Northeim - In dem kleinen Büchlein mit dunkelblauem Plastikeinband hat der Sterbende die letzten 24 Tage seines Lebens aufgezeichnet. Tage ohne Essen, nur mit ganz wenig Wasser. Die Eintragungen enden am 13. Dezember vergangenen Jahres. Zwei Jagdpächter entdeckten die mumifizierte Leiche auf einem Hochsitz am Rande eines idyllischen Wald- und Wiesenstücks im Solling nahe Uslar.
Nach Informationen der "Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen" (HNA) lag der Mann auf einer Schaumstoffmatratze, neben ihm das Tagebuch. "Das ist Teil seines Nachlasses", sagte ein Sprecher der Polizei in Northeim SPIEGEL ONLINE. In einer Art Letztem Willen habe der Mann verlangt, dass das Heft nach seinem Tod seiner Tochter übergeben wird. "Was sie damit macht, bleibt ihr überlassen."
Dem Tagebuch sei zu entnehmen, dass sich der Mann bewusst zu Tode hungern wollte, berichtet die HNA. Der 58-Jährige habe zuletzt in Hannover gelebt und sei früher im Außendienst tätig gewesen, weshalb er sich wohl gut in der Gegend auskannte. Nach gescheiterter Ehe habe er seine Arbeit und den Kontakt zu seiner Tochter verloren. Ab Oktober vergangenen Jahres habe er kein Arbeitslosengeld mehr bekommen. Daraufhin habe er seinen Entschluss gefasst, sich aufs Fahrrad gesetzt und sich 100 Kilometer von Hannover entfernt einen Platz zum Sterben gesucht.
Sein Leichnam wurde durch Zufall von zwei Jagdpächtern entdeckt, die den maroden Hochsitz reparieren wollten. Der stark abgemagerte Mann habe auf dem Rücken gelegen, die Hände entspannt über dem Kopf gekreuzt.
In seinem Tagebuch soll er die Stationen seines Aufenthalts im Waldversteck und auch seines offensichtlichen Dahinsiechens dokumentiert haben. Er schrieb von einem kleinen Mädchen, das versucht haben soll, auf den Hochsitz zu klettern. Es sei aber vom besorgten Vater zurückgeholt worden.
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