Dienstag, 6. Juli 2010

Westjordanland: Israel will Siedlungen weiter ausbauen

Nur eine Pause, aber kein Stopp: Die israelische Regierung hat klargemacht, dass sie nach Ablauf des Moratoriums Ende September neue Siedlungen im Westjordanland bauen will. Daran gebe es keine Zweifel, sagte die rechtsgerichtete Kulturministerin Livnat.

Jerusalem - Israel will den Bau jüdischer Siedlungen nach dem Ende eines Moratoriums auch im Westjordanland wieder vorantreiben. "Es gibt nicht den geringsten Zweifel: Die Baumaßnahmen im Westjordanland werden unmittelbar nach dem vorgesehenen Ablaufdatum des Baustopps am 26. September wieder aufgenommen", sagte Kultur- und Sportministerin Limor Livnat am Dienstag dem Militärrundfunk. Die Regierung habe lediglich einen "vorübergehenden Baustopp" verhängt; diese Entscheidung sei "unantastbar". Es stehe für Israel außer Frage, "zum Preis von Zugeständnissen" die Palästinenser zu direkten Friedensverhandlungen bewegen zu wollen, ergänzte Livnat.

Livnat gehört der rechtsgerichteten Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu an.

Über das Ausmaß der Siedlungen im Westjordanland berichtet die israelische Menschenrechtsgruppe B'Tselem. Demnach erstrecken sich die israelischen Siedlungen auf einer Fläche von mehr als 40 Prozent des Gebiets. Die bebaute Fläche der Siedlungen betrage zwar nur ein Prozent, ihre gemeinderechtliche Zuständigkeit erstrecke sich aber über mehr als 42 Prozent, erklärte B'Tselem. Ein Fünftel dieses Gebiets sei von privaten palästinensischen Landbesitzern beschlagnahmt worden, hieß es. In den meisten Fällen sei dies nach dem Urteil des obersten israelischen Gerichts von 1979 geschehen, das genau diese Praxis verboten habe. B'Tselem erklärte, der Bericht beruhe auf staatlichen Dokumenten, darunter auch Karten und Datenbanken des Militärs.

Israels Ministerpräsident Netanjahu traf derweil am frühen Dienstagmorgen zu einem Treffen mit US-Präsident Barack Obama in Washington ein. Dem israelischen Rundfunk zufolge informierte Netanjahu unmittelbar vor seiner Abreise in die USA mehrere Minister seiner Partei über die politischen Botschaften, die er den US-Vertretern überbringen wolle. Inhalt der Gespräche ist eine Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern sowie der israelische Angriff auf eine internationale Hilfsflotte für den Gaza-Streifen.

Die Siedlungsfrage ist einer der zentralen Streitpunkte im Nahost-Konflikt. Die Palästinenser fordern einen vollständigen Siedlungsstopp als Voraussetzung für Friedensgespräche. Die israelische Regierung hatte Ende November auf Druck der USA einen auf zehn Monate befristeten Baustopp für jüdische Siedlungen im Westjordanland verhängt. Das Moratorium gilt jedoch nicht für bereits im Bau befindliche Wohnungen und öffentliche Bauten wie Synagogen, Schulen und Krankenhäuser.

Netanjahus vorangegangener Besuch im Weißen Haus im März war frostig ausgefallen, weil die israelische Regierung kurz zuvor während eines Besuchs von US-Vizepräsident Joe Biden einen umstrittenen Siedlungsbau in Ost-Jerusalem angekündigt hatte. Einen weiteren US-Besuch sagte Netanjahu kurzfristig ab, nachdem Israel Ende Mai bei dem Angriff auf die Hilfsflotte neun Türken, darunter einen mit US-Staatsbürgerschaft, getötet hatte.

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