Montag, 11. Februar 2008

Gmünder-Kalender keine Pornographie

Urteil des Berliner Kammergerichts:
Wandschmuck mit Boys von Bel Ami und Kristen Bjorn weiterhin straffrei.


Von Carsten Weidemann

Am 8. Februar urteilte das Kammergericht Berlin über einen seit Jahren schwelenden Bilderstreit: Der Verleger Bruno Gmünder hatte Fotowandkalender publiziert, auf denen nackte Männer mit einer Erektion zu erkennen sind. Die Anklage plädierte auf Pornografie und Verletzung des Jugendschutzes mit dem Ziel, die Veröffentlichung solcher Fotos in Zukunft zu verhindern.

Der nackte Mann war und ist immer wieder ein Streitpunkt mit der Zensur. Anders als der Frauenakt polarisiert der Männerakt – wie keine andere Darstellung des Menschen. Im Zuge der Veränderungen der Moralvorstellungen machten sich in den siebziger Jahren Künstler wie Jeff Koons, Robert Mapplethorpe, Helmut Newton und die deutsche Fotografin Herlinde Koelbl daran, selbstverständlich und offen ihre Bildwelt des Menschen als sexuelles Wesen zu formulieren. Ob dies auch für die Bilder von Bel Ami, Kristen Bjorn und anderen Erotik-Fotografen straffrei sein soll, wurde jetzt geklärt. Zwei Gerichte hatten die Kalender schon im Vorfeld beurteilt – jeweils mit Freispruch – doch die Berliner Generalstaatsanwaltschaft wollte die Frage höchstinstanzlich geklärt wissen.

"Manche Kämpfe müssen eben mehrmals gefochten werden", sagte Verleger Bruno Gmünder zum Verfahren. "Dass der Mann auch ein sexuelles Wesen mit Erotik und Sinnlichkeit ist, und dies darzustellen, dafür lohnt es sich, zu kämpfen. Wir lassen uns nicht in die 50er Jahre zurückversetzen." Gmünder gilt einer der weltweit größten Verleger von Büchern für schwule Männer.

Das Kammergericht folgte der Argumentation des Verlags: Wenn die Abbildung einer Erektion nicht bildbestimmend ist, die abgebildete Person als eigene Persönlichkeit erkennbar bleibt, das Bild insgesamt nicht reißerisch ist, dann könne dies keine Pornografie sein. Jugendgefährdend könne das auch deshalb schon nicht sein, weil der bloße Anblick eines solchen Bildes keineswegs einen heutigen Jugendlichen derart verstören könne, dass er in seiner Persönlichkeitsentwicklung beeinträchtigt würde.

Der Bruno Gmünder Verlag begrüßte das Urteil als "einen wichtigen Schritt Richtung Anerkennung schwuler Erotik in Kunst und Fotografie".

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