Für rund 120 Insassen des Shimo la Tewa ist das Wetter ziemlich egal. Als vermeintliche somalische Piraten warten sie auf ihren Prozess. "Sie sind isoliert und haben keinen Kontakt zu den anderen Gefangenen oder der Außenwelt", erzählt Hussein Khaled von der islamischen Menschenrechtsorganisation Muhuri. "In Kenia werden eigentlich nur Häftlinge unter Terrorverdacht isoliert."
Seit eine Frau das Gefängnis leitet, werden die Gefangenen besser behandelt. Muhuri hat ein kleines Büro bekommen, um die Häftlinge in Shimo la Tewa betreuen zu können. "Aber es ist uns noch nicht gelungen, mit den somalischen Insassen zu sprechen", klagt Hussein Khaled. "Die befinden sich in einem abgeschlossenen Teil des Gefängnisses, von somalisch sprechenden Aufsehern bewacht."
Somalias Piraten
Zunahme: Derzeit halten Piraten in Somalia 12 Schiffe und 168 Seeleute fest. Trotz der internationalen Marinepatrouillen vor Somalia nimmt die Zahl der Piratenangriffe stetig zu: 25 in der ersten Hälfte 2008, 109 in der zweiten Hälfte 2008, 148 in der ersten Hälfte 2009. Nach Ende des Monsuns im September erwarten Experten einen weiteren Anstieg.
Konzept: Die internationale Schifffahrtsindustrie fordert deshalb ein neues Einsatzkonzept von EU und Nato. "Das Einzige, was effektiv sein wird, ist die Anwesenheit von Militär auf den Schiffen", sagt Spyros Polemis, Vorsitzender der Internationalen Schifffahrtskammer. Das Verteidigungsministerium lehnte dies ab.
Lösegeld: Mit zwei Millionen Euro wurde am Montag die am 4. April entführte deutsche "Hansa Stavanger" ausgelöst. Das Schiff wird nun von der Bundesmarine nach Mombasa eskortiert, wo es morgen ankommen soll. D.J.
Der Anwalt hat sein Büro im stickigen Erdgeschoss eines Gebäudes in der Altstadt von Mombasa, nicht weit vom Meeresufer. Schon im 14. Jahrhundert war die Hafenstadt ein Zentrum für Händler aus Persien, der arabischen Welt, Indien und China. Im Rhythmus der Monsunwinde, die in einer Jahreszeit Segelschiffe von der arabischen Halbinsel und dem indischen Subkontinent Richtung Ostafrika treiben und in der anderen wieder zurück, brachten die Händler Elfenbein und Sklaven aus Afrika nach Asien.
Mombasa in Kenia, die Insel Sansibar im heutigen Tansania, aber auch somalische Hafenstädte sowie das arabische Küstenreich Oman waren an diesem Handel beteiligt, der die beiden Kontinente miteinander verband, lange bevor Europa eine Rolle spielte. Heute ist diese Route weiterhin wichtig für den Welthandel zwischen Afrika und Asien und auch für die Öltanker, die durch den Golf von Aden ins Rote Meer Richtung Mittelmeer fahren. Mehr als 20.000 Schiffe im Jahr gibt es - reiche Beute für Piraten.
Die europäischen Länder, die jetzt die Gewässer vor Somalia patrouillieren und gefangene somalische Piraten in Kenia absetzen, greifen der kenianischen Justiz und dem Gefängniswesen finanziell unter die Arme, um die Kosten der Piratenprozesse zu decken. Aber Anwalt Kadima glaubt, dass trotz dieser finanziellen Unterstützung die kenianische Justiz die Prozesse nicht bewältigen wird.
"In Kenias Justiz insgesamt gibt es einen Rückstau von mehr als 860.000 Gerichtsverfahren, die auf ihre Eröffnung warten", erklärt er. "Wir haben einen großen Mangel an Richtern. Kenianer haben kein Vertrauen in das Justizsystem, und die Gefängnisse sind übervoll." Prozesse in Kenia können sich jahrelang hinziehen. Vor Kurzem erst wurden zehn Somalier verurteilt, die schon im Jahr 2000, als Piraterie noch selten war, ein Schiff gekapert hatten.
Von einer unabhängigen Untersuchung der Vorwürfe gegen abgelieferte Piraten durch Kenias Justiz könne keine Rede sein, sagt Anwalt Kadima, denn das Beweismaterial liefern die europäischen Marinebesatzungen, die die Häftlinge abliefern, gleich mit. "Das Niveau des Rechtsweges in den Ländern, die hier Piraten abliefern, ist viel besser als bei uns. Aber auf einmal finden diese Länder, dass für somalische Piraten Kenias Justizsystem ausreicht."
Dem Anwalt gelang es erst nach Monaten, einen Richter davon zu überzeugen, den Somaliern den Kontakt zu ihren Familien zu erlauben. Diese hatten bis zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung von dem Verbleib ihrer Angehörigen. Wer die Anwälte bezahlt, ist auch noch unklar. Die Länder, deren Marinen die Somalier auf hoher See verhafteten, kommen dafür nicht auf.
Hassan Greeve, ein ehemaliger Polizist, der jetzt für eine Gefangenenhilfsorganisation arbeitet, sieht das alles sehr abgeklärt. "Der Westen hat keine Lust, sich mit den Problemen Somalias zu beschäftigen, und ist froh, gegen etwas Geld die Prozesse auf Kenia abschieben zu können", meint er. Er findet, dass die Rechte der inhaftierten Somalis verletzt werden. "Es fängt schon damit an, dass die Länder, die sie hier abliefern, sie als Piraten abstempeln. Mit diesem Wort sind die Menschen schon vorverurteilt." Gerechtigkeit, glaubt er, würde nur ein internationales Tribunal bringen.
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