Montag, 7. September 2009

Franz Josef Jung macht keine gute Figur

Der von der Bundeswehr angeordnete Luftangriff auf gekaperte Tanklaster in Afghanistan hat Kritik auch von Verbündeten ausgelöst.

Viele offene Fragen bleiben nach dem Tankwagen-Bombardement in Afghanistan:

  • Wie kam es zu der Entscheidung?
  • Wie viele Zivilisten sind unter den Opfern? Gab es eine Alternative zum Luftangriff?

Die Antworten werden aller Voraussicht nach noch Tage auf sich warten lassen. Das ist fatal, denn im Klima der Unklarheit verstärken sich die verheerenden Signale, die schon jetzt von dem Ereignis ausgehen.

Tiefe Risse in der Allianz am Hindukusch

Botschaft Nummer 1:

Das Bündnis in Afghanistan ist offenbar tiefer gespalten als bisher bekannt war. Offen wird die Bundeswehr von ihren Partnern in Washington und London kritisiert - und das, bevor offizielle Untersuchungsergebnisse vorliegen. Und ebenso massiv sind die Vorwürfe der Bundeswehr, US-Militärs streuten gezielt Fehlinformationen, um das deutsche Engagement in Afghanistan zu diskreditieren.

Der Streit wird über die Medien ausgetragen und man kann getrost davon ausgehen, dass er auf diesem Wege auch die Öffentlichkeit in Afghanistan erreicht mit bekannten Konsequenzen: In der afghanischen Bevölkerung schwindet das Vertrauen in den Demokratisierungsprozess - die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg der Demokratisierung. Die Taliban dürften sich die Hände reiben - die entfachte Diskussion ist Wasser auf ihre Propagandamühlen.

Akt der Hilflosigkeit

Botschaft Nummer 2:

Auch im vermeintlich sicheren Norden sind die Taliban präsent. Und diejenigen, die dort für Sicherheit sorgen sollen, wissen sich offenbar nur noch mit massiven Schlägen aus der Luft zu wehren. Ein Bild, dass weder das Vertrauen in die Bundeswehr, noch in die lokalen afghanischen Sicherheitskräfte stärken dürfte.

Botschaft Nummer 3:

Das Image der deutschen Bundeswehr als Aufbautruppe ist massiv beschädigt - mit unüberschaubaren Konsequenzen. Anschläge gegen deutsche Soldaten werden zunehmen. Die Öffentlichkeit - in Afghanistan und in Deutschland - wird Unterschiede zwischen Aufstandsbekämpfung und Krieg immer weniger wahrnehmen. Der sich gerade heiß laufende Wahlkampf in Deutschland wird zu einer weiteren Emotionalisierung der Afghanistan-Debatte führen.

All dies ist pures Gift für die Entwicklung in Afghanistan. Zerstrittene Bündnispartner einerseits, immer mehr zivile Opfer und triumphierende Taliban andererseits: Das sind keine guten Rahmenbedingungen für die zweite Amtszeit des Präsidenten, sollte Hamid Karsai die Wahlen nun gewonnen haben.

Falscher Zungenschlag im Wahlkampf

Der Streit um den deutschen Militäreinsatz in Afghanistan im deutschen Wahlkampf ist vorhersehbar aber auch wenig hilfreich. Denn die Forderung "deutsche Soldaten raus aus Afghanistan" mag zwar Stimmen einbringen, ist aber noch lange kein tragfähiges Konzept für die Zukunft des Landes am Hindukusch.

Wer ein neues Taliban-Regime in Afghanistan in Kauf nehmen will, der sollte sich die Zeit ihrer Regentschaft in Erinnerung rufen. Der bevorstehende 11. September bietet dazu Gelegenheit. Das symbolische Datum macht vielleicht den Bündnispartnern wieder klar, wer der eigentliche Gegner in Afghanistan ist.

Portrait Golte (Foto: DW)
Kommentar: Sybille Golte

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