Nach Überfall auf Radlerin
Von A. Krug
Ungewöhnlicher Vorgang am Amtsgericht: Die Vorsitzende geht nach einem brutalen Überfall auf eine Radfahrerin weit über den Antrag der Anklage hinaus.
Dass einem Gericht ein Strafantrag der Staatsanwaltschaft zu milde ist, kommt selten vor. Dass die Richterin dann auch noch die Vorstellung des Anklägers gleich um 13 Monate überbietet, ist mehr als ungewöhnlich. Genau diese Konstellation ergab sich am Donnerstag im Amtsgericht. Es ging um die strafrechtliche Ahndung einer brutalen Attacke auf eine Radfahrerin, die am helllichten Tag in Haar überfallen worden war.
Am 10. Juli dieses Jahres fuhr die 43-jährige Angestellte mit ihrem Rad gegen 16 Uhr auf dem Veilchenweg von Haar nach Baldham an der Bahnlinie entlang. Als ihr Oliver G., 30, entgegenkam, wich sie ihm aus. In diesem Moment riss er ihr den Fahrradkorb herunter. "Was soll das", rief die junge Frau.
Statt einer Antwort schlug ihr Oliver G. ins Gesicht und zerrte sie an den Haaren in ein Gebüsch. Dort drückte er sein Opfer zu Boden und würgte es massiv. Als es der sich verzweifelt wehrenden Frau gelang, auf die Knie zu kommen, ließ Oliver G. von ihr ab und flüchtete - nicht ohne die Handtasche der Frau mitzunehmen.
Für das Opfer ein Albtraum, für die Juristen ein kniffliger Fall. Denn eine versuchte Vergewaltigung war nicht nachweisbar, auch für einen Raub fehlte es an der formalen Voraussetzung. Die Staatsanwaltschaft entschied sich für eine Anklage am Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung und Diebstahls, was die Verteidigerin Catharina Dolleschel freute, denn in anderen Fällen landeten solche brutalen Würgeattacken schon mal vor dem Schwurgericht. Aber nicht umsonst lautet ein beliebter und vielzitierter Spruch: "Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand."
Oliver G. jedenfalls begab sich in die Obhut von Anwältin Dolleschel und die räumte vor dem Amtsgericht in seinem Namen alle Vorwürfe pauschal ein. Die Motive des Bauarbeiters, der in Rumänien wegen Diebstahls schon einige Jahre in Haft saß, blieben so im Dunkeln. Der Staatsanwalt beantragte 15 Monate Haft Gesamtstrafe, was Amtsrichterin Susanne Hemmerich mit einem Stirnrunzel quittierte. "Es ist durchaus möglich, dass das Gericht zu einer höheren Strafe kommt", kündigte sie an, bevor sie sich mit ihren beiden Schöffen zur Beratung zurückzog.
Die Ankündigung blieb nicht ohne Folgen: Zwei Jahre und vier Monate Haft lautete das "einstimmige" Urteil.
"Da wird eine Frau von einem völlig unbekannten Mann vom Rad gerissen, ins Gebüsch geschleppt und gewürgt, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen", meinte die Richterin.
Man müsse sich einmal in das Opfer hineinversetzen, und so seien auch die zwei Jahre und vier Monate nur vertretbar, weil der Angeklagte durch sein pauschales Geständnis der Frau eine quälende und belastende Aussage vor Gericht erspart habe. Alles andere als eine "deutliche Strafe" sei unangemessen, befand die Richterin. Ob Oliver G. Berufung einlegen wird, ist noch offen.
Von A. Krug
Ungewöhnlicher Vorgang am Amtsgericht: Die Vorsitzende geht nach einem brutalen Überfall auf eine Radfahrerin weit über den Antrag der Anklage hinaus.
Dass einem Gericht ein Strafantrag der Staatsanwaltschaft zu milde ist, kommt selten vor. Dass die Richterin dann auch noch die Vorstellung des Anklägers gleich um 13 Monate überbietet, ist mehr als ungewöhnlich. Genau diese Konstellation ergab sich am Donnerstag im Amtsgericht. Es ging um die strafrechtliche Ahndung einer brutalen Attacke auf eine Radfahrerin, die am helllichten Tag in Haar überfallen worden war.
Am 10. Juli dieses Jahres fuhr die 43-jährige Angestellte mit ihrem Rad gegen 16 Uhr auf dem Veilchenweg von Haar nach Baldham an der Bahnlinie entlang. Als ihr Oliver G., 30, entgegenkam, wich sie ihm aus. In diesem Moment riss er ihr den Fahrradkorb herunter. "Was soll das", rief die junge Frau.
Statt einer Antwort schlug ihr Oliver G. ins Gesicht und zerrte sie an den Haaren in ein Gebüsch. Dort drückte er sein Opfer zu Boden und würgte es massiv. Als es der sich verzweifelt wehrenden Frau gelang, auf die Knie zu kommen, ließ Oliver G. von ihr ab und flüchtete - nicht ohne die Handtasche der Frau mitzunehmen.
Für das Opfer ein Albtraum, für die Juristen ein kniffliger Fall. Denn eine versuchte Vergewaltigung war nicht nachweisbar, auch für einen Raub fehlte es an der formalen Voraussetzung. Die Staatsanwaltschaft entschied sich für eine Anklage am Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung und Diebstahls, was die Verteidigerin Catharina Dolleschel freute, denn in anderen Fällen landeten solche brutalen Würgeattacken schon mal vor dem Schwurgericht. Aber nicht umsonst lautet ein beliebter und vielzitierter Spruch: "Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand."
Oliver G. jedenfalls begab sich in die Obhut von Anwältin Dolleschel und die räumte vor dem Amtsgericht in seinem Namen alle Vorwürfe pauschal ein. Die Motive des Bauarbeiters, der in Rumänien wegen Diebstahls schon einige Jahre in Haft saß, blieben so im Dunkeln. Der Staatsanwalt beantragte 15 Monate Haft Gesamtstrafe, was Amtsrichterin Susanne Hemmerich mit einem Stirnrunzel quittierte. "Es ist durchaus möglich, dass das Gericht zu einer höheren Strafe kommt", kündigte sie an, bevor sie sich mit ihren beiden Schöffen zur Beratung zurückzog.
Die Ankündigung blieb nicht ohne Folgen: Zwei Jahre und vier Monate Haft lautete das "einstimmige" Urteil.
"Da wird eine Frau von einem völlig unbekannten Mann vom Rad gerissen, ins Gebüsch geschleppt und gewürgt, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen", meinte die Richterin.
Man müsse sich einmal in das Opfer hineinversetzen, und so seien auch die zwei Jahre und vier Monate nur vertretbar, weil der Angeklagte durch sein pauschales Geständnis der Frau eine quälende und belastende Aussage vor Gericht erspart habe. Alles andere als eine "deutliche Strafe" sei unangemessen, befand die Richterin. Ob Oliver G. Berufung einlegen wird, ist noch offen.
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