Freitag, 30. Juli 2010

Afghanistan-Einsatz: Blutiger Juli für US-Truppen

Es ist ein Rekord: Der Juli ist für die US-Truppen in Afghanistan der verlustreichste Monat seit Beginn der Offensive vor neun Jahren. Und die Nato rechnet mit weiteren Angriffen. Während nun die ersten ausländischen Soldaten abziehen, erstarken die Taliban.



Die Bomben explodierten am Donnerstag im Süden Afghanistans und rissen drei US-Soldaten in den Tod. Der Tag markierte damit einen traurigen Höhepunkt für die US-Truppen am Hindukusch: Allein in diesem Monat starben 63 Soldaten, es ist damit der verlustreichste Monat seit Beginn des Einsatzes am Hindukusch vor neun Jahren.

Immer mehr tote Soldaten, immer mehr Verwundete: US-Präsident Barack Obama muss eine immer schwierigere Mission in Afghanistan verteidigen. Erst am Donnerstag unterzeichnete er ein Gesetz über die Finanzierung der Truppenverstärkung - 59 Milliarden Dollar sind vorgesehen für 30.000 zusätzliche Soldaten. Nach der kurzfristigen Aufrüstung soll ab Sommer 2011 dann mit dem Abzug der Truppen begonnen werden.

Doch es wird eng für Obama, der für Dezember eine umfassende Übersicht und Bewertung seiner Afghanistan-Strategie angekündigt hat. Sein Abzugsversprechen wird von der US-Öffentlichkeit zunehmend als unrealistisch beurteilt. Denn im Herbst sind Parlamentswahlen in Afghanistan, die Nato geht davon aus, dass die Extremisten im Land dann noch stärker angreifen werden.

Zudem steht er durch die Veröffentlichung von Tausenden Militär- Geheimdokumenten aus Afghanistan durch die Internetplattform WikiLeaks unter Druck. SPIEGEL, "New York Times" und "Guardian" hatten diese vorab erhalten, analysiert und ausführlich darüber berichtet.


Während die USA ihre Truppen verstärken, ziehen andere ihre Armee ab. Die niederländischen Soldaten verlassen Afghanistan am Sonntag nach vier Jahren. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen lobte ihren Einsatz als "Maßstab für andere". Die Armeeführung der Niederlande fand ebenfalls lobende Worte für das erfolgreiche Engagement, doch es gibt auch viel Kritik.

Gegner des Abzugs bemängeln, dass die Niederländer ihre Mission nicht zu Ende gebracht hätten. Rasmussen hatte darum gebeten, den Afghanistan-Einsatz um ein Jahr zu verlängern - darüber zerbrach im Februar die Regierung in Den Haag. Es blieb beim Abzugstermin für die 1950 niederländischen Soldaten. Sie werden nun durch Soldaten aus den USA, aus Australien, Singapur und der Slowakei ersetzt.

Zynische Glückwünsche kamen von den Taliban - sie feierten den niederländischen Abzug. "Wir möchten den Bürgern und der Regierung der Niederlanden von ganzem Herzen dazu gratulieren, dass sie den Mut hatten, diese unabhängige Entscheidung zu fällen", sagte Taliban-Sprecher Kari Jusuf Ahmadii in einem am Donnerstag veröffentlichten Gespräch mit der niederländischen Zeitung "Volkskrant".

Experten warnen, der Abzug bringe die bislang erzielten Fortschritte in Gefahr. "Man zieht nicht ab, wenn beginnt, Erfolg zu haben," sagt der Leiter des Haager Zentrums für Strategische Studien, Rob de Wijk. Der Chef der niederländischen Soldatengewerkschaft Acom, Jan Kleian, sagt, obwohl mehr als 24 Niederländer bei dem Einsatz starben, wollten die Soldaten gar nicht abziehen. "Sie wollen beenden, was sie begonnen haben; die Mission ist nicht erfüllt." Auch der Präsident der Soldatengewerkschaft AFMP, Wim van den Berg, plädiert für ein langfristiges Engagement: "Es dauert 20 oder 30 Jahre, Sicherheit in ein solches vom Krieg erschüttertes Land zu bringen."

Doch der Einsatz ist auch in anderen europäischen Ländern und den USA umstritten - ein Einsatz über 20 Jahre würde wohl große Proteste bewirken. Obama steht ein viel näheres Datum bevor: 2012 bewirbt er sich um eine Wiederwahl als Präsident. Bis dahin soll die Lage in Afghanistan unter Kontrolle sein.

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