Montag, 14. September 2009

Polize-Übergriff auf Demo hat Nachspiel

Berlin - Das Video auf YouTube hatte sich rasant im Netz verbreitet - jetzt hat der Übergriff eines Polizisten bei einer Berliner Demonstration ein Nachspiel. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) und Polizeipräsident Dieter Glietsch müssten im Innenausschuss am nächsten Montag Stellung nehmen, ob gegen Demonstranten am Wochenende unverhältnismäßig vorgegangen wurde, sagte der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Björn Jotzo, am Montag.

Die Oppositionsfraktion der Grünen forderte, dass jeder Polizist bei Einsätzen eine Namenskennung tragen sollte. Am Samstag hatten in der Hauptstadt Tausende gegen den „Überwachungswahn“ des Staates protestiert.

Durch ein Video auf dem Internetportal „Youtube“ war sehr schnell bekanntgeworden, wie bei der Demo ein Radfahrer von einem Polizisten am Hemd gezogen und ins Gesicht geschlagen wird. Im Anschluss wird er von mehreren Kollegen zu Boden gezerrt und getreten. Gegen den Polizisten laufen interne Ermittlungen wegen Körperverletzung im Amt.

Beamte nicht vom Dienst suspendiert

Vom Dienst sei der Kollege nicht suspendiert worden, sagte ein Polizeisprecher. Der Beamte sei aber aus seiner Hundertschaft herausgenommen geworden. Für ihn gebe es zunächst eine „andere dienstliche Verwendung“. Der Polizist sei bei früheren Einsätzen nicht negativ aufgefallen, hieß es. Die Sprecherin des Innensenators sagte, Körting äußere sich im Moment nicht. Erst müsse der Fall komplett aufgeklärt werden.

Die Polizei hatte die Echtheit des Videos eingeräumt. Problematisch sei aber, dass die Vorgeschichte nicht gezeigt werde, hatte ein Sprecher gesagt. Im Nebentext zum Video hieß es, der Radfahrer wollte Anzeige gegen einen Beamten erstatten, der zuvor einen Freund „unter unfreundlichen Umständen festgesetzt“ hatte. Laut Polizei hatte der 37-Jährige zuvor Überprüfungen „massiv gestört“ und mehrere Platzverweise erhalten, die er nicht befolgte.

Der FDP-Sprecher sagte, es liege der Verdacht nahe, dass Polizeikräfte unverhältnismäßige Gewalt angewandt hätten. Dies sei inakzeptabel und eine Gefahr für die Versammlungsfreiheit. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux, sagte, auch ein Platzverweis rechtfertige keine exzessive Gewalt. Polizisten mit Namensschild würden verhältnismäßiger auftreten. Einen „Platzverweis für namenlose Polizisten“, forderte Lux.

Gewerkschaftsjugend plädiert für Untersuchungsausschuss

Die Gewerkschaftsjugend von IG Metall und Verdi plädierte für einen Untersuchungsausschuss. Das Polizeiaufgebot bei der Demonstration gegen Datenmissbrauch sei von Anfang an unangemessen hoch gewesen. Der Polizeiübergriff sei eine Schande für den Rechtsstaat. 900 Beamte waren im Einsatz.

Etwa 700 Demonstranten gehörten laut Polizei bei der Demo mit rund 10 000 Teilnehmern dem „antikapitalistischen Block“ an. Einige störten demnach die Überprüfung eines Lautsprecherwagens, von dem aus zu Straftaten aufgerufen worden war. 19 Menschen wurden festgenommen.

Auch die Veranstalter einer zweiten Demonstration hatten das harte Vorgehen der Polizei kritisiert. Nach einer Gegenkundgebung zu einer anti-israelischen Demonstration (Al-Quds) beschwerten sich israelische und linke Teilnehmer über das Vorgehen der Polizei. Kritisiert wurde, dass im Anschluss eine unschuldige Teilnehmerin „willkürlich“ festgenommen wurde. Polizisten hätten Mitglieder der Jüdischen Gemeinde „angebrüllt“, die sich über dieses Vorgehen beschwert hätten. Gegen die antisemtischen Demonstranten sei hingegen nicht vorgegangen worden.

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