Abdallah Al-Bishi ist einer von insgesamt sechs Scharfrichtern in Saudi-Arabien. 102 Menschen haben er und seine Kollegen im Jahr 2008 hingerichtet, enthauptet. Die Todesstrafe stellt zwar nicht direkt einen Verstoß gegen die Menschenrechte dar, allerdings fordern die Vereinten Nationen ihre Mitgliedsstaaten mit Konventionen und Zusatzprotokollen zur Abschaffung der Todesstrafe auf. Ende 2007 hat die UNO-Generalversammlung eine Resolution für den weltweiten Stopp von Hinrichtungen angenommen.
In Saudi-Arabien ist die islamische Rechtsordnung Scharia das Gesetz. Danach kann ein Mensch für viele verschiedenen Verbrechen zum Tode verurteilt werden. So wie vor wenigen Monaten, als der libanesischer Schiit Ali Hussain Sibat bei der Pilgerfahrt nach Medina von der Religionspolizei überrascht und in seinem Hotel festgenommen wurde, erzählt Christoph Wilcke von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Man warf ihm vor in einer libanesischen TV-Sendung Leuten das Schicksal vorausgesagt zu haben und diese würde Hexerei bedeuten. "Wenig später wurde ihm der Prozess gemacht und er wurde als Hexer zum Tode verurteilt", sagt Wilcke.
Viele kommen aus dem Ausland
Ein Großteil der zum Tode Verurteilen kommt wie Sibat aus dem Ausland. Nach Angaben von Amnesty International sind 104 der insgesamt 140 Angeklagten im Todestrakt ausländischer Herkunft. Zum Glück kann Ali Hussain Sibat arabisch. Den Menschen aus weiter entfernten Ländern, die oft kein arabisch sprechen, stehen oft weder Dolmetscher noch Rechtsbeistand zur Verfügung. Vor Gericht können sie sich deswegen kaum verteidigen. Entsprechend schnell werden sie zum Tode verurteilt.
Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International setzen sich für diese Menschen ein. Theoretisch könnte der saudi-arabische König die Verurteilten begnadigen, aber auch ihm sind die Hände gebunden, erklärt Christoph Wilcke von Human Rights Watch: "Saudi-Arabiens König ist natürlich durch die gängige Interpretation des islamischen Rechts, der Scharia, gebunden", sagt er, "und kann an diesem Recht nichts Grundsätzliches rücken oder verändern." Allerdings könne er, was die Todesstrafe für Drogenmissbrauch angeht, durchaus Zeichen setzten und für Reformen sorgen.
Teil der Tradition
Die Todesstrafe ist tief in der Tradition des Landes verankert. Zweifel, ob sie falsch sein könnte, gibt es in der Bevölkerung kaum. Für die westliche Welt ist sie aber eine veraltete und grausame Tradition. Regina Spöttl, von Amnesty International beklagt die die Zunahme an Hinrichtungen im vergangenen Jahr. Oft wurden sie zusätzlich auch noch gekreuzigt, sagt sie: " Also die toten Körper sind sozusagen zur Schau gestellt worden und werden noch eine Stunden liegenlassen, damit alle Leute vorbeilaufen konnten und sich das ansehen. Das ist eine unglaubliche Barbarei, die eigentlich im 21. Jahrhundert wirklich nichts mehr zu suchen hat.“
Das ist Scharfrichter Abdallah Al-Bishi egal. Für ihn ist sein Job wie jeder andere. Er findet die Todesstrafe berechtigt und selbst seinen Freunden bleibt der Tod nicht erspart: "Ich habe viele Leute enthauptet, die auch meine Freunde waren, aber wer ein Verbrechen begeht, hat es verdient."
Ein neuer Tag und ein neuer Auftrag für den Scharfrichter. Am Freitag nach dem Gebet bringt er sein nächstes Opfer an einen öffentlichen "Chop Chop Square“ in der Hauptstadt Riad. Dort muss der Verurteilte gefesselt niederknien, die Augen werden ihm verbunden. Ruhig wartet er auf den Tod. Abdallah Al-Bishi zieht sein Schwert aus der Scheide, hebt die geschwungene Klinge über den Kopf, und schlägt ihn ab.
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