Primat des Geldes
Es ist viel von Gier und Maßlosigkeit die Rede in diesen Tagen der globalen Finanzkrise. Alle Beteiligten zeigen sich zerknirscht und geloben Besserung. Bis zum nächsten Crash. Aber was passiert eigentlich mit dem Geld, das wir zur Bank bringen und das für uns «arbeiten» soll? Der österreichische Dokumentarist Erwin Wagenhofer, der vor drei Jahren mit «We Feed the World» den Irrsinn unserer Nahrungsmittelproduktion entlarvte und damit über 400 000 Zuschauer allein in Deutschland in die Kinos lockte, verfolgt in seinem neuen, sehenswerten Film die Wege des Geldes über den Globus. Dabei kommt er weitgehend ohne eigenen Kommentar aus und lässt stattdessen seine Bilder und Protagonisten sprechen.
Zum Beispiel den Investmentbanker Mark Mobius, Präsident von Templeton Emerging Markets, der in Singapur einen Fonds von geschätzt 50 Milliarden Dollar verwaltet. Der kahlköpfige Stratege lehnt jede Verantwortung für die Folgen seiner Investitionen ab. Es gehe einzig darum, das Geld der Kunden zu vermehren. Mobius spricht nicht mehr von Dritter Welt oder unterentwickelten Ländern, sondern von «Emerging Markets» (Wachstumsmärkten) und freut sich diebisch über diese zynische Beschönigung, die die triste Realität so elegant verschleiert.
Zum Beispiel in der indischen Millionenstadt Stadt Chennai, dem früheren Madras, wo ein Drittel der Bevölkerung in Slums lebt und die Flüsse längst zu stinkenden Kloaken verkommen sind. An den Ufern dieser Abwasserkanäle stehen riesige Werbeplakate mit den Versprechungen der global agierenden Banken, ein grotesker Kontrast. Eine indische Wirtschaftswissenschaftlerin legt den Zusammenhang von Privatisierungspolitik und der Verarmung großer Teile der Bevölkerung in dem Schwellenland offen. Ein 12-jähriger Junge erklärt, dass er später Rechtsanwalt werden will, um gegen die Korruption zu kämpfen.
Das Elend fällt nicht vom Himmel. Auch nicht in Burkina Faso, dem viertärmsten Land der Welt. Durch die Monokultur sind die Böden weitgehend zerstört, aber die eigentlich hochwertige, von Hand gepflückte Baumwolle bringt dem Land auf dem Weltmarkt kaum noch Einnahmen, weil gleichzeitig die USA ihre eigenen Baumwollproduzenten mit drei Milliarden Dollar jährlich subventionieren. «Sie selbst machen Protektionismus und verlangen von uns Liberalismus», bilanziert der Agronom Yves Delsile bitter. Es reicht einfach nicht: Die Lebenserwartung in Burkina Faso beträgt 42 Jahre. Über den Köpfen der im Steinbruch schuftenden Frauen kreisen die Geier. «Let's Make Money» ist viel mehr als der Film zur aktuellen Krise, er zeigt eine Katastrophe in Permanenz.
Wagenhofer beleuchtet die fortwährende Ausbeutung der Dritten Welt, aber er richtet den Fokus auch auf Europa. Durch die neoliberale Politik der Privatisierung verschwinden immer mehr Werte, die früher der Allgemeinheit gehörten. Der Verkauf der Wiener Straßenbahn an amerikanische Investoren in Form eines «Cross-Border- Leasings» ist nur ein kurioses Beispiel für eine Finanzspekulation, von der die Bewohner Wiens lediglich die Risiken und Kosten tragen müssen. Die Durchschnittseinkommen in Europa stagnieren, während in einer Steueroase wie Jersey geschätzte 500 Milliarden Dollar Privatvermögen lagern.
Am Ende zieht Hermann Scheer, Bundestagsabgeordneter und Träger des Alternativen Nobelpreises, eine pessimistische Bilanz: Wenn wir den Primat des Geldes nicht brechen, beginnt bald ein neues Zeitalter der Barbarei. In diesem Film kann man die Menetekel schon besichtigen.
