Die Vorwürfe gegen Manfred Amerell werden schärfer. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sieht nach Fertigstellung des Abschlussberichts eine klare Beweislast gegen den früheren Schiedsrichter-Sprecher und hat bereits erste Konsequenzen gezogen.
Manfred Amerell
Dass die Betroffenen diese Übergriffe so lange Zeit nicht gemeldet hätten, "begründeten sie übereinstimmend mit der latent vorhandenen Angst vor privaten oder beruflichen Nachteilen, die sich vor allem auf die weitere Entwicklung ihrer Laufbahn als Schiedsrichter bezogen", heißt es in der DFB-Erklärung weiter. Ob strafrechtliche Schritte eingeleitet werden, liege in der Entscheidung der Betroffenen. Amerell selbst hatte im Zuge der Anschuldigungen seine Ämter schon niedergelegt. Er bestreitet die Anschuldigungen.
Reform des Beobachtungssystems geplant
Referee Michael Kempter hatte am 17. Dezember die Vorwürfe gegen Amerell an Schiedsrichter-Boss Volker Roth herangetragen. Unter Führung von Justiziar Dr. Jörg Englisch hatte der DFB einen Abschlussbericht erstellen lassen, der am Montag DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger sowie Ligapräsident Dr. Reinhard Rauball übergeben worden war. Daraus zieht der DFB erste Konsequenzen. Der Verband will die bisherigen Strukturen im Schiedsrichterwesen einer kritischen Prüfung unterziehen und konkrete Vorschläge zu einer Neustrukturierung erarbeiten. Eine Kommission soll bis zur nächsten Präsidiumssitzung konkrete Veränderungsvorschläge unterbreiten. Dem Gremium gehören Schiedsrichter Herbert Fandel, Hellmut Krug als Vertreter der DFL, der für das Schiedsrichterwesen zuständige DFB-Direktor Stefan Hans und der Abteilungsleiter Schiedsrichterwesen, Lutz Michael Fröhlich, an.Eine der dringendsten Maßnahmen sei eine Reform des derzeitigen Beobachtungssystems, "das die Begleitung und die Bewertung eines jungen Schiedsrichters über einen langen Zeitraum durch eine einzelne Person zur Folge haben kann". Ziel sei es, Abhängigkeitsverhältnissen effektiver vorzubeugen. Zudem soll künftig ein Vertrauensmann als unabhängiger Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Die aktiven Schiedsrichter sollen ein stärkeres Mitspracherecht bekommen.
Amerells Anwalt kritisiert DFB
Unterdessen hat Amerell über seinen Anwalt Jürgen Langer schwere Vorwürfe gegen den DFB erhoben. Demnach verweigere ihm der Verband die Akteneinsicht. Das Amerell-Lager habe aus diesem Grund das DFB-Sportgericht angerufen, um die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Akteneinsicht überprüfen zu lassen. Langer gab in einer Pressemitteilung bekannt, dass er am 15. Februar von Stefan Hans und Jörg Englisch angerufen worden sei. Dabei habe man ihm mitgeteilt, dass nach dem Rücktritt von Amerell am 12. Februar der interne Vorgang beim DFB abgeschlossen sei und eine Gewährung der Akteneinsicht nicht mehr erfolgen werde. "Wie kann ein Vorgang beim DFB abgeschlossen sein, der dann vom DFB-Präsidenten als 'stark und intensiv' bezeichnet wird", schrieb Langer.Der DFB begründete sein Vorgehen damit, den Betroffenen Diskretion zu gewährleisten. "Weil Herr Amerell ohnehin bereits seinen Rücktritt erklärt hat und der Fall damit für den DFB auf der Verwaltungsebene abgeschlossen ist, haben wir seinem Anwalt deshalb auch keinen Einblick in die Akten gewährt. Amerell bleibe selbstverständlich die Möglichkeit, von den rechtstaatlichen Mitteln Gebrauch zu machen und im Rahmen eines solchen Verfahrens Akteneinsicht zu bekommen, hieß es in einer DFB-Stellungnahme.
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