Donnerstag, 14. Mai 2009

Spesen-Affäre kostet mehrere Abgeordnete den Job

Der Skandal um fragwürdige Spesen britischer Unterhaus-Abgeordneter hat personelle Konsequenzen: Der Labour-Mann und Ex-Landwirtschaftsminister Elliot Morley wurde aus seiner Fraktion ausgeschlossen. Der Konservative Andrew MacKay legte sein Amt als Berater von Oppositionschef Cameron nieder.

London - Der britische Spesen-Skandal hat ein Nachspiel: Der Labour-Abgeordnete und frühere Landwirtschaftsminister Elliot Morley wurde am Donnerstag aus seiner Fraktion ausgeschlossen. Morley hatte sich 16.000 Pfund vom Steuerzahler für Zinsen einer Hypothek erstatten lassen, die längst abbezahlt war.

Zudem legte der konservative Abgeordnete Andrew MacKay sein Amt als Berater von Oppositionschef David Cameron wegen unzulässiger Spesen für einen Zweitwohnsitz nieder. MacKay hatte zuvor gegenüber führenden Mitgliedern seiner Konservativen Partei offen gelegt, dass er bis April vergangenen Jahres Ausgaben für eine Hypothek für eine mit seiner Frau geteilte Londoner Wohnung geltend gemacht habe. Gleichzeitig habe seine Frau, die konservative Parlamentsabgeordnete Julie Kirkbride, Gelder für den Unterhalt ihres Hauses in ihrem Wahlkreis erhalten.

Poolreinigung, Tennisplatz-Sanierung, Maulwurfjagd
MacKay habe nach dem Eingeständnis sofort seinen Rücktritt als Berater Camerons erklärt, sagte der Sprecher des Konservativen-Chefs. In einer Untersuchung müsse nun festgestellt werden, wie viel der Abgeordnete zurückzahlen müsse. Der "Daily Telegraph", für den MacKays Frau vor ihrem Eintritt in die Politik als Journalistin arbeitete, berichtet seit Tagen über die Spesenabrechnungen britischer Politiker.

Großbritanniens 646 Abgeordnete erhalten ein Jahresgehalt von fast 73.000 Euro. Zusätzlich rechnete jeder von ihnen 2008 Spesen im Umfang von durchschnittlich gut 160.000 Euro ein. Nach Enthüllungen der Zeitung musste der Steuerzahler etwa für die Reinigung eines privaten Swimmingpools, die Ausbesserung eines Tennisplatzes, Luxusrenovierungen aber auch für kleinere Posten wie die Bestellung von Mäusegift oder die Entfernung von Maulwurflöchern geradestehen.

Morley erklärte gegenüber dem "Daily Telegraph", er habe einen Fehler gemacht, für den er sich entschuldige. Er habe einen Teil des Geldes bereits zurückgezahlt und nicht das Gefühl, sich strafrechtlich schuldig gemacht zu haben. Mehrere andere Abgeordnete hatten am Mittwoch damit begonnen, ihre Spesen für Ausgaben von Tennisplatzpflege bis hin zu Hundefutter zurückzuzahlen. Sie reagierten damit auf eine entsprechende Aufforderung von Parteichef Cameron.

Enthüllungen machen beiden großen Parteien zu schaffen
Der britische Steuerzahlerbund sprach sich für polizeiliche Ermittlungen aus. Es sei an der Zeit, die Polizei einzuschalten, erklärte die Taxpayer's Alliance am Donnerstag. Falls die Polizei nicht ermittle, erwägt der Steuerzahlerbund nach eigenen Angaben, selbst strafrechtlich gegen Morley und andere Abgeordnete wegen mutmaßlicher Gesetzesverstöße vorzugehen.

Premierminister Gordon Brown versprach eine unabhängige Untersuchung aller parlamentarischen Ausgaben der vergangenen vier Jahre. Mehrere Politiker seiner Labour-Partei waren in jüngster Zeit wegen unzulässiger Spesenabrechnungen in die Kritik geraten. Laut einer Umfrage für die "Times" machen die Enthüllungen beiden großen Parteien zu schaffen. Die Zustimmungswerte gingen demnach gegenüber dem Vormonat um je vier Punkte auf 39 Prozent für die Tories und auf 26 Prozent für die Labour-Party zurück.

Aus Parlamentswahlen, die bis spätestens Mitte kommenden Jahres stattfinden müssen, ginge die Konservative Partei demnach als klare Siegerin hervor. Brown hatte das Amt des Regierungschefs im Juni 2007 von seinem Parteifreund Tony Blair übernommen. Dieser ist wegen Abrechnungen von Immobilieninvestitionen ebenfalls Angriffen ausgesetzt.

Schmiergeld-Skandal im Oberhaus
Unterdessen droht erstmals seit dem 17. Jahrhundert Mitgliedern des britischen Oberhauses ein Ausschluss aus dem House of Lords. Zwei Lords sollen sich bereit gezeigt haben, gegen Zahlung hoher Geldsummen für Gesetzesänderungen einzutreten. Zwar hatten beide Lords die Vorwürfe bestritten, eine Untersuchungskommission hatte sie jedoch des ungebührlichen Verhaltens für schuldig befunden und einen Ausschluss bis zum Ende der parlamentarischen Sitzungsperiode empfohlen. Die endgültige Entscheidung fällt in der kommenden Woche.

Den beiden Lords im Oberhaus waren Reporter der "Sunday Times" bereits im Januar auf die Schliche gekommen. Die Journalisten hatten sich als Lobbyisten eines ausländischen Geschäftsmanns ausgegeben, der eine Ladenkette in Großbritannien ansiedeln wollte und mit Hilfe der Lords auf Steuererleichterungen hoffte.

Das Oberhaus in Großbritannien (House of Lords) hat vor allem beratende Funktion für Gesetzentwürfe des Unterhauses (House of Commons). In einigen Bereichen können die nicht gewählten Lords auch ein Veto mit aufschiebender Wirkung einlegen.

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