Aufklärung der Loveparade-Katastrophe
Ein Duisburger Blog hat Anhänge aus einem offiziellen Gutachten über die Loveparade-Katastrophe veröffentlicht. Jetzt hat die Stadt die Macher des Blogs abgemahnt, die Veröffentlichung untersagt.
Wirklich ernst scheint Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) die umfassende Aufklärung der Loveparade-Katastrophe nicht zu nehmen. Blogger, die zur Aufklärung beitragen wollen, mahnt das Stadtoberhaupt ab, verbietet die weitere Verbreitung bestimmter Dokumente. Das Duisburger Blog Xtranews hatte am Mittwoch Anhänge eines von der Stadt offiziell in Auftrag gegebenen Gutachtens veröffentlicht.
In der Version, die die Stadt selbst auf ihrer Homepage zur Verfügung stellt, fehlen diese. Auf den 30 Seiten, die offiziell veröffentlicht wurden, wird die Stadt weitestgehend entlastet. Die rund 300 Seiten Anhang des Zwischenbericht der Stadt zu den Zuständigkeiten der Kommune Loveparade dagegen lassen die Stadt Duisburg und Oberbürgermeister Sauerland nach Angaben der Blogger nicht immer gut aussehen. Es sind ausführliche Protokolle von Sitzungen, Planungskonzepte und Hintergründe zum Gutachten enthalten.
Weil die Stadt Duisburg in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen das Urheberrecht sieht, mahnte sie die Blogger unter Androhung eines Ordnungsgeldes von 250.000 Euro ab. Interessant: Die Einstweilige Verfügung kam von der selben Kanzlei, die auch das Gutachten erstellt hatte. Die Stadt begründete das Verbot damit, dass die Anlagen ungeschwärzte, personenbezogene Daten enthielten. Xtranews nahm die Dokumente daraufhin offline. „Leider ist uns heute per einstweiligen Verfügung des Landgerichtes Köln untersagt worden, die Dokumente zu veröffentlichen. Antragsteller ist die Stadt Duisburg vertreten durch Adolf Sauerland“, schreiben die Blogger.
Jetzt hoffen sie auf den so genannten „Streisand-Effekt“: „Gemäß dem Streisand-Effekt ist zumindest die Hoffnung der Gegenseite nicht erfüllt worden, die Dokumente aus der Schusslinie zu bringen. Denn mit ihrer Aktion haben sie das Interesse massiv angeheizt“, heißt es bei Xtranews. Zahlreiche Blogs und Onlinemedien berichten nun über den Fall. Es kursieren etliche Links zu den beanstandeten Dokumenten. Das linke Onlineportal Indymedia hat die gesamten Dokumente hochgeladen. Auch die Speicherung bei Wikileaks wird bereits diskutiert. Aus dem Netz verschwinden werden die Dokumente demnach nicht mehr.
Jetzt hat sich selbst der Deutsche Journalistenverband (DJV) eingeschaltet. „Statt Informationsblockaden sollte die Stadt Transparenz herstellen“, erklärte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. Statt juristischer Mittel sollte die Stadtverwaltung eine partnerschaftliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit pflegen. "Das ist sie den Journalisten, aber auch den Bürgerinnen und Bürgern schuldig."
Dem möglichen Gerichtsverfahren blicken die Macher von Xtranews gelassen entgegen, fürchten aber die Kosten. Ihr Blog sei „klein und regional tätig“, der Streitwert hoch angesetzt. „Für die erste Runde kalkulieren wir bereits mit 7500 Euro Kosten – sollten wir verlieren“, schreiben die Blogger. Daher auch ihr Spendenaufruf.
Wie glaubhaft ist Frau Dr. Ute Jasper?
Die Stadt Duisburg hat heute dem Innenausschuss des Düsseldorfer Landtages ein entlastendes Gutachten von Dr. Ute Jasper vorgelegt. Die Frage, die sich stellt: wie glaubhaft ist Ute Jasper?
Schaut man sich den Wirkungsbereich Jaspers in der Kanzlei anhand der beschriebenen Projekte (Duisburg Berufskolleg Lebenszyklusprojekt, Duisburg Museum Küppersmühle, Duisburg Oberbürgermeister-Lehr-Brücke, Kreis Lippe Abfallentsorgung, Duisburg Innenhafen – EUROGATE Lord Foster uva.) an, muss man sich schlussendlich fragen, was die Juristin zu einem Gutachten zur Gefährdungsanalyse der Loveparade befähigt.
Es ist ja nicht das erste Gutachten, dass Dr. Ute Jasper für eine Stadtverwaltung erstellt. In guter Erinnerung ist noch das Husarenstück aus dem Jahre 2002; damals beauftrage der Mülheimer CDU Oberbürgermeister Dr. Jens Baganz sie mit einem Gutachten bezüglich des Verkaufs städtischer Anteile der Wassergesellschaft RWW an die RWE. Aufgrund des vorgelegten Gutachtens der Kanzlei Heuking, Kühn und Partner unter Federführung der Rechtsanwältin Dr. Ute Jasper wurde das städtische Tafelsilber für kleines Geld an den Essener Stromkonzern verscherbelt. Dafür wurden damals 1,4 Millionen Euro an die Kanzelei überwiesen. Erst im Nachhinein wurden pikante Details aus der “Partnerschaft” Baganz und Jasper bekannt. Ungeachtet jeglicher juristischer Ethik hatte Ute Jasper nicht nur das Gutachten gefertigt, sondern gleichzeitig auch noch einen Beratervertrag mit dem Stromriesen RWE, dem Nutznießer des Verkaufs, abgeschlossen. Und als wäre das nicht schon Skandal genug, mussten politisch Interessierte auch noch erfahren, das Ute Jasper die Geliebte von Baganz war und gleichzeitig ein Kind von ihm erwartete.
Baganz trat damals zurück, wurde dann als Staatssekretär ins Düsseldorfer Wirtschaftsministerium befördert, und vergab wieder den Auftrag für ein Gutachten an die Firma eines Bekannten. Dieses wurde dann aber durch die ehemalige Ministerin Thoben wegen Vetternwirtschaftsgeruch kassiert. Jasper wechselte in die Düsseldorfer Kanzelei HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK.
“Nach Baganz Rücktritt vom Amt des Oberbürgermeisters wurde das Rechnungsprüfungsamt (RPA) mit der Aufklärung der Korruptionsvorwürfe in Sachen Jens Baganz/Ute Jasper beauftragt. Die Prüfer empfahlen eine Strafanzeige. Die wurde von den Verantwortlichen bei der Stadt abgelehnt, und die Staatsanwaltschaft Duisburg stellte daraufhin auch ihre Ermittlungen ein.” schreibt die Neue Rheinische Zeitung am 18.02.2009 und postuliert: “Kurzum: Es gibt sehr viele Ansatzpunkte, die im Zusammenhang mit dem Dreigestirn Baganz/Jasper/Kraushaar zumindest den Korruptionsverdacht aufkommen lassen”.
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