Donnerstag, 2. Juli 2009

Millionenstrafe stürzt FDP in Finanzprobleme

Von Andrea Brandt und Andreas Wassermann

Es ist die Quittung für jahrelange Spenden-Manipulationen des verstorbenen FDP-Medienstars Jürgen Möllemann: Bundestagspräsident Lammert (CDU) hat der Partei heute einen Strafbescheid über mehr als vier Millionen Euro zugestellt. Ein gewaltiges Loch in der Parteikasse droht.

Berlin - Gerechnet hatte die FDP-Zentrale seit Monaten mit dem blauen Brief des Bundestages. Nur die Höhe der Strafzahlung wollte Bundesschatzmeister Hermann Otto Solms lange Zeit nicht wahrhaben. Jetzt haben es die FDP-Funktionäre schwarz auf weiß. Die kriminellen Praktiken ihres ehemaligen Landesvorsitzenden von Nordrhein-Westfalen, Jürgen Möllemann, werden ein gewaltiges Loch in die Parteikasse reißen, und das wenige Monate vor der Bundestagswahl im September.

Der Bescheid lautet auf 4,34 Millionen Euro, die die FDP an die Bundestagsverwaltung zurückzahlen muss. Das ist zwar etwas niedriger als die Summe von 5,4 Millionen, die ursprünglich die Experten aus dem Referat Parteienfinanzierung errechnet hatten, aber deutlich mehr als die FDP geglaubt hatte. Die Liberalen hatten bisher mit maximal 2,6 Millionen Euro kalkuliert.

Möllemann, der im Juli 2003 bei einem Fallschirmsprung tödlich verunglückte, hatte seit Mitte der neunziger Jahre anonyme Großspenden mit einem Gesamtvolumen von annähernd zwei Millionen Euro gestückelt und von Strohleuten auf FDP-Konten einzahlen lassen. Im Bundestagswahlkampf 2002 schließlich ließ er noch einmal knapp eine Millionen Euro auf dunklen Wegen in die Partei einspeisen - diesmal zur Finanzierung eines antiisraelischen Flugblattes.

Die Parteienkontrolleure des Bundestags bewerteten die Schiebereien Möllemanns in weiten Teilen als besonders schweren Verstoß gegen das Parteiengesetz, der von Gesetzes wegen eine Strafzahlung nach sich ziehen muss, die dreimal so hoch ist wie die Summe der anonymen Spenden. Zu diesem Schluss sind die Experten aus dem Hause Lammert nicht erst jüngst gekommen. Bereits im Dezember 2005 unterrichteten Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung den FDP-Finanzbevollmächtigten Walter Eschweiler und den Anwalt Christofer Lenz über bevorstehenden Sanktionen.

Doch die blieben vorerst aus. Denn noch nie in der Geschichte der Parteienfinanzierung hat die Bundestagsverwaltung derart lang gezögert, eine Entscheidung zu treffen. Der FDP wurde immer wieder Gelegenheit geben, Stellung zu nehmen, und konnten die Liberalen nicht rechtzeitig antworten, wurden die Firsten verlängert. Herren des Verfahrens waren längst nicht mehr die Fachleute aus dem Referat Parteienfinanzierung. Die Causa Möllemann beschäftigte den Bundestagsdirektor, die hauseigenen Juristen und den Chef der Abteilung P, Parlamentsdienste, der vormals Solms' Büro im FDP-Bundestagsfaktionsvorstand leitete. Im vorigen Jahr schließlich musste der langjährige Chef der Parteienkontrolleure, Johannes Becher, seinen Stuhl räumen. Die Liberalen hatten ihm Befangenheit vorgeworfen. Einen Zusammenhang mit dem FDP-Verfahren bestritt die Bundestagsverwaltung, die Personalie sei eine "ganz normale Sache".

Doch die FDP hatte wieder mal Zeit gewonnen für das wichtige Wahljahr 2009. Und Paul Friedhoff, Schatzmeister aus Möllemanns einstigem Landesverband Nordrhein-Westfalen, beruhigte seine Parteifreunde. Man werde natürlich eine Strafe zahlen müssen, aber die werde maximal bei 2,6 Millionen Euro liegen. Dafür habe der Landesverband auch bereits entsprechende Vorkehrungen getroffen. Ein erster Abschlag von 874.000 Euro sei bereits an die Bundestagsverwaltung überwiesen, für weitere 1,7 Millionen Euro seien Rückstellung in der Bilanz eingestellt worden, schrieb Friedhoff noch im April an FDP-Landesfunktionäre.

Von der nun vom Bundestag festgesetzen Höhe von über vier Millionen Euro ist Friedhoff überrascht. "Wir werden eine Klage gegen den Bescheid genau prüfen", sagte der FDP-Landesschatzmeister. Aus eigener Kraft kann der Landesverband diese Summe nicht komplett aufbringen. "Wir werden die Strafzahlung innerparteilich im Rahmen unserer Möglichkeiten verrechnen, aber zahlen muss die Bundespartei." Bisher allerdings zeigt Bundesschatzmeister Solms wenig Bereitschaft. Die Sanktionen, so erklärte Solms noch vor wenigen Wochen, habe der "Landesverband Nordrhein-Westfalen wirtschaftlich zu tragen".

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