Samstag, 8. März 2008

Andrea Dilelanti weiß nicht, was sie will

In Hessen werden die Verhältnisse immer verworrener. Nachdem sich Partei und Fraktion am Samstag hinter sie stellten, deutete SPD-Landeschefin Andrea Ypsilanti an, sich nun vielleicht doch mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen - wenn auch nicht sofort.

Offenbar hat Ypsilanti ihr rot-rot-grünes Vorhaben noch nicht aufgegeben: Der Plan sei "erst einmal auf Eis gelegt", sagte sie am Samstag in Frankfurt, nachdem ihr Parteirat und Landtagsfraktion bei einer gemeinsamen Sitzung den Rücken gestärkt hatten. Ypsilanti forderte ihre parteiinterne Gegnerin Dagmar Metzger auf, ihr Mandat niederzulegen. Metzger soll sich dazu nach Parteiangaben bis Dienstag äußern.

Ypsilanti hatte am Dienstag angekündigt, bei der konstituierenden Sitzung des neuen Landtags am 5. April mit Hilfe der Linken eine rot- grüne Minderheitsregierung zu installieren. Nachdem Metzger ihr dabei die Unterstützung verweigerte, erklärte Ypsilanti am Freitag, nun doch nicht als Ministerpräsidentin zu kandidieren.

Die Landtagsabgeordnete Petra Fuhrmann schloss am Samstag aber nicht aus, dass die Parteichefin in einer späteren Landtagssitzung - etwa im Mai - antreten könnte. Eine Entscheidung darüber wird voraussichtlich auf einem Parteitag am 29. März fallen. Bis ein neuer Regierungschef gewählt ist, bleibt Ministerpräsident Roland Koch (CDU) geschäftsführend im Amt.

In der Union kursieren unterdessen offenbar Pläne, Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) zur Ministerpräsidentin zu machen Dem Vernehmen nach gibt es Bemühungen um ein Bündnis mit FDP und Grünen, das von Roth geführt werden könnte, schreibt die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Ein Sprecher der Politikerin sagte am Samstag: "Frau Roth verfügt über die nötigen Qualifikationen, um eine solche Zusammenführung zu begleiten. Sie kann in der Lage sein, eine Jamaika-Koalition herbeizuführen." Immerhin sei Frankfurt die Stadt, in der eine schwarz-grüne Koalition seit Jahren funktioniere.

Einen Bericht der "Leipziger Volkszeitung" (Samstag), der Roth als mögliche Ministerpräsidenten-Kandidatin nennt, dementierte der Sprecher nicht. Die Oberbürgermeisterin gehe jedoch davon aus, dass "Herr Koch eine regierungsfähige Mehrheit wird bilden können". Nach Informationen der Zeitung könnte der amtierende hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) unter gewissen Bedingungen bereit sein, als Fraktionsvorsitzender und CDU-Landeschef dieses Bündnis vom Parlament aus zu stabilisieren. Laut Zeitung befassen sich bereits Führungspolitiker von CDU, FDP und Grünen mit diesen Plänen und haben Gespräche geführt. Insbesondere die FDP dringe darauf.

Der Vorsitzende der CDU-Nachwuchsorganisation Junge Union, Philipp Mißfelder, forderte die Grünen in Hessen dazu auf, sich für ein Jamaika-Bündnis zu öffnen. "Jetzt liegt es an den Grünen, mit der CDU und der FDP eine stabile Regierung zu bilden. Die Grünen müssen sich jetzt bewegen", sagte Mißfelder der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung".

Scheer: "Metzger soll Mandat zurückgeben"

Am Vormittag kam der Parteirat der hessischen SPD in Frankfurt zusammen, um über die Lage nach dem Scheitern einer rot-grünen Regierungsbildung mit Hilfe der Linken zu beraten. Parteichefin Andrea Ypsilanti nannte die Situation "schwierig, aber nicht hoffnungslos". Sie hatte am Freitag ihren Plan einer mit den Stimmen der Linken installierten Minderheitsregierung zurückziehen müssen, da die Darmstädter SPD-Landtagsabgeordnete Dagmar Metzger ihr die Gefolgschaft verweigert hatte.

SPD-Vorstandsmitglied Hermann Scheer forderte Metzger ebenso wie der Vorstand der Frankfurter SPD auf, ihr Mandat niederzulegen, und hält auch einen Parteiausschluss für denkbar. Scheer, der in einem Kabinett Ypsilanti Minister werden sollte, sagte der "Passauer Neuen Presse" zum Thema Parteiausschluss: "Es wird mit Sicherheit solche Bemühungen geben. Ich weiß nicht, welche Begründung dem widersprechen könnte." Er habe "null Verständnis" für Metzger.

Spekulationen über Rückkehr Münteferings

SPD-Bundestagsfraktionschef Peter Struck machte hingegen Ypsilanti schwere Vorwürfe. "Die Entscheidung Andrea Ypsilantis für eine Tolerierung durch die Linke haben weder (Bundesparteichef) Kurt Beck, seine Stellvertreter Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück noch ich begrüßt. Diese Entscheidung war kontraproduktiv zu dem, was wir in Bezug auf die Linken auf der Bundesebene planen", sagte Struck der "Welt am Sonntag". Ypsilanti sei ihren Weg gegen den ausdrücklichen Rat der SPD-Führung in Berlin gegangen.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil wies unterdessen Berichte über eine geplante Ablösung von Parteichef Kurt Beck durch Ex-Vizekanzler Franz Müntefering. "Das hat keine reale Basis", sagte er im Deutschlandfunk zu einem Bericht der "Bild"-Zeitung. Diese berichtete, in der Partei werde nach dem Scheitern der Regierungsbildung der hessischen SPD mit der Linkspartei Becks Ablösung betrieben, da sein Kurswechsel in dieser Frage der Partei schade

Eine Große Koalition wollte Heil nicht mehr ausschließen. Voraussetzung sei aber ein Rücktritt Roland Kochs als Ministerpräsident. Mit ihm an der Spitze der CDU gebe es die Große Koalition definitiv nicht, sagte Heil im Hörfunksender HR Info.

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