Mittwoch, 30. Mai 2007

Tumulte bei Anhörung zur Zentralmoschee in Köln

Die Veranstaltung ist noch keine Minute alt, da erteilt Versammlungsleiter Josef Wirges die erste Rüge: „Wenn Sie weiter so reden, dann haben Sie heute Abend frei. Ich verweise Sie des Saals“, ermahnt der Ehrenfelder Bezirksbürgermeister einen Zwischenrufer. Es ist ein hauptamtlicher Mitarbeiter der Fraktion der rechtsextremen Vereinigung „Pro Köln“.

Immer wieder wird er in den nächsten anderthalb Stunden gezielt provozieren, bis Wirges Ernst macht. Als der „Pro Köln“-Funktionär den SPD-Politiker „Nazi“ schimpft, wird er von Ordnern und Polizisten hinausgebracht. Kurz zuvor war eine Stadträtin von „Pro Köln“ rausgeflogen. Sie hatte immer wieder in den Saal gebrüllt, obwohl Mandatsträger kein Rederecht hatten. Dies alles wirkte wie eine von „Pro Köln“ geplante Aktion, um sich vor den zahlreichen Journalisten und Kameraleuten in Szene zu setzen. Die Veranstaltung steht auf der Kippe. Wirges unterbricht, doch einige Moscheegegner lassen sich kaum noch beruhigen. Sie sind bei der Bürgeranhörung zum Moscheebau klar in der Minderheit.

Solidarität für den Bauherrn

Mehr als 700 Bürgerinnen und Bürger waren in die nach dem Baugesetzbuch vorgeschriebene Veranstaltung gekommen. Eine Reihe Politiker und Verbandsvertreter, die den Moscheebau befürworten, hatten sich demonstrativ in die ersten Reihen gesetzt. Mancher nutzte die Bürgeranhörung zu Solidaritätsbekundungen für den Bauherrn, die Türkisch-Islamische Union Ditib.

Obwohl üblicherweise bei solchen Anhörungen allein baurechtliche Fragen erörtert werden, war es zunächst Sozialdezernentin Marlis Bredehorst, die das Wort hatte. Sie warb mit einer ruhigen Ansprache für Integration und Religionsfreiheit. Sie sei stolz auf die Religionsfreiheit, die in Deutschland bestehe, betonte die Dezernentin - ganz gleich, wie es andere Staaten damit hielten. Religion vermittle den Menschen Halt und Werte, ob es nun die katholische, die islamische und die jüdische sei. Sie finde es wichtig, dass es auch für Muslime sichtbare Gotteshäuser gebe. Außerdem sei es ohne die Mitarbeit der Vereinigungen und Institutionen der Glaubensgemeinschaften für die Stadt kaum möglich, eine gute Sozialpolitik zu machen. Das gelte genauso für die Caritas wie für eine Moscheegemeinde. Der Vortrag wurde mehrfach von Zwischenrufern gestört.

Danach erläuterte Baudezernent Bernd Streitberger den baurechtlichen Hintergrund des geplanten Moscheebaus. Die Stadt will den Bebauungsplan ändern, damit die Türkisch-Islamische Union (Ditib) auf ihrem Gelände an der Venloer Straße anstelle der jetzigen Moschee eine neue, größere bauen darf. Im Rahmen dieser Planänderung müssen die Bürger und die „Träger öffentlicher Belange“ beteiligt werden. Sie können Anregungen und Bedenken zu Protokoll geben, über die dann der Rat zu entscheiden hat.

Architekt Paul Böhm stellte den von der Ditib geplanten Komplex an der Ecke Venloer Straße / Innere Kanalstraße vor: ein Gebetsraum für etwa 2000 Gläubige, zwei 55 Meter hohe Minarette, ein 34 Meter hoher Kuppelbau, ein für jedermann zugänglicher Innenhof mit Geschäften, eine Bücherei, Schulungsräume und mehr. Unter der Zentral-Moschee der Ditib soll eine Tiefgarage entstehen. Als auf der Leinwand eine Skizze der Moschee aufleuchtete, klatschten die Befürworter des Baus Beifall. Streitberger verteidigte Minarette und Kuppel, als gewollte, sichtbare Zeichen einer muslimischen Gebetsstätte.

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