"Alle Manager sollten hingerichtet werden": Eine Flut von Morddrohungen geht beim maroden US-Versicherer AIG wegen seiner Bonuszahlungen ein. Konzernchef Liddy wurde im Kongress stundenlang in die Mangel genommen. Dabei hatte Washington die Sonderzahlungen an die Mitarbeiter selbst abgesegnet.
New York - Irgendwann wird es Edward Liddy zu viel. "Ich will ihnen mal was zeigen", murmelt er an die Adresse der Abgeordneten, die wie auf einer Richterbank über ihm thronen. Er kramt einen Zettel aus seinen Akten. "Alle Manager und ihre Familien", liest er ruhig daraus vor, "sollten hingerichtet werden, mit Klaviersaitendraht um den Hals."
AIG-Edward Liddy beim Verlassen des Kongresses: Boni "geschmacklos"
Bei dem Zettel handelt es sich nach Liddys Worten um nur eine von zahllosen Morddrohungen, die er und seine Mitarbeiter in den vergangenen Tagen bekommen haben. Es folgt ein weiterer Drohbrief: "Ich werde die Namen aller Firmenchefs und ihrer Kinder herausfinden", heißt es darin.
Liddys Präsentation ist der dramatische Höhepunkt einer Sitzung im US-Repräsentantenhaus am Mittwoch, die eigentlich als Routinetermin angesetzt war, dann aber unerwartet an Brisanz gewann. Der Unterausschuss für Kapitalmärkte, sonst kaum ein schlagzeilenträchtiges Gremium, hatte bereits vor Wochen ein Thema auf die Tagesordnung gesetzt - das Schicksal des Versicherungskonzerns AIG. Hauptzeuge: Vorstandschef Edward Liddy.
Doch dann explodierte am Wochenende der Bonus-Skandal bei dem Versicherer - es wurde bekannt, dass der angeschlagene Konzern plant, trotz der staatlichen Milliardenhilfe Boni auszuzahlen. Liddy wird dadurch vom Zeugen zum Angeklagten, und im Sitzungssaal 2128 des Rayburn-Kongressflügels spielen sich Jagdszenen ab, beobachtet von Fotografenhorden und Zuschauermassen, wie sie dieser Ausschuss noch nie erlebt hat.
Fast sieben Stunden nehmen die Abgeordneten Liddy in die Mangel. Die geballte Wut der Volksvertreter wird durch die vorausgeschickten Höflichkeitsfloskeln kaum kaschiert. AIG, sagt der Demokrat Paul Hodes Liddy ins Gesicht, stehe für "Arroganz, Inkompetenz und Gier". Der Manager erträgt die Kritik mit stoischer Miene, bis er am Abend mit einem betont beiläufigen "Thank you, Mr. Libby" wieder freigelassen wird.
Bonus-Affäre erschüttert Amerika
Die Bonus-Affäre hat sich seit Samstag zum Reizthema Nummer eins in den Vereinigten Staaten hochgeschaukelt - und das, obwohl AIG die Leistungen bereits 2008 vertraglich verankert und verkündet hatte. Doch das Fälligkeitsdatum hatte ein miserables Timing: Mitten in der schlimmsten Krise bekamen jetzt 418 AIG-Manager insgesamt 165 Millionen Dollar ausgezahlt. Dabei hatte die US-Regierung den Konzern mit Milliardenzahlungen aus der Steuerkasse vor dem Zusammenbruch gerettet.
Mit den Boni sollte ursprünglich verhindert werden, dass Spitzenkräfte das wankende Unternehmen verlassen. Die meisten dieser "Talente" arbeiten allerdings bei der AIG- Finanztochter, die für die gigantischen Verluste direkt verantwortlich war und damit beinahe für den Kollaps des gesamten globalen Finanzsystems. 52 Mitarbeiter verließen AIG trotzdem - doch erst, nachdem sie insgesamt 33,6 Millionen Dollar "Treueprämie" unter sich aufgeteilt hatten.
Für Aufregung sorgt zudem die Enthüllung, dass AIG 94 Milliarden Dollar aus der US-Staatskasse direkt an seine Geschäftspartner weitergereicht hat, zum Beispiel an internationale Banken - darunter auch die Deutsche Bank, die Dresdner Bank, die DZ Bank und die Landesbank Baden-Württemberg.
Der Bonus-Deal war eingefädelt worden, bevor Liddy sein Amt im September antrat, freiwillig und unter Verzicht auf Gehalt. "Mr. Liddy ist in keiner Weise für diese Boni verantwortlich", sagt der Demokrat Barney Frank, Chef des Finanzausschusses - und traktiert ihn dann trotzdem ohne Erbarmen.
Liddy hat in der Tat die undankbarste Aufgabe: Er muss eine Entscheidung seiner Vorgänger verteidigen, die er "geschmacklos" findet und selbst "nie gebilligt hätte". Er habe die Manager mit Boni von mehr als 100.000 Dollar aufgefordert, mindestens die Hälfte des Geldes zurückzuzahlen, berichtet er. Einige hätten daraufhin sogar auf die gesamte Summe verzichtet.
AIG wird aufgelöst
Liddy kündigte im Kongress zudem an, dass der Konzern umbenannt und zerlegt werde: "Was wir vorhaben, ist die Auflösung von AIG". Insbesondere werde die Sparte für Finanzprodukte, die im Zentrum der Krise steht, innerhalb von vier Jahren von Grund auf saniert.
Doch die Prämien seien vertraglich wie gesetzlich unantastbar. Eine Annullierung könnte Klagen nach sich ziehen, die letzten Mitarbeiter vergraulen und AIG vollends in den Untergang treiben. Und dann drohe "ein Systemschock für die ganze Wirtschaft", eine Kernschmelze sondergleichen.
Doch die meisten Anwesenden im Kongress hören ihm da schon gar nicht mehr zu. Längst gilt AIG als Paradebeispiel für die nimmersatte Finanzer-Kaste, die selbst in der finstersten Krise noch abkassiert. "Nicht so schnell, ihr raffgierigen Schweinehunde", schreit die Schlagzeile der "New York Post" an den Kiosken, wo AIG in einem Art-déco-Wolkenkratzer unweit der Wall Street residiert - ein Wahrzeichen, das AIG jetzt notgedrungen auf den komatösen Immobilienmarkt wirft.
"Endlich", kommentiert das "Wall Street Journal" lakonisch, "haben die Steuerzahler eine Zielscheibe für ihre Wut über die Finanzkrise gefunden." An AIG entlädt sich der aufgestaute Finanzfrust einer ganzen Nation.
Obama nennt die Boni Symbol für eine Kultur der Gier
Blogs und Online-Foren quellen über vor zynischen Kommentaren, ebenso Social-Network-Sites wie Facebook und Twitter. Die Nachrichtensender strahlen Heimvideos von Zuschauