Montag, 3. März 2008

Kriegsgefahr in den Anden

Der Militärschlag Kolumbiens gegen FARC-Rebellen im Nachbarland Ecuador hat eine schwere diplomatische Krise ausgelöst. Ecuador und Venezuela ziehen ihre Botschafter aus Bogota ab – und lassen Truppen aufmarschieren.

Die Regierung in Quito wies am Sonntag (2.3.2008) den kolumbianischen Botschafter aus, beorderte seinen Botschafter aus Bogota zurück und verlegte Truppen an die gemeinsame Grenze. Der venezolanische Präsident Hugo Chávez protestierte ebenfalls gegen die Militäraktion und ordnete die Schließung der Botschaft seines Landes in Bogotá an. Er beorderte nach eigenen Angaben zehn Bataillone und Panzerverbände seiner Armee an die Grenze.

Die kolumbianische Luftwaffe hatte nach eigenen Angaben am Samstag ein Lager der marxistischen "Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens" (FARC) gleich hinter der Grenze zu Ecuador mit Streubomben angegriffen. Dabei waren der zweithöchste FARC-Anführer Raúl Reyes und 16 weitere Rebellen getötet worden. Die Flugzeuge hätten den Luftraum Ecuadors nicht verletzt, aber über die Grenze hinweg geschossen, räumte Kolumbien ein. Anschließend seien Hubschrauber über die Grenze geflogen und hätten Bodentruppen in dem zerstörten Rebellenlager 1,8 Kilometer hinter der Grenze abgesetzt. Sie hätten die Leiche von Reyes, eines weiteren FARC-Anführers und anderes Material wie Computer eingesammelt und nach Kolumbien gebracht.

Kolumbien beschuldigt Ecuador

Die Regierung des konservativen kolumbianischen Präsidenten Alvaro Uribe bestritt unterdessen, die Souveränität des Nachbarlandes verletzt zu haben. Der Angriff sei nur Ausdruck des Rechts auf Selbstverteidigung. Im Gegenzug wirft Kolumbien dem Nachbarland anhand von sichergestellten Computerdaten den Aufbau einer engen Beziehung zu den marxistischen Rebellen der FARC vor. Die Beweise seien auf dem Rechner von Reyes sichergestellt worden, hieß es am Montag in Bogotá.

Reyes sei dabei gewesen, einen Aktionsplan der Rebellen mit der ecuadorianischen Regierung auszuhandeln, sagte der kolumbianische Polizeichef Oscar Naranjo am Sonntag. Dies bedrohe Kolumbiens nationale Sicherheit. Ecuador wies alle Vorwürfe zurück und bezeichnete sie als Lügen, die Kolumbien nun erfinde, um den Angriff im Nachbarland zu rechtfertigen.

Chávez warnt vor Krieg

Chávez warnte, der Übergriff könne der "Beginn eines Krieges in Südamerika" sein. "Wir wollen keinen Krieg, aber wir werden es niemals zulassen, dass das Imperium (USA) oder dessen Schoßhündchen (Kolumbiens Präsident Alvaro Uribe) uns schwächen", warnte Chávez. Uribe sei "ein Krimineller, der das Land mit einer Bande von Kriminellen", regiere, polterte Chávez.

Die FARC, die von den USA und der Europäischen Union als Terrororganisation eingestuft werden, räumten den Tod von Reyes ein. Dieses Opfer "ehrt unseren Kampf", hieß es in einer Erklärung des Internetportals "Resistencia", die Experten für authentisch hielten. Zugleich betonten sie, die Bemühungen um einen Austausch von etwa 40 entführten Militärs, Polizisten und Politikern, darunter die schwer kranke frühere Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt, gegen etwa 500 inhaftierte Rebellen müsse fortgesetzt werden. Zuletzt ließ die FARC unter Vermittlung von Chávez sechs ihrer Geiseln frei.

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