Dienstag, 7. Juli 2009

Honduras, die Putschisten und der Vatikan

Von Harald Neuber

In der zweiten Woche nach dem Militärputsch in Honduras demonstrieren wieder Hunderttausende gegen die Machthaber in Tegucigalpa. Die Menschen fordern eine Rückkehr zur Demokratie, nachdem der gewählte Präsident des Landes, Manuel Zelaya, am 28. Juni von einem schwer bewaffneten und maskierten Kommando der Armee aus seinem Bett gezerrt und verschleppt wurde.

Verschleppt? Bei der "Katholischen Nachrichten-Agentur" (KNA) liest sich die Geschichte anders. Die 1952 gegründete vatikannahe Agentur, die maßgeblich vom "Verband der Diözesen Deutschlands" finanziert wird, berichtete am Montag, Zelaya sei "ins Exil geflohen".

Die Redakteure mit den Kürzeln "mit" und "csc" stellen sich damit journalistisch auf die Seite der Putschisten. Das ist nur konsequent. Denn auch der Vorsitzende der Honduranischen Bischofskonferenz, Kardinal Oscar Andrés Rodríguez Maradiaga, hatte Zelaya vor wenigen Tagen vor einer Rückkehr gewarnt und zugleich unmissverständlich gedroht: Wenn der gewählte Präsident eine Rückreise in sein Land versuche, werde es ein Blutbad geben. Wenig später schossen die Putschistentruppen in die Menge, mindestens zwei Demonstranten starben. Woher hatte der Kardinal mit guten Verbindungen zum Putschregime von Machthaber Roberto Micheletti die Informationen über ein gewaltsames Vorgehen gegen die Massenproteste?

Der Europapolitiker der Linksfraktion im Bundestag, Kurt Neumann, schrieb die KNA-Redaktion am Montag übrigens an. "Dass Sie den Militärputsch in Honduras unverhohlen Sympathien entgegenbringen, spricht nicht für eine politische Position demokratischer Verfassungstreue", so Neumann: "Dass sie nun aber das gewaltsame Außer-Landes-Schaffen, auch noch als Flucht bezeichnen, nimmt Ihnen jede journalistische Seriosität."

KNA zu Honduras: Sachlich und seriös?

In unserem letzten Eintrag ging es um die Katholisch Nachrichten-Agentur (KNA). Sie bezeichnete die Verschleppung des gewählten Präsidenten Honduras´ als "Flucht ins Exil". Anbei nun die Antwort von Thomas Winkel, dem Chef vom Dienst der KNA, an den Referenten für Europapolitik der Linkspartei, Kurt Neumann - und dessen Entgegnung.


Sehr geehrter Herr Neumann,

dankeschön für die aufmerksame Lektüre und Ihre kritische Rückmeldung, die ich in der Sache allerdings nicht teile:

1.) Als Nachrichtenagentur berichten wir sachlich und bringen in unseren Meldungen niemandem "unverhohlen Sympathien" entgegen.

2.) Die Position demokratischer Verfassungstreue müssen wir uns von niemandem in Abrede stellen lassen.

3.) In unseren Texten zum Thema Zelaya ist die Rede von "Putsch", "unfreiwilliger Ausreise", "gestürztem Präsidenten", "Exil" etc.

4.) Auch andere Agenturen sprechen davon, Z. sei "ins Exil gebracht" worden bzw. "ins Exil geflohen". Sicherlich ziehen Sie nicht auch noch deren Verfassungstreue in Zweifel.

5.) In allen Kundenbefragungen erhalten wir in Sachen "Seriosität/Zuverlässigkeit" beste Noten.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Winkel, Chef vom Dienst

Katholische Nachrichten-Agentur (KNA), Adenauerallee 134, 53113 Bonn


Sehr geehrter Her Winkel,

ich nehme zur Kenntnis, dass Sie es nach wie vor für eine korrekte Berichterstattung halten, wenn der Vorgang, gegen den eigenen Willen ins Ausland verbracht zu werden, als "Fliehen" bezeichnet wird und dass sie das als seriös qualifizieren.

Deshalb mag ich Ihnen auch nicht besonders vorhalten, wie fragwürdig es ist, gegen die Verfassung putschendes Militär als "Sicherheitskräfte" zu bezeichnen und Anhänger des verfassungsmäßige Präsidenten als Urheber blutiger Straßenschlachten darzustellen.

Mit etwas resignierten Grüßen

Kurt Neumann

Referent für Europapolitik

Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

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