Dienstag, 4. August 2009

Überläufer berichten von burmesischen Atomplänen

Von Hasnain Kazim, Islamabad

Ein Frachter mit rätselhafter Ladung, ein mysteriöses Tunnelsystem, Einkauf von Nuklearmaterial: Überläufer bestätigen Indizien, dass Burma sein Militär aufrüstet - und möglicherweise sogar eine Atombombe plant. Hilfestellung leistet ausgerechnet Nordkorea.

Bill Clinton ist ein Hoffnungsträger: In Pjöngjang will er die Gespräche mit Nordkorea über das Atomprogramm wiederbeleben und dafür sorgen, dass zwei dort inhaftierte US-Journalistinnen wieder freikommen. Umgekehrt setzt auch Nordkorea Hoffnungen in den ehemaligen US-Präsidenten: Sein sorgfältig inszenierter Besuch soll das völlig isolierte Land in die Weltgemeinschaft zurückführen. Der Besuch hat für beide Seiten hohen Symbolwert.

Doch die Hoffnungen auf eine bessere Stimmung werden von Nachrichten aus Burma, einem ähnlich isolierten und verarmten Staat wie Nordkorea, getrübt: Burmesische Überläufer berichten von den atomaren Bemühungen der dortigen Junta - und betonen die tragende Rolle Nordkoreas, aber auch Russlands, bei der nuklearen Aufrüstung.

Einem Bericht der "Bangkok Post" zufolge soll einer der zwei Überläufer mit dem Namen "Moe Jo" in Russland eine Ausbildung erhalten haben, um ein rund tausend Mann starkes Bataillon zur Bedienung von Atomwaffen aufzustellen und zu trainieren. Der andere, "Tin Min", habe als Buchhalter für einen dem Militärregime nahestehenden Geschäftsmann gearbeitet. Beide Männer bestätigten demnach die Vermutungen von Experten, dass Burma an einem eigenen Atomprogramm arbeite.

Burma verweist auf Nutzung für Nuklearmedizin

Australischen Wissenschaftlern zufolge berichten die Überläufer außerdem, dass Burma mit Hilfe Nordkoreas innerhalb von fünf Jahren in der Lage sei, eine Atombombe zu bauen. Das Land verfüge demnach über Möglichkeiten zum Uranabbau und zur Uranverarbeitung sowie über zwei Reaktoren: einen zivilen in Magwe und einen zu militärischen Forschungszwecken in Naung Laing.

"Tin Min" bezeichnete burmesische Angaben, die Anforderung nuklearen Materials aus anderen Ländern diene medizinischen Zwecken, als "Unsinn". "Wie viele Krankenhäuser in Burma haben Abteilungen für Nuklearmedizin? Burma ist kaum in der Lage, die Stromversorgung zu gewährleisten", zitiert die "Bangkok Post" den Mann.

Im Nachbarstaat Thailand wurden der Bericht der Zeitung und die Angaben der Wissenschaftler mit Sorge aufgenommen. Man werde die Aussagen sorgfältig überprüfen, heißt es im Außenministerium in Bangkok. Eine Sprecherin betonte jedoch, man könne sich nicht vorstellen, dass Burma die Vereinbarung, Südostasien frei von Atomwaffen zu halten, verletzen werde. Brunei, Burma, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, die Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam hatten den Vertrag 1997 unterzeichnet. In thailändischen Geheimdienstkreisen hieß es am Dienstag, es gebe bislang keine Beweise für ein burmesisches Atomprogramm.

Generäle baten Russland um Waffenlieferung

Mutmaßungen über das Interesse der Militärregierung in Burma, das die Junta Myanmar nennt, kursieren schon seit Jahren: So kritisierte das US-Außenministerium im Frühjahr 2004 atomare Hilfe aus Moskau - die zwar nach offiziellen Angaben für rein zivile Zwecke vorgesehen war, doch Washington erklärte, "Terroristen" könnten in den Besitz von nuklearem Material gelangen. Die eigentliche Sorge aber war, dass die Generäle von Burma das Material in Wahrheit für militärische Zwecke nutzen könnten.

Der Argwohn der Weltgemeinschaft nahm zu, als Burma vor zwei Jahren mit Russland eine Kooperation zum Bau eines kleinen Atomreaktors vereinbarte. Damals war bekannt geworden, dass die russische Energiebehörde Rosatom Burma beim Bau eines Forschungsreaktors unterstützen werde. Die Generäle in der neuen Hauptstadt Naypyidaw und Moskau schlossen einen Vertrag über die Errichtung der Anlage.

Die burmesische Exil-Zeitung "Mizzima" berichtete kürzlich von einem streng geheimen Dokument, wonach die Nummer zwei und die Nummer drei in Burma, die Generäle Maung Aye und Thura Shwe, in Russland für Rüstungskooperationen geworben hätten. So sollten burmesische Studenten in Russland Atom- sowie Luft- und Raumfahrttechnik studieren dürfen. Außerdem baten sie um die Lieferung russischer Kampfjets, Kriegsschiffe und Raketen.

Sorge vor Destabilisierung der Region

Im Juni dieses Jahres dann sorgte der nordkoreanische Frachter "Kang Nam 1" mit unbekannter Ladung für Aufregung. Das Schiff, auf dem Experten als Ladung Waffen vermuteten - Kriegsgerät, das das Land wegen der Unterdrückung von Kritikern und Minderheiten aus dem Westen kaum bekommt -, war auf dem Weg nach Burma. Erst als der internationale Druck auf Nordkorea wuchs und der US-Zerstörer "USS John McCain" das Schiff verfolgte, drehte der Frachter ab. Seit den Atomtests Pjöngjangs müssen sich nordkoreanische Schiffe gemäß Uno-Resolution 1874 kontrollieren lassen.

Außerdem halfen nordkoreanische Ingenieure den burmesischen Generälen dabei, ein weit verzweigtes Tunnelsystem in Naypyidaw sowie in einer weiteren Stadt anzulegen. In diesen Kommandozentralen sollen sich die Militärs im Krisenfall verstecken können. Burmesische Generäle hatten zuvor ähnliche Tunnelsysteme in Nordkorea besichtigt.

Ende Juli erklärte US-Außenministerin Hillary Clinton auf einem asiatischen Sicherheitsforum in Thailand, sie befürchte eine militärische Zusammenarbeit von Nordkorea und Burma. Ein möglicher Verkauf von Kerntechnik, sagte sie in Phuket, würde für eine Destabilisierung in ganz Südostasien sorgen.

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