Donnerstag, 24. Mai 2007

Afrikanische Geschäfte

Ein Kommentar von Manfred Schäfers

Kaum entschuldet, beschäftigen Afrikas Kredite schon wieder die Weltgemeinschaft. Das hat zwei Gründe: Erstens vergeben nunmehr Schwellenländer wie China in wachsendem Maße Darlehen an afrikanische Staaten. Sie stoßen in die Lücke, die die traditionellen Geberländer mit ihrer zurückhaltenden Kreditpolitik eröffnet haben. Rohstoffe gegen frische Darlehen lautet das blühende Geschäft auf dem schwarzen Kontinent. Zweitens sorgen Fälle für Schlagzeilen, in denen Spekulanten Schuldtitel mit hohen Abschlägen gekauft haben, um später die Forderung mit Zins und Zinseszins einzuklagen. Die jüngst kritisierten "Geierfonds" profitieren von der gestiegenen Zahlungsfähigkeit der Schuldnerländer durch den Schuldenerlass, der doch eigentlich den Armen in Afrika zugutekommen sollte.

Seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts sollten immer neue Initiativen den hochverschuldeten Ländern Luft verschaffen. Erst verschob der Kreis der Geberstaaten, der Pariser Club, nur Tilgungstermine, doch später wurden auch Verbindlichkeiten erlassen. 1999 vereinbarte die Gruppe aus acht wichtigen Industrieländern (G 8) in Köln, den ärmsten Ländern ihre Schulden bis zu 90 Prozent zu erlassen. Dies wurde an Maßnahmen zur Armutsbekämpfung und politische Reformen - gute Regierungsführung, Demokratie, Menschenrechte - gebunden.

Sechzehn afrikanischen Ländern wurden die Schulden vollständig erlassen

Peer Steinbrück sieht Chinas Engagement in Afrika mit Skepsis

In die Gruppe der hochverschuldeten armen Staaten (Heavily Indebted Poor Countries, HIPC) fallen derzeit achtundvierzig Staaten, die meisten davon liegen im südlichen Afrika - alles Länder mit einem Pro-Kopf-Einkommen von weniger als 900 Dollar im Jahr. Als Kriterium für den Schuldenerlass gilt eine Auslandsverschuldung von mehr als 150 Prozent der Exporterlöse oder mehr als 250 Prozent der Staatseinnahmen. Vor zwei Jahren beschloss die G 8, in besonders harten Fällen die Schulden völlig zu streichen. Zwanzig Länder wurden seither vollständig von ihren Schulden befreit, sechzehn davon in Afrika.

Doch auf dem G-8-Finanzministertreffen am vergangenen Wochenende war schon wieder davon die Rede, dass die Schuldenspirale neu starten könnte. Gastgeber Peer Steinbrück malte das Gespenst der gelben Gefahr auf dem schwarzen Kontinent an die Wand. Er wies warnend auf Chinas Engagement in Afrika hin. Tatsächlich haben die Machthaber in Peking wenig Skrupel, wenn es darum geht, ihre Rohstoffinteressen abzusichern. Sie arbeiten auch mit Potentaten zusammen, die der Westen meidet. Und sie haben keine Scheu, Prestigeobjekte wie Präsidentenflugzeuge, Regierungspaläste oder Sportstadien zu finanzieren. Das Vorgehen des neuen Geberlandes, das selber noch von Deutschland Entwicklungshilfe erhält, wird im Westen zunehmend kritisch beäugt.

Das Auftreten Chinas

Präsident von Botswana: Festus Mogae

In Afrika sieht man die Sache nüchterner. Der Präsident von Botswana, Festus Mogae, mahnte dieser Tage auf dem Weltbankforum in Berlin, das Engagement Chinas in Afrika mit größerer Gelassenheit zu sehen. Man müsse genau prüfen, was langfristig gut für die afrikanischen Staaten sei. Tatsächlich hat das Auftreten Chinas und anderer Schwellenländer wie Indien auf dem Kontinent aus afrikanischer Sicht nicht nur negative Seiten. Die Konkurrenz belebt vielmehr das Geschäft. Wenn mehr Unternehmen ihre Rohstofflager ausbeuten wollen, dann lässt das die Preise steigen. Und nicht nur das: Die Entwicklungsländer emanzipieren sich von den alten Kolonialmächten, wenn sie auf einmal die Möglichkeit erhalten, auch mit anderen Ländern zu verhandeln.

Die neue Freiheit erfordert verantwortungsvolleres Handeln der Regierungen in Afrika. Sie müssen selbst darauf achten, dass die Kredite produktiv genutzt werden. Nur wenn die daraus fließende Rendite für das Land größer ist als die damit verbundene Zinslast, ist ein Abrutschen in die Überschuldung nicht zu befürchten. Dann gibt es keinen Grund, warum Schuldtitel des Landes unter Wert gehandelt werden sollten. Damit gäbe es auch nichts, worauf sich die vielgeschmähten Geierfonds stürzen könnten. Diese nutzen lediglich die Regeln der Finanzmärkte und des Rechts aus. Wer mit steigenden Rohstoffpreisen vom Weltmarkt profitiert, muss damit rechnen, dass dieselben Gesetze für seine Schuldtitel gelten.

Das Beispiel Sambia

Luftballon auf einer Protestveranstaltung gegen die Politik der G-8-Staaten

Der jüngst diskutierte Fall zeigt zudem, dass die betroffenen Länder nicht immer nur das unschuldige Opfer sind. Sambia war im April von einem Londoner Gericht verurteilt worden, dem amerikanischen Fonds Donegal 17 Millionen Dollar zu zahlen. Das Land hatte 1979 von Rumänien 15 Millionen Dollar erhalten, um Traktoren kaufen zu können. Donegal hatte 1999 die Forderung für gut 3 Millionen Dollar erworben. Dem stimmte der damalige sambische Präsident zu, der dafür eine Million Dollar erhalten haben soll.

Die Regierungen in Afrika sind somit gefragt. Sie müssen sicherstellen, dass die Einnahmen aus Rohstoffverkäufen und Krediten produktiv genutzt werden und nicht in dunklen Kanälen versickern. Deswegen sind transparente und kontrollierte öffentliche Haushalte so wichtig. Die Finanzminister der G 8 wollen dabei unterstützend wirken. Sie haben auch Regeln für eine verantwortungsvolle Kreditvergabe entwickelt. Die Minister wollen darüber im November im Kreis der G 20 beraten, zu der Gruppe aus Industriestaaten und Entwicklungsländern gehört auch China. Das alles kann helfen. Doch letztlich liegt es an den Ländern Afrikas, zu beweisen, dass sie nach der Entschuldung in der Lage sind, aus Fehlern zu lernen und ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.

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