Im spanischen Justizwesen ging am Dienstag praktisch nichts. Zahllose Prozesse fielen aus, weil ein Streik der Justizbeamten die Gerichte lahm gelegt hat. Auch Richter, die nicht streiken dürfen, schlossen sich der Kampfansage an die sozialistische Regierung an und hielten zumeist Richterversammlungen ab. Umso konservativer die Region, desto stärker war die Streikbeteiligung. Die Reaktion der Regierung fiel entsprechend aus. Der Justizminister Mariano Fernández Bermejo sprach von einem "verdeckten Streik" der Richter und machte deutlich, dass niemand "unangreifbar" sei, womit er weiter Öl ins Feuer goss.
Derlei Protest ist erstaunlich, da sich sonst in Spanien niemand dagegen auflehnt, dass es die Gewaltenteilung im Fall der Basken nicht gibt.
Derlei Protest ist erstaunlich, da sich sonst in Spanien niemand dagegen auflehnt, dass es die Gewaltenteilung im Fall der Basken nicht gibt.
Vordergründig wurde gegen die Bestrafung eines Richters und einer Beamtin im Rahmen eines Justizskandals gestreikt, welcher der fünfjährigen Mari Luz das Leben kostete. Sie wurde im Januar im südspanischen Huelva entführt, als sie kurz zu einem Laden mit Süßigkeiten ging. Nach fast zweimonatiger Suche wurde ihre Leiche am Hafen der Stadt gefunden. Wenig später nahm die Polizei einen vorbestrafter Kinderschänder fest, der die Polizei an den Ort führte, wo er das Mädchen ins Wasser geworfen habe.
Der 43jährige Santiago del Valle ist ein Päderast, der im Knast sitzen sollte, weil er 2006 zu fast drei Jahren Haft verurteilt worden war, weil er sich an seiner fünfjährigen Tochter vergangen hatte. Das Urteil war rechtskräftig, doch Richter Rafael Tirado versäumte es, den Vollzug der Haftstrafe anzuordnen. Er redet sich nun mit fehlenden Mitteln und dem Chaos im Justizwesen heraus. Dabei hatte er jahrelang keine Hilfe angefordert und machte auch seine Sekretärin für den Irrtum verantwortlich. Als der Fall noch heiß diskutiert wurde, sprach sich auch der zuständige Kontrollrat für Justizgewalt (CGPJ) für eine "strenge Bestrafung" des Richters aus. Die Staatsanwaltschaft forderte, Tirado drei Jahre vom Dienst zu suspendieren. Als sich die Wogen wieder etwas geglättet hatten, verurteilte der Kontrollrat, der von der konservativen Volkspartei (PP) kontrolliert wird, den Richter zu einer Geldstrafe von 1500 Euro, während die Sekretärin vom Justizministerium für zwei Jahre vom Dienst suspendiert wurde.
Die Eltern von Mari Luz traf die lächerliche Geldstrafe wie ein Tiefschlag. Der Vater, der trotz seines Schmerzes stets besonnen argumentiert, erklärte: "Wir klammerten uns ans letzte was uns blieb, die Justiz, doch die Justiz hat uns betrogen." Juan José Cortés fordert, den Richter gänzlich vom Dienst zu suspendieren. Die Familie hat dafür die Unterstützung von fast 2,4 Millionen Menschen erhalten, die mit ihrer Unterschrift auch höhere Strafen für Kinderschänder und eine bessere Umsetzung bestehender Gesetze fordern.
In dem Streik kamen verschiedene Interessen zusammen. Einige Beamten streikten, weil der Richter die Verantwortung nach unten abgewälzt hat. Andere befürchten, bald ebenfalls für gravierende Fehler verantwortlich gemacht zu werden. Andere fordern Hilfen für die chronisch überlastete Justiz, denn die Regierung macht schnell neue Gesetze, doch stellt keine Mittel für die Umsetzung bereit. Die zumeist konservative Richterschaft wirft dagegen der Regierung Einmischung vor, weil sogar Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero die Suspendierung von Tirado gefordert hat.
