Montag, 10. November 2008

Ruandische Spitzenbeamtin festgenommen

Verwicklung in Habyarimana-Attentat von 1994

Die Bundespolizei hat am Sonntag am Frankfurter Flughafen die Protokollchefin des ruandischen Präsidenten Paul Kagame festgenommen. Wie das Auswärtige Amt mitteilte, wurde damit ein von Frankreich ausgehender Europäischer Haftbefehl vollstreckt. Kabuye war als Führerin der Patriotischen Front Ruandas im November 2006 vom französischen Ermittlungsrichter Jean-Louis Bruguière wegen Verwicklung in die Ermordung des Präsidenten Juvénal Habyarimana zur Fahndung ausgeschrieben worden. Bruguière stellte damals insgesamt neun Haftbefehle gegen Mitarbeiter des aktuellen Staatschefs Paul Kagame aus. Außerdem empfahl Bruguière eine Strafverfolgung Kagames durch das UN-Tribunal für den Völkermord von Ruanda wegen "mutmaßlicher Beteiligung" an dem Attentat. Habyarimana war am 6. April 1994 auf dem Heimflug nach Ruanda mit seinem Flugzeug abgeschossen worden.
Ruanda fordert "diplomatische Immunität"

Aus Protest gegen die Festnahme der Protokollchefin hat die ruandische Regierung den deutschen Botschafter einbestellt. Rose Kabuye sei "in offizieller Mission" unterwegs gewesen und hätte deshalb "diplomatische Immunität" genießen müssen, sagte die ruandische Regierungssprecherin Louise Mushikiwabo der Nachrichtenagentur AFP.

Nach Informationen aus Diplomatenkreisen wurde Ruanda von der Bundesregierung Anfang November mehrfach unterrichtet, dass man im Fall einer Einreise Kabuyes verpflichtet sei, den Haftbefehl zu vollstrecken.

Haftbefehl belastet französisch-ruandische Beziehung
Ruanda hatte bereits nach der Ausstellung der französischen Haftbefehle die diplomatischen Beziehungen zu Paris abgebrochen. In einem ruandischen Untersuchungsbericht wurde Frankreich im Sommer 2008 der aktiven Mithilfe am Völkermord von 1994 in Ruanda bezichtigt. Dabei wurden namentlich Präsident François Mitterrand, sein Kabinettsdirektor Dominique de Villepin und Außenminister Alain Juppé genannt. Ruanda kündigte Schritte gegen die französischen Politiker an. "Wenn es Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit mit Frankreich gibt, können wir uns auch an das internationale Ruanda-Tribunal wenden. Uns geht es nicht um Rache, sondern darum, dass die Wahrheit über den Völkermord bekannt wird und Gerechtigkeit geschaffen wird", sagte Außenminister Tharcisse Karugarama damals. In Paris wurde das als Retourkutsche und als politisches Druckmittel gewertet, um die französischen Haftbefehle vom Tisch zu bekommen.

Ruanda wirft Frankreich vor, die Hutu-Milizen ausgebildet zu haben, die 1994 innerhalb von drei Monaten etwa 800.000 Tutsis und gemäßigte Hutus ermordet hatten. Französische Soldaten hätten den Milizen "verschiedene Arten des Tötens" beigebracht, heißt es in dem Bericht. Sie hätten an Straßenkontrollen Tutsis aussortiert.

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