. Es sei an der Zeit, den Beschäftigten eine Perspektive anzubieten statt sie zu bedrohen und einzuschüchtern.
Die Telekom dagegen verlangt die Wiederaufnahme der Verhandlungen auf der bisherigen Basis. Eick ließ freilich durchblicken, dass Nachbesserungen möglich seien. Und Sattelberger hob die bisherige "Kultur der Sozialpartnerschaft" bei der Telekom hervor, zu der er so schnell wie möglich zurückkehren wolle. "Wir wollen ja nicht Scherben ohne Ende aufkehren", sagte er. Der Schlüssel zur Lösung könnte in einer von Sattelberger ins Gespräch gebrachten "Chancen- und Risikogemeinschaft" liegen.
Einschnitte in schwierigen Zeiten könnten durch eine Erfolgsbeteiligung der Beschäftigten ausgeglichen werden, wenn die wirtschaftliche Lage wieder besser sei. Der Haken dabei, so hieß es aus Gewerkschaftskreisen, sei, dass die vorgegebenen wirtschaftlichen Ziele auch realistisch erreichbar sein müssten.
Das wäre wahrscheinlich der Hauptpunkt künftiger Verhandlungen.
Bonn - Der inzwischen 14 Tage andauernde Streik hat die Fronten auf beiden Seiten massiv verhärtet. Doch ein Zurück gibt es weder für den Telekom-Vorstand noch für die Ver.di-Funktionäre. Zu groß ist inzwischen der Druck, unter dem beide Seiten stehen: Sie haben Erwartungen geweckt, die sie jetzt erfüllen müssen. Obermann muss die Umstrukturierung gelingen, wenn er sich nicht als schwacher Manager erweisen will. Auf der anderen Seite muss Ver.di ihren Mitgliedern einen Erfolg präsentieren.
Telekom-Vorstände Eick, Sattelberger: "Wir würden es tun"
Thomas Sattelberger sendete heute die ersten versöhnlichen Signale. Er wolle nicht, dass eine Seite das Gesicht verliere, machte der neue Telekom-Personalvorstand heute in Bonn deutlich. "Für einen Kompromiss müssen beide Seiten zurückstecken". Im Angebot des Konzerns und den Aussagen der Gewerkschaft steckten "viele Möglichkeiten". Und schließlich gebe es durchaus noch Zeit für Verhandlungen: Fünf Wochen seien es noch bis zur Überleitung der Arbeitsplätze im Service und den Callcentern der Festnetzsparte T-Com in die geplanten neuen Unterfirmen am 1. Juli. Und selbst danach sei er jederzeit für Gespräche offen, versicherte der Vorstand.
Doch es scheint so, als ob das Gesprächsangebot zurzeit eher einem Lippenbekenntnis gleichkommt. Denn viel Spielraum für eine friedliche Einigung bleibt der Telekom nicht, das machte Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick noch einmal klar. Er betonte die Notwendigkeit, im harten Wettbewerb die Kosten zu senken. Das fordere auch die Bundesregierung als größter Aktionär des Konzerns, bestätigte Eick, der von Druck aus Berlin aber nicht reden wollte.
Und Sattelberger wollte nicht darauf verzichten, den Mitarbeitern auch die Folterwerkzeuge zu zeigen. Lege man allein die rechtlichen Rahmenbedingungen zugrunde, sagte er, könne der Konzern die Auslagerung der 50.000 Jobs in eigenständige Gesellschaften notfalls auch ohne Einigung mit Ver.di durchsetzen.
Drohung mit dem Gesetzbuch
Wie das gehen soll, hat der Vorstand den Beschäftigten in einem Informationsbrief mitgeteilt: Nach Paragraf 613 a des Bürgerlichen Gesetzbuches sei ein so genannter Betriebsübergang möglich, indem andere, mit der Gewerkschaft Ver.di geschlossene Tarifverträge auch ohne Zustimmung der Betroffenen angewandt würden, erläuterte Sattelberger.
"Mir würde das Herz wehtun, wenn wir in diese Situation geraten würden", erklärte der Manager. "Auf der anderen Seite: Wir würden es tun." Im konkreten Fall sollen die Callcenter den bei T-Mobile geschlossenen Tarifvertrag übernehmen. Für die Bereiche Technischer Service und Infrastruktur soll der Tarif der Telekom-eigenen Beschäftigungsgesellschaft Vivento gelten. Die Einkommen lägen mehr als neun beziehungsweise etwa zwei Prozent niedriger als bisher, die Arbeitszeit bei 38 statt 34 Stunden.
Zwar sah auch das bisherige, von der Gewerkschaft in gescheiterten Tarifverhandlungen abgelehnte Angebot Lohnkürzungen um neun Prozent vor. Allerdings fielen ohne einen Kompromiss Zusagen wie ein Kündigungsverzicht bis Ende 2011, ein Härtefallfonds und ein gestufter Übergang zu den niedrigeren Einkommen weg.
Zwar hätten die Beschäftigten vor dem Übergang in die Service-Gesellschaften formal vier Wochen Zeit zum Widerspruch. Sie würden aber ihre Jobs verlieren, falls sie davon Gebrauch machten, erklärte Sattelberger. Die Arbeit in den alten Einheiten falle weg. Eine Weiterbeschäftigung bei der T-Com sei dann nicht mehr möglich. Der für das ganze Unternehmen vereinbarte Kündigungsschutz bis Ende 2008 gelte in diesem Fall nicht. Und eine Fortsetzung des Streiks nach dem 1. Juli bei geltenden Tarifverträgen wäre nach Auffassung des Unternehmens illegal.
Erfolgsbeteiligung in besseren Zeiten
Ver.di fasst den Brief als Kriegserklärung auf. "Mit ihrer Kündigungsdrohung macht die Telekom die bisher von ihr angebotene Beschäftigungssicherung praktisch wertlos", sagte Ver.di-Verhandlungsführer Lothar Schröder. Er forderte den Konzern auf, ein verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen. Es sei an der Zeit, den Beschäftigten eine Perspektive anzubieten statt sie zu bedrohen und einzuschüchtern.
Die Telekom dagegen verlangt die Wiederaufnahme der Verhandlungen auf der bisherigen Basis. Eick ließ freilich durchblicken, dass Nachbesserungen möglich seien. Und Sattelberger hob die bisherige "Kultur der Sozialpartnerschaft" bei der Telekom hervor, zu der er so schnell wie möglich zurückkehren wolle. "Wir wollen ja nicht Scherben ohne Ende aufkehren", sagte er. Der Schlüssel zur Lösung könnte in einer von Sattelberger ins Gespräch gebrachten "Chancen- und Risikogemeinschaft" liegen.
Einschnitte in schwierigen Zeiten könnten durch eine Erfolgsbeteiligung der Beschäftigten ausgeglichen werden, wenn die wirtschaftliche Lage wieder besser sei. Der Haken dabei, so hieß es aus Gewerkschaftskreisen, sei, dass die vorgegebenen wirtschaftlichen Ziele auch realistisch erreichbar sein müssten.
Das wäre wahrscheinlich der Hauptpunkt künftiger Verhandlungen.
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