Es ist schon erstaunlich, dass sich die konservativen Richter hier über die Einmischung der Regierung beschweren, dabei ist die Politisierung im System angelegt, wie sich bei der Ernennung der Justizkontrolleure gerade wieder gezeigt hat . Im Fall der Basken geben die Regierungen, ob PSOE oder PP, stets vor, wie geurteilt werden muss. Sei es die verbotene Volksbefragung der baskischen Regionalregierung, die am Samstag durchgeführt werden sollte . Die Linie hatte die Regierung vorgegeben und die Richter haben im Eiltempo auf allen Ebenen bis zum Verfassungsgericht gehorcht. Das gilt ebenfalls für die die neuen Parteiverbote von EHAK und EAE-ANV. Deutlicher als der Justizminister kann man es nicht sagen, wonach man Anklagen konstruieren" werde, damit bestimmte Leute nicht aus dem Knast kommen .
Richter, die sich den Anweisungen widersetzen, werden abserviert. Bestes Beispiel ist die Vierte Kammer am Nationalen Gerichtshof. Diese drei Richter wollten die Foltergeständnisse nicht anerkennen und stellten im Zusammenhang verschiedener baskischer Organisationen fest, dass sie "keinen illegalen Handlungen" nachgehen, "öffentlich arbeiten und rechtmäßig gegründet wurden". Das "spanische Justizsystem zu kritisieren oder international für das Recht auf Selbstbestimmung zu werben oder auch innerhalb und außerhalb Spaniens die »Demokratische Alternative für das Baskenland« zu verbreiten sind keine strafbaren Handlungen“, heißt es in einer Entscheidung, mit der die Richter die These von Garzón zerpflückten, alle Organisationen der linken Unabhängigkeitsbewegung gehörten zur ETA. Die bloße Bekanntschaft, professionelle Treffen (zum Beispiel mit Journalisten) der Besuch eines Geflohenen und ihn mit Essen zu versorgen, seinen eben keine Unterstützungshandlungen. Garzóns Anklagen im Dienst der Regierung krankten "an einem Fehlen von Konkretisierung, nicht einmal das vermeintliche Ziel der Anklage ist benannt“ und „es gibt nicht einmal Indizien...“ für seine Behauptungen urteilen die Richter. Trotzdem verbot Garzón die Organisationen "vorläufig".
Da die Vierte Kammer trotz scharfer Kritik der Regierung die Anklagen Garzóns zerpflückte, wurden die Richter letztlich abserviert und damit die Vorbereitungen getroffen, dass die Angeschuldigten im Hauptverfahren verurteilt werden konnten . In einem mit Merkwürdigkeiten gespickten Verfahren, näheres kann man im Buch Tondar nachlesen, wurden sie vom Dienst suspendiert. Angeblich hätte ihr Verhalten zur Flucht eines Drogenbosses geführt. Zwar konnte ihnen später nichts nachgewiesen werden, aber die Richter waren weg. Dass dies nur ein Vorwand war wird spätestens klar, als der Ermittlungsrichter del Olmo, welcher die Zeitung Egunkaria schließen ließ, nicht diszipliniert wird. Er schaffte es in vier Jahren nicht Anklage gegen vier Drogenbosse zu erheben, die dann frei gelassen wurden sich abgesetzt haben.
Der 43jährige Santiago del Valle ist ein Päderast, der im Knast sitzen sollte, weil er 2006 zu fast drei Jahren Haft verurteilt worden war, weil er sich an seiner fünfjährigen Tochter vergangen hatte. Das Urteil war rechtskräftig, doch Richter Rafael Tirado versäumte es, den Vollzug der Haftstrafe anzuordnen. Er redet sich nun mit fehlenden Mitteln und dem Chaos im Justizwesen heraus. Dabei hatte er jahrelang keine Hilfe angefordert und machte auch seine Sekretärin für den Irrtum verantwortlich. Als der Fall noch heiß diskutiert wurde, sprach sich auch der zuständige Kontrollrat für Justizgewalt (CGPJ) für eine "strenge Bestrafung" des Richters aus. Die Staatsanwaltschaft forderte, Tirado drei Jahre vom Dienst zu suspendieren. Als sich die Wogen wieder etwas geglättet hatten, verurteilte der Kontrollrat, der von der konservativen Volkspartei (PP) kontrolliert wird, den Richter zu einer Geldstrafe von 1500 Euro, während die Sekretärin vom Justizministerium für zwei Jahre vom Dienst suspendiert wurde.
