Freitag, 21. März 2008

Karfreitagsfürbitte entzweit Juden und Katholiken

Evangelischer Bischof kritisiert Einkaufen in der Nacht auf Karfreitag
Betende Hände. Quelle: dpa

Der Karfreitag ist 2008 Anlass zum Streit zwischen Religionen und zwischen Kirche und Gesellschaft. Die Zentralratsvorsitzende der Juden kritisiert die neue Karfreitagsfürbitte der Katholiken und Bischof Hein greift das Mitternachtseinkaufen an.

Es solle gebetet werden für die Juden, "...damit sie Jesus Christus erkennen, den Heiland aller Menschen", heißt es in der Fürbitte. Dies fassen Rabbiner zwischen New York und Rom als Aufforderung zur längst überwunden geglaubten "Judenmission" auf. Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, kritisierte die Wiederzulassung einer früheren Karfreitagsbitte scharf, in der Katholiken für die Erleuchtung der Juden beten

Papst wegen Fürbitte kritisiert

"Die Karfreitagsfürbitte impliziert eine subtile Aufforderung zur Judenmission, die ich als brüskierend, überheblich und als deutlichen Rückschritt im christlich-jüdischen Dialog bezeichnen muss", erklärte Knobloch auf Anfrage am Donnerstag in München.

Papst Benedikt XVI. hatte eine Karfreitags-Fürbitte für die alte lateinische Messe wieder erlaubt und damit für eine Abkühlung im ohnehin sensiblen Verhältnis zwischen Juden und katholischer Kirche gesorgt.

Knobloch: Geringschätzung der Juden

"Von Rückschritt spreche ich auch deshalb, weil diese Fürbitte weit hinter die respektvolle Formulierung aus dem Jahre 1970 zurückfällt", erklärte Knobloch. Papst Paul VI. habe damals eine Formulierung gewählt, die eine aufrichtige Wertschätzung des Judentums zum Ausdruck gebracht habe.

"Heute wird stattdessen einer Geringschätzung der jüdischen Religion das Wort geredet, wie sie einer toleranten Theologie nicht angemessen und deshalb gefährlich ist", betonte Knobloch. "In welcher Zeit leben wir eigentlich, wenn die katholische Kirche heute wieder meint, um das Seelenheil des jüdischen Volkes besorgt sein zu müssen?"

Kardinal Kasper verteidigt Fürbitte

Für eine Versachlichung der Debatte um die von Papst Benedikt XVI. neu formulierte lateinische Karfreitagsbitte wirbt der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper. Die Fürbitte für die Juden sagt nach seinen Worten "nichts Neues, sondern spricht nur aus, was schon bisher als selbstverständlich vorausgesetzt, aber offenbar nicht hinreichend thematisiert wurde", schreibt Kasper in einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Der neue Text weise ausdrücklicher als der des "ordentlichen Ritus" von 1970 auf den grundlegenden Unterschied zwischen Juden und Christen hin, so der Kardinal. Dieser Unterschied bestehe im Glauben an Jesus Christus als dem Erlöser aller Menschen.

Kasper ist Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen und der Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum. Die eigentlich kontroverse Frage laute, ob Christen für die Bekehrung der Juden beten sollten und ob es eine Judenmission geben könne, schreibt der Kardinal. Zur Beantwortung dieser Frage erinnerte er daran, dass die katholische Kirche anders als evangelikale Gruppen keine organisierte Judenmission kenne.

Gedenken an Leiden Jesu

  • In der Grabeskirche von Jerusalem haben am Freitagmorgen die Feierlichkeiten zum Karfreitag begonnen. Mehrere tausend christliche Pilger werden dann am Vormittag an der traditionellen Prozession in Gedenken an den Leidensweg des Religionsstifters Christus teilnehmen. In der Altstadt von Jerusalem schreiten sie dann die "Via Dolorosa" ab, die Jesus der Überlieferung zufolge vor rund 2000 Jahren mit der Last des Kreuzes gegangen ist, bevor er gekreuzigt wurde und starb.

    Der traditionelle Kreuzweg am Karfreitag in Rom steht nach dem Willen von Papst Benedikt XVI. unter dem Zeichen der Katholiken in China. Die Gebete zu der Zeremonie verfasste in diesem Jahr der Kardinal von Hongkong, Joseph Zen Ze-Kiun. Zen betont in den vom Vatikan vorab veröffentlichten Kreuzweg-Meditationen die Situation der chinesischen Katholiken und erinnert an die "Märtyrer des 21. Jahrhunderts". Zudem ist eine Chinesin Kreuzträgerin während der Karfreitagszeremonie, die an das Leiden von Jesus Christus erinnert. Zen ist für Chinas Katholiken von besonderer symbolischer Bedeutung, da der Vatikan in China keine Bischöfe einsetzen darf.

Bischof attackiert Mitternachtseinkauf

Der evangelische Bischof Martin Hein (Kassel) hat abermals scharfe Kritik an Ladenöffnungen am späten Gründonnerstagabend geübt. Das "Mitternachtsshopping" pervertiere den Charakter von Gründonnerstag und Karfreitag, sagte der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck am Donnerstag im Deutschlandfunk: "Es gibt viele Menschen, auch außerhalb der Kirche, die sich darüber empören, dass inzwischen die Geschäftemacherei weit in die Feiertage hineinreicht."

Das Vorhaben der Einkaufszentren in Kassel, Frankfurt, Limburg, Neu-Isenburg oder Wetzlar und anderen Städten im Bundesgebiet habe aber dazu geführt, dass ein neues Nachdenken über die beiden Tage eingesetzt habe. Hein betonte in diesem Zusammenhang, dass es auch eine "Kultur der Entsagung" gebe. "Man muss nicht immer alles zu jeder Zeit haben", sagte er unter Hinweis auf die erfolgreiche Fastenaktion "Sieben Wochen Ohne". Inzwischen gebe es auch eine Gegenbewegung zur "Spaßgesellschaft".

Stichwort: Karfreitag

  • Karfreitag als Kreuzigungstag gilt in der evangelischen Kirche als höchster Feiertag und wird mit strenger Buße verbunden. In der katholischen Kirche ist er ein Fastentag. Nach dem christlichen Glauben überwand der Karfreitag gekreuzigte Jesus am Sonntag den Tod - als Beweis für das ewige Leben - und erfüllte damit seinen göttlichen Erlösungsauftrag auf Erden. Ostern ist für Christen das Fest der Auferstehung.

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