Mittwoch, 15. Juli 2009

Korruptionskrimi in China

Festnahmen in Stahlbranche

Die Festnahme von Managern eines australisch-britischen Bergbaukonzerns hat die internationale Geschäftswelt verschreckt. Nun ermittelt China auch im Inland. VON URS WÄLTERLIN SVEN HANSEN

China hat die Ermittlungen wegen Geheimnisverrats und Bestechung auf zahlreiche chinesische Stahlwerke ausgedehnt. Dies meldeten die Staatsmedien am Dienstag. Zuvor hatte die Festnahme von vier Managern des australisch-britischen Bergbaukonzerns Rio Tinto am 5. Juli in Schanghai für Unruhe gesorgt. Der australische Rio-Manager Stern Hu, der mit Chinas Stahlwerken verhandelte, und drei chinesische Kollegen wurden wegen Spionage, Bestechung und Diebstahl von Staatsgeheimnissen verhaftet.

Hu durfte zunächst nicht konsularisch betreut werden und hat bis heute keinen Anwalt. Sein Fall belastet die Beziehungen zwischen Canberra und Peking. Canberra bestellte bereits mehrfach den Botschafter Chinas ein, seines größten Handelspartners. Eine solche Behandlung sind ausländische Manager in China nicht gewohnt. Entsprechend äußern sich viele besorgt, ohne sich zitieren lassen zu wollen.

Zunächst wurde vermutet, Hus Festnahme sei Rache für die geplatzte Beteiligung des chinesischen Staatskonzerns Chinalco an Rio Tinto, einem Hauptlieferanten für Eisenerz. China ist weltgrößter Stahlproduzent und versucht durch strategische Investitionen seine Versorgung zu sichern. Chinalco wollte deshalb seine Beteiligung an Rio um 19 Milliarden US-Dollar aufstocken. Der Bergbaukonzern ließ den umstrittenen Deal jedoch platzen. Stattdessen ging Rio mit dem ebenfalls australisch-britischen Bergbaukonzern BHP Billiton ein Joint Venture ein, das einem Kartell ähnelt.

Stern Hu, ein Australier chinesischer Abstammung, leitet die Eisenerzsparte von Rio Tinto in China und die Preisverhandlungen. Chinas diesjährige Verhandlungen mit seinen Eisenerzlieferanten scheiterten jedoch. Der chinesische Eisenerz- und Stahlverband wollte einen höheren als den von Japan und Südkorea vereinbarten Preisnachlass von 33 Prozent gegenüber dem hohen Vorjahrespreis.

Die Führung der Erzlieferanten hatte Rio. Die Stahlwerke, gegen deren Manager ermittelt wird, sind Mitglieder von Chinas verhandelndem Verband. Der Zugang zu internen Informationen der chinesischen Stahlbranche könnte die Bergbaukonzerne in Verhandlungen stärken, wie umgekehrt die Festnahme der Rio-Manager ein Mittel Pekings sein könnte, Druck auf die Erzlieferanten auszuüben.

Stern Hu wird von Geschäftspartnern als "absolut integer" beschrieben. Sein Exboss Ron Gosbee bezeichnet die Vorwürfe gegen Hu als "lächerlich". Chinas amtliche Zeitung China Daily meldete am Dienstag, auf den beschlagnahmten Computern der vier Rio-Manager seien vertrauliche Informationen der chinesischen Stahlindustrie gefunden worden. Auch seien viele Mitarbeiter der Eisenerzkonzerne zuvor bei Chinas Stahlwerken beschäftigt und würde diese gut kennen. "Ausländische Eisenerzlieferanten bestechen Manager chinesischer Stahlwerke auf Ferienreisen und Festen", zitierte das Blatt einen ungenannten Insider.

Beim Absturz des Airbus von Air France im Mai auf dem Weg von Rio de Janeiro nach Paris starben auch sechs Manager des Stahlwerks von Benxi sowie die Frau eines Vizegouverneurs. Das führte in China zu Korruptionsermittlungen.

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