Nach der Massenpanik bei der Duisburger Loveparade hat die Suche nach Schuldigen begonnen. 20 Menschen kamen bei der Katastrophe am Samstag ums Leben, 524 wurden verletzt. Inzwischen seien 16 Todesopfer identifiziert worden und die Familien oder bei ausländischen Gästen die Konsulate benachrichtigt worden, sagte Duisburgs Polizeipräsident Detlef von Schmeling. Vier Raver seien aus den Niederlanden, Australien, Italien und China angereist. Die Toten seien zwischen Anfang 20 und knapp 40 Jahren alt gewesen.
Bereits im Vorfeld der Technoparade hatte es Zweifel gegeben, ob das Gelände und der Zugang für die Menschenmassen geeignet sein würden. Die Katastrophe löste im In- und Ausland eine Welle der Trauer und des Entsetzens aus. Zugleich mehrte sich Kritik an den Organisation.
Die Polizei und die Stadt Duisburg forschten am Sonntag unter großem öffentlichen Druck nach den Ursachen. Vordringlichste Aufgabe sei zunächst die Versorgung der Verletzten, hieß es. Unklar ist noch, wie schwer die Verletzungen sind.
Die Fragen drehten sich jedoch vor allem um das Sicherheitskonzept. Das für die Loveparade ausgewählte alte Bahnhofsgelände kann maximal 250 000 Menschen nehmen. Zur der Party waren nach Angaben der Behörden aber etwa 1,4 Millionen Menschen nach Duisburg gekommen. Es gab nur einen Zugang zum Festgelände, und der war nur durch zwei sehr lange Straßentunnel unter den Bahngleisen zu erreichen.
Viele tausende Besucher gelangten nach dem Desaster in der Nacht ohne weitere Zwischenfälle nach Hause. Die Räumung des Geländes habe „reibungslos geklappt“, teilte ein Polizeisprecher am frühen Sonntagmorgen mit. Das Drama nahm am Samstagmittag seinen Lauf - das Nadelöhr war der Tunnel: Hunderttausende hatten sich auf den Weg zum alten Güterbahnhof gemacht. Sie wurden aus zwei Richtung dorthin geleitet, die Massen trafen zwischen zwei Tunneln aufeinander, wo ein gepflasterter Weg zum Güterbahnhof hinaufführt. Nach Zeugenaussagen entstand dort eine unerträgliche Enge. Menschen versuchten, eine Mauer und eine Treppe hinaufzuklettern. Als einige von ihnen aus mehreren Metern Höhe in die Menschenmasse unter ihnen stürzten, brach nach Polizeiangaben Panik aus.
Loveparade-Organisator Rainer Schaller verkündete das endgültige Aus des Spektakels. "Aus Respekat vor den Opfern und ihren Familien werden wir die Loveparade nicht weiterführen", sagte Schaller bei einer Pressekonferenz in Duisburg.
Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) verteidigte das Sicherheitskonzept gegen die sofort aufbrandende Kritik als „stichhaltig“. Feuerwehren und andere Rettungsdienste auch aus dem weiteren Umland starteten einen gigantischen Einsatz. Die am Partygelände vorbeiführende Autobahn 59, die aus Sicherheitsgründen ohnehin gesperrt war, wurde zum Anlaufpunkt für Rettungsfahrzeuge und Hubschrauber. In den Tunnels, in denen sich die Katastrophe abspielte, fuhren noch Stunden später Notarztwagen mit Blaulicht. Leichtverletzte Loveparade-Besucher wurden mit Bussen in Kliniken gefahren. Bis nach Mitternacht verließen Leichenwagen den Unglücksort. Die Polizei hatte das Gelände mit Zäunen und Sichtblenden weiträumig abgesperrt. In der Nacht kamen erste Trauernde zu dem Tunnel, um ihr Mitgefühl mit den Opfern zu bekunden. Einige zündeten Kerzen an.
Der Präsident der Europäischen Kommission, Manuel Barroso, kondolierte zum Tod so vieler Menschen. Nordrhein- Westfalens neue Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) ließ sich in der Einsatzleitstelle der Polizei über die Entwicklung unterrichten. Sie äußerte sich „total betroffen“ und sagte, sie fühle mit den Angehörigen der Gestorbenen und sorge sich um die Verletzten.
Die Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Renate Künast und Jürgen Trittin, forderten eine „genaueste Untersuchung des Vorfalls“. „Fehler in der Organisation einer solchen Massenveranstaltung dürfen sich nicht wiederholen.“
Die Loveparade unter dem Motto „The Art Of Love“ gilt als eine der wichtigsten und größten Veranstaltungen zur „Ruhr.2010“ im Kulturhauptstadtjahr. Der Cheforganisator Fritz Pleitgen zeigte sich schockiert. „Ganz klar fühle ich mich auch mitverantwortlich, aber eher im moralischen Sinne“, sagte Pleitgen Samstagnacht im ZDF.
Die Raver-Parade war 1989 in Berlin gegründet worden und ist 2007 in Ruhrgebiet gezogen. 2009 hatte die Stadt Bochum kein geeignetes Gelände gefunden. In Duisburg fand sie erstmals auf einem abgeschlossenem alten Bahngelände mit nur 15 Wagen, den sogenannten Floats, statt. Dabei musste lange um die Finanzierung gekämpft werden. Die hochverschuldete Stadt steht unter Haushaltsaufsicht und brauchte für ihre Ausgaben die Zustimmung des Landes. Im Sommer 2011 sollte die Loveparade in Gelsenkirchen Station machen.
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