Es ist viel von Gier und Maßlosigkeit die Rede in diesen Tagen der globalen Finanzkrise. Alle Beteiligten zeigen sich zerknirscht und geloben Besserung. Bis zum nächsten Crash. Aber was passiert eigentlich mit dem Geld, das wir zur Bank bringen und das für uns «arbeiten» soll? Der österreichische Dokumentarist Erwin Wagenhofer, der vor drei Jahren mit «We Feed the World» den Irrsinn unserer Nahrungsmittelproduktion entlarvte und damit über 400 000 Zuschauer allein in Deutschland in die Kinos lockte, verfolgt in seinem neuen, sehenswerten Film die Wege des Geldes über den Globus. Dabei kommt er weitgehend ohne eigenen Kommentar aus und lässt stattdessen seine Bilder und Protagonisten sprechen.
Zum Beispiel den Investmentbanker Mark Mobius, Präsident von Templeton Emerging Markets, der in Singapur einen Fonds von geschätzt 50 Milliarden Dollar verwaltet. Der kahlköpfige Stratege lehnt jede Verantwortung für die Folgen seiner Investitionen ab. Es gehe einzig darum, das Geld der Kunden zu vermehren. Mobius spricht nicht mehr von Dritter Welt oder unterentwickelten Ländern, sondern von «Emerging Markets» (Wachstumsmärkten) und freut sich diebisch über diese zynische Beschönigung, die die triste Realität so elegant verschleiert.
Zum Beispiel in der indischen Millionenstadt Stadt Chennai, dem früheren Madras, wo ein Drittel der Bevölkerung in Slums lebt und die Flüsse längst zu stinkenden Kloaken verkommen sind. An den Ufern dieser Abwasserkanäle stehen riesige Werbeplakate mit den Versprechungen der global agierenden Banken, ein grotesker Kontrast. Eine indische Wirtschaftswissenschaftlerin legt den Zusammenhang von Privatisierungspolitik und der Verarmung großer Teile der Bevölkerung in dem Schwellenland offen. Ein 12-jähriger Junge erklärt, dass er später Rechtsanwalt werden will, um gegen die Korruption zu kämpfen.
Das Elend fällt nicht vom Himmel. Auch nicht in Burkina Faso, dem viertärmsten Land der Welt. Durch die Monokultur sind die Böden weitgehend zerstört, aber die eigentlich hochwertige, von Hand gepflückte Baumwolle bringt dem Land auf dem Weltmarkt kaum noch Einnahmen, weil gleichzeitig die USA ihre eigenen Baumwollproduzenten mit drei Milliarden Dollar jährlich subventionieren. «Sie selbst machen Protektionismus und verlangen von uns Liberalismus», bilanziert der Agronom Yves Delsile bitter. Es reicht einfach nicht: Die Lebenserwartung in Burkina Faso beträgt 42 Jahre. Über den Köpfen der im Steinbruch schuftenden Frauen kreisen die Geier. «Let's Make Money» ist viel mehr als der Film zur aktuellen Krise, er zeigt eine Katastrophe in Permanenz.
Wagenhofer beleuchtet die fortwährende Ausbeutung der Dritten Welt, aber er richtet den Fokus auch auf Europa. Durch die neoliberale Politik der Privatisierung verschwinden immer mehr Werte, die früher der Allgemeinheit gehörten. Der Verkauf der Wiener Straßenbahn an amerikanische Investoren in Form eines «Cross-Border- Leasings» ist nur ein kurioses Beispiel für eine Finanzspekulation, von der die Bewohner Wiens lediglich die Risiken und Kosten tragen müssen. Die Durchschnittseinkommen in Europa stagnieren, während in einer Steueroase wie Jersey geschätzte 500 Milliarden Dollar Privatvermögen lagern.
Am Ende zieht Hermann Scheer, Bundestagsabgeordneter und Träger des Alternativen Nobelpreises, eine pessimistische Bilanz: Wenn wir den Primat des Geldes nicht brechen, beginnt bald ein neues Zeitalter der Barbarei. In diesem Film kann man die Menetekel schon besichtigen.
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