Donnerstag, 10. Mai 2007

Er war Premierminister und stand schon mit Jennifer Lopez vor der Kamera: Friedensnobelpreis-Träger José Ramos Horta will nun als Präsident für Stabilität in Osttimor sorgen.

Er ist charmant, eloquent und gewitzt. Der neue Präsident Osttimors, José Ramos-Horta, ist einer, der unverkennbar schon seit Jahren virtuos auf der Klaviatur der internationalen Diplomatie spielt.

Bei allem Einsatz für sein bitterarmes Land weiß der 57-Jährige zudem, was bei den Wählern sonst noch zieht: Bei der Berlinale im Februar überreichte er dem Hollywood-Star Jennifer Lopez einen Preis und setzte sich mit ihr vor den Kameras gekonnt in Szene. Das Foto machte auch in Osttimors Hauptstadt Dili die Runde, wie Ramos-Horta Besuchern stolz erzählt. Solche Fähigkeiten sind beim Präsidenten gefragt, der zwar keine politische Macht hat, aber als Integrationsfigur und Ansprechpartner für internationale Geldgeber glänzen muss.


Die Wahl zwischen Ramos-Horta und Francisco «Lu Olo» Guterres hätte für die gut eine halbe Million Wähler kaum kontrastreicher sein können: Hier der weltgewandte Diplomat, der als Sprecher Osttimors mehr als 20 Jahre im Exil war und in Präsidentenpalästen ein- und ausging, dort der Schulabgänger, der 24 Jahre im Untergrund gegen die indonesische Besatzung kämpfte.

Während der studierte Anwalt Ramos-Horta in der großen Helfergemeinde von Ausländern in Dili den Small Talk auf Portugiesisch, Indonesisch und Englisch perfekt beherrscht, ist der kleingewachsene Guterres in internationaler Runde unsicher und unscheinbar. «Die Leute erhoffen sich von Ramos- Horta, dass er im Ausland mehr Hilfe für Osttimor mobilisieren kann», heißt es in Dili.

Ost-Timor, gerade so groß wie Schleswig-Holstein, ist das ärmste Land in Südostasien. Knapp eine Million Menschen leben dort. Die Globalisierung ist auf der Halbinsel am Südostzipfel von Indonesien noch nicht angekommen. Es gibt keine Industrie. Die Menschen leben von Landwirtschaft und Fischerei. Allerdings liegen viele Ländereien brach.

Nach 24 Jahren Besatzung haben die Indonesier nach ihrer Niederlage beim Unabhängigkeitsreferendum 1999 vieles kurz und klein geschlagen. 70 Prozent der Infrastruktur wurde zerstört. Trotz internationaler Hilfe kommt der Wiederaufbau nur langsam voran. Zu langsam, meint Ramos-Horta. Im vergangenen Jahr gab es Bandenkämpfe und schwere Unruhen, die 100 000 Menschen in die Flucht trieben.

Investitionen in Jobs geplant

«Die Banden sind nicht von Politik, Religion oder Ideologie getrieben», sagte Ramos-Horta. «Wir müssen in Wohnungen und Arbeitsplätze investieren, dann haben die Leute keinen Grund mehr zu kämpfen.» Wie es mit Osttimor weitergeht, hängt vor allem von den Parlamentswahlen am 30. Juni ab. Ramos-Horta sähe am liebsten seinen Freund und Amtsvorgänger Xanana Gusmao als Premierminister. Damit wäre die linke Fretilin-Partei, die aus der Widerstandsbewegung hervorging und noch die absolute Mehrheit hat, ausgebootet.

«Das gäbe Ärger», sagt ein ausländischer Beobachter in Dili. «Es gibt keine Ruhe, wenn die Fretilin nicht irgendwie an der Macht beteiligt ist.» Die Fretilin war seit dem Ende der Kolonialzeit die treibende politische Kraft im Land. Sie werde sich nach der Niederlage ihres Kandidaten bei den Präsidentenwahlen das Heft nicht auch noch im Parlament kampflos aus der Hand nehmen lassen.

Ramos-Horta, der für seine Bemühungen um ein friedliches Ende der indonesischen Besatzung 1996 den Friedensnobelpreis erhielt, war auch schon als UN-Generalsekretär im Gespräch. Der Ruf schmeichelte ihm, und er ließ wissen, dass er für eine solche Aufgabe durchaus zur Verfügung stünde. Als er nach den Unruhen zum Premierminister berufen wurde, änderte er seine Meinung.

«Ich wäre nie ein guter Generalsekretär, wenn ich nicht vorher ein guter Timorese war, und ein guter Timorese muss in Krisenzeiten in seinem Land sein», sagte er - ohne die Ambitionen aber aufzugeben. «Vielleicht 2012», meinte er im Hinblick auf den hohen Diplomatenjob in New York verschmitzt. (Christine Oelrich, dpa)

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