Die Eltern von Mari Luz traf die lächerliche Geldstrafe wie ein Tiefschlag. Der Vater, der trotz seines Schmerzes stets besonnen argumentiert, erklärte: "Wir klammerten uns ans letzte was uns blieb, die Justiz, doch die Justiz hat uns betrogen." Juan José Cortés fordert, den Richter gänzlich vom Dienst zu suspendieren. Die Familie hat dafür die Unterstützung von fast 2,4 Millionen Menschen erhalten, die mit ihrer Unterschrift auch höhere Strafen für Kinderschänder und eine bessere Umsetzung bestehender Gesetze fordern.
In dem Streik kamen verschiedene Interessen zusammen. Einige Beamten streikten, weil der Richter die Verantwortung nach unten abgewälzt hat. Andere befürchten, bald ebenfalls für gravierende Fehler verantwortlich gemacht zu werden. Andere fordern Hilfen für die chronisch überlastete Justiz, denn die Regierung macht schnell neue Gesetze, doch stellt keine Mittel für die Umsetzung bereit. Die zumeist konservative Richterschaft wirft dagegen der Regierung Einmischung vor, weil sogar Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero die Suspendierung von Tirado gefordert hat.
Es ist schon erstaunlich, dass sich die konservativen Richter hier über die Einmischung der Regierung beschweren, dabei ist die Politisierung im System angelegt, wie sich bei der Ernennung der Justizkontrolleure gerade wieder gezeigt hat . Im Fall der Basken geben die Regierungen, ob PSOE oder PP, stets vor, wie geurteilt werden muss. Sei es die verbotene Volksbefragung der baskischen Regionalregierung, die am Samstag durchgeführt werden sollte . Die Linie hatte die Regierung vorgegeben und die Richter haben im Eiltempo auf allen Ebenen bis zum Verfassungsgericht gehorcht. Das gilt ebenfalls für die die neuen Parteiverbote von EHAK und EAE-ANV. Deutlicher als der Justizminister kann man es nicht sagen, wonach man Anklagen konstruieren" werde, damit bestimmte Leute nicht aus dem Knast kommen .
Richter, die sich den Anweisungen widersetzen, werden abserviert. Bestes Beispiel ist die Vierte Kammer am Nationalen Gerichtshof. Diese drei Richter wollten die Foltergeständnisse nicht anerkennen und stellten im Zusammenhang verschiedener baskischer Organisationen fest, dass sie "keinen illegalen Handlungen" nachgehen, "öffentlich arbeiten und rechtmäßig gegründet wurden". Das "spanische Justizsystem zu kritisieren oder international für das Recht auf Selbstbestimmung zu werben oder auch innerhalb und außerhalb Spaniens die »Demokratische Alternative für das Baskenland« zu verbreiten sind keine strafbaren Handlungen“, heißt es in einer Entscheidung, mit der die Richter die These von Garzón zerpflückten, alle Organisationen der linken Unabhängigkeitsbewegung gehörten zur ETA. Die bloße Bekanntschaft, professionelle Treffen (zum Beispiel mit Journalisten) der Besuch eines Geflohenen und ihn mit Essen zu versorgen, seinen eben keine Unterstützungshandlungen. Garzóns Anklagen im Dienst der Regierung krankten "an einem Fehlen von Konkretisierung, nicht einmal das vermeintliche Ziel der Anklage ist benannt“ und „es gibt nicht einmal Indizien...“ für seine Behauptungen urteilen die Richter. Trotzdem verbot Garzón die Organisationen "vorläufig".
Da die Vierte Kammer trotz scharfer Kritik der Regierung die Anklagen Garzóns zerpflückte, wurden die Richter letztlich abserviert und damit die Vorbereitungen getroffen, dass die Angeschuldigten im Hauptverfahren verurteilt werden konnten . In einem mit Merkwürdigkeiten gespickten Verfahren, näheres kann man im Buch Tondar nachlesen, wurden sie vom Dienst suspendiert. Angeblich hätte ihr Verhalten zur Flucht eines Drogenbosses geführt. Zwar konnte ihnen später nichts nachgewiesen werden, aber die Richter waren weg. Dass dies nur ein Vorwand war wird spätestens klar, als der Ermittlungsrichter del Olmo, welcher die Zeitung Egunkaria schließen ließ, nicht diszipliniert wird. Er schaffte es in vier Jahren nicht Anklage gegen vier Drogenbosse zu erheben, die dann frei gelassen wurden sich abgesetzt haben.
© Ralf Streck, Donostia
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