Dienstag, 7. August 2007

ERMITTLUNGEN GEGEN JOURNALISTEN - DIE HINTERGRÜNDE

BND- Ausschuss

Der Bundestag hat am 7. April 2006 den BND- Untersuchungsausschuss eingesetzt. Am 11. Mai 2006 nahm der Ausschuss seine Arbeit auf.

Vorsitzender ist der CDU- Abgeordnete Siegfried Kauder, Bruder des Unions- Fraktionschefs Volker Kauder. Der Ausschuss soll gleich mehrere Komplexe aus dem Bereich der Geheimdienste untersuchen: die Arbeit von BND- Agenten in Bagdad zur Zeit des Irak- Kriegs, mutmaßliche CIA- Gefangenenflüge über Deutschland, die Verschleppung deutscher Staatsbürger und die Vernehmungspraxis von Gefangenen im Ausland durch deutsche Beamte.

Im Zentrum der Ausschuss- Tätigkeit standen die Entführung des Deutsch- Libanesen Khaled el- Masri durch die CIA sowie das Schicksal des langjährigen Guantanamo- Häftlings und Bremer Türken Murat Kurnaz. Anfang Juli beschloss der Bundestag, dass sich der Ausschuss auch mit dem Fall des von US- Soldaten verschleppten Deutsch- Ägypters Abdul- Halim Khafagy beschäftigen soll. Der Ausschuss befragte eine Reihe prominenter Politiker, darunter den heutigen Außenminister und früheren Kanzleramtschef Frank- Walter Steinmeier (SPD), Ex- Außenminister Joschka Fischer (Grüne), Ex- Innenminister Otto Schily (SPD), den Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes (BND), Ernst Uhrlau, und seinen Amtsvorgänger, den heutigen Innenstaatssekretär August Hanning.

Ermittlungen gegen Journalisten

Für den Deutschen Journalisten- Verband (DJV) ist es ein "umfassender Angriff auf die Pressefreiheit": Erneut wird gegen Journalisten wegen des Verdachts der Beihilfe zum Geheimnisverrat ermittelt. Den Redakteuren wird vorgeworfen, aus vertraulichen und geheimen Akten des BND- Untersuchungsausschusses zitiert zu haben. Dem Vorwurf der Beihilfe zum Geheimnisverrat sahen sich in der Vergangenheit immer wieder Medienvertreter ausgesetzt. Der prominenteste Fall: die Zeitschrift "Cicero".

Im September 2005 wurden die "Cicero"- Redaktion, die damals in Potsdam saß, und das Wohnhaus von Autor Bruno Schirra auf Antrag der Staatsanwaltschaft durchsucht und Computerdaten beschlagnahmt. Anlass war ein Artikel Schirras im April jenen Jahres im "Cicero", in dem er aus einem als "Verschlusssache" gekennzeichneten Papier des Bundeskriminalamtes über den Terroristen Abu Mussab al- Sarkawi zitierte. Die Staatsanwaltschaft sah eine Beihilfe zum Geheimnisverrat gegeben.

Dies war kein Einzelfall. Anfang dieses Jahres war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen drei "Stern"- Redakteure und gegen einen Reporter der "Financial Times Deutschland" ermittelt - ebenfalls wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat. Dabei ging es um Artikel vom September 2006, in denen die Autoren aus vertraulichen Behördenunterlagen über den von der CIA entführten Deutsch- Libanesen Khaled el Masri zitiert hatten.

"Cicero"- Urteil

"Cicero"- Chefredakteur Wolfram Weimer ging wegen des Vorgehens der Staatsanwaltschaft gegen seine Redaktion bis vor das Bundesverfassungsgericht, legte Beschwerden gegen die Durchsuchungsaktion und die Beschlagnahme einer Datenkopie der Festplatte eines "Cicero"- Mitarbeiters ein. Dies sei eine Verletzung der Pressefreiheit.

Das Gericht erklärte Ende Februar die Durchsuchung für verfassungswidrig, stärkte damit die Pressefreiheit und den Informantenschutz. Für eine Durchsuchung reiche die bloße Veröffentlichung eines Dienstgeheimnisses in der Presse nicht aus, befanden die Karlsruher Richter. Ein einfacher Verdacht auf Beihilfe zum Geheimnisverrat genüge nicht.

Die Richter betonten, per se seien Journalisten nicht vom Vorwurf der Beihilfe zum Geheimnisverrat ausgenommen. Allerdings müsse die Staatsanwaltschaft konkrete Hinweise haben, dass eine zur Geheimhaltung verpflichtete Person die Veröffentlichung bezwecke. Solche konkreten Hinweise habe es bei "Cicero" nicht gegeben. Redaktions- Durchsuchungen seien unzulässig, wenn sie ausschließlich oder vorwiegend dem Zweck dienten, den Informanten in der Behörde zu ermitteln, hieß es. Damit bestätigten die Richter ausdrücklich ihr "Spiegel- Urteil" von 1966.

Der Deutsche Journalistenverband und Politiker der Opposition fordern eine Änderung des entsprechenden Paragrafen 353b im Strafgesetzbuch. Die Grünen scheiterten im Mai im Bundestag mit einem Gesetzentwurf zur Ausweitung der Pressefreiheit. Demnach sollte das Strafgesetzbuch so geändert werden, dass Journalisten künftig nicht rechtswidrig handeln, wenn sie in Ausübung ihres Berufes zur Verletzung des Dienstgeheimnisses anstiften oder Beihilfe leisten.

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