Sonntag, 9. März 2008

"Extrem geschickt eingefädelt"

Korruptionssumpf Nigeria

Erst Siemens, nun Bilfinger Berger: Die neue Regierung von Nigeria könnte dem deutschen Baukonzern Ärger bereiten.Nach dem Siemens-Konzern, der bereits keine Aufträge mehr aus Nigeria bekommt, könnte ein weiteres deutsches Unternehmen im Korruptionssumpf des afrikanischen Landes stecken - die Tochter des zweitgrößten deutschen Baukonzern Bilfinger Berger namens Julius Berger. Das Unternehmen wird verdächtigt, Schmiergeld an die Regierungspartei People’s Democratic Party (PDP) gezahlt zu haben, erfuhr die Süddeutschen Zeitung aus Justizkreisen in Paris.

Es geht um fünf Millionen US-Dollar, von denen aber nicht klar ist, ob sie vollständig von dem Bauunternehmen stammen. Das prüfen die Behörden noch. Bilfinger Berger Mannheim weist die Vorwürfe zurück. Der Mutterkonzern hält 49 Prozent an der nigerianischen Gesellschaft. Für sie gelten die gleichen Ethik-Regeln wie in Deutschland.

Ende November 2007 berichteten nigerianische Medien, nach dem Auffliegen des Bestechungsskandals um Siemens habe Julius Berger alle Laptops aus dem Land geschafft, um Beweise zu vernichten. Nach den Angaben von Africanews wolle die "unabhängige Anti-Korruptionsbehörde" ICPC anordnen, alle in den vergangenen acht Jahren genutzten Computer überprüfen zu lassen. Ein Sprecher von Bilfinger in Mannheim erklärte dazu, die Geschäftsführung von Julius Berger Nigeria habe versichert, es seien keine Computer entfernt worden.

Julius Berger ist eines der größten Unternehmen in Nigeria. Der Baukonzern ist in dem zentralafrikanischen Land seit 1965 Haus- und Hoflieferant. Er hat das Parlament gebaut, den Präsidentenpalast, das Nationalstadion, den Senat, Ministerien, den Flughafen, Straßen, Brücken, Bahnlinien.

Selbst für den Sitz der jetzt gegen Berger ermittelnden Sicherheitsbehörde Onsa hat das Unternehmen dort ganze Stadtviertel in Beton gegossen. Berger baute Kraftwerke, Stahlfabriken, Montagehallen, Pipelines und beteiligte sich 1996 als Zulieferer an einer gigantischen Flüssiggasfabrik im Nigerdelta.

In dem Delta werden immer wieder Mitarbeiter von Berger und anderer Konzerne entführt. Allein im vergangenen Jahr kidnappten Entführer mehr als 150 Ausländer. In der Regel fordern die Rebellen kein Lösegeld, sondern mehr Arbeitsplätze für Jugendliche, bessere soziale Einrichtungen und verbesserte Infrastruktur. Das an Öl und Gas reiche Nigeria ist laut Transparency International eines der korruptesten, aber auch ärmsten Länder der Welt.

Gegen Korruption scheint die neue Regierung seit der Wahl von Präsident Umaru Yar’Adua im April 2007 stärker vorzugehen, wie der Fall Siemens zeigt. Experten warnen allerdings davor, dass die Korruptionsbekämpfung nur Maskerade sein könnte, um die Zahlungen anderer Bieter etwa aus China zu erhöhen.

Die Rechtmäßigkeit der Wahl von Umaru Yar’Adua ist umstritten. Andererseits gibt es Indizien dafür, dass es das neue Regime ernst meint. So will Nigeria eine staatliche Ölgesellschaft schaffen, um die Gewinne im Land zu behalten und für dessen Aufbau zu nutzen. Der Sektor soll zwar nicht wie in Venezuela verstaatlicht werden, die Dominanz der ausländischen Öl-Giganten wie Shell soll aber eingeschränkt werden. Nigeria deckt 2,5 Prozent des täglichen weltweiten Ölbedarfs.

Krach mit dem Partner

Wegen möglicher Schmiergeldzahlungen beim Bau der Flüssiggasanlage im Nigerdelta war Bilfinger Berger bereits ins Visier der Justiz geraten. Im August 1996 hatte das Unternehmen mit dem französischen Baukonzern Spie Batignolles (SP) ein Joint Venture geschlossen. Beide Unternehmen waren vom Konsortium TSKJ ausgewählt worden, mitzuhelfen, die fünf Milliarden US-Dollar teure Anlage in Bonny Island zu bauen.

Bilfinger bestand darauf, die Federführung zu übernehmen und verlangte nach und nach Kommissionszahlungen von SP in der Gesamthöhe von gut fünf Millionen Euro. Weil Bilfinger trotz mehrfacher schriftlicher Anfrage den Franzosen nicht darlegen konnte, wofür das Geld verwendet wurde, endete das Joint Venture im Krach. Den Streit fochten beide 1999 und 2000 vor dem internationalen Schiedsgerichthof in Brüssel aus.

Zahlung ohne Gegenleistung

Dort gab ein Verantwortlicher von Bilfinger zu Protokoll, das Geld sei an die Tristar Investments Gesellschaft des Londoner Anwalts Jeffrey Tesler in Gibraltar geflossen.

Die französische und amerikanische Justiz verdächtigen Tesler, der Mittelsmann für Schmiergeldzahlungen an das Regime des inzwischen verstorbenen nigerianischen Diktators Sani Abacha zu sein. Die Justiz dieser beiden Länder ermittelt, weil mit Technip und Kellogg Unternehmen aus Frankreich und den USA am Konsortium TSKJ beteiligt sind. Beim Bau der Flüssiggasanlage sollen insgesamt 180 Millionen Dollar an Tesler geflossen sein.

Nachdem die Ermittlungen der Justiz 2004 bekannt geworden waren, bestätigte damals ein Bilfinger-Sprecher dem Wall Street Journal, dass Bilfinger Tesler für dessen Beratungsdienste bezahlt habe. Francis Vuillemin, der Anwalt des ehemaligen Joint-Venture-Partners SP, klagte daraufhin umgehend gegen Bilfinger wegen Betrugs.

Eine Gegenleistung für die vertraglich nicht vorgesehenen Zahlungen habe SP nie erhalten. Die Klage nahm ein Pariser Gericht zwar an, sie blieb aber ohne Folgen. Gegen Bilfinger wird bislang nicht ermittelt. Ein Repräsentant der nigerianischen Regierung in Genf sagte der SZ, Bilfinger sei in der Affäre um das TSKJ-Konsortium nur von geringer Bedeutung.

Große Hoffnung, dass Bilfinger Berger jemals die obskuren Summen an SP zurückzahlt, hegt Vuillemin nicht. "Das ist alles extrem geschickt eingefädelt", sagt der Franzose. Trotz jahrelanger Ermittlungen ist bis heute nicht nachvollziehbar, an wen Tesler die Millionensummen weiterreichte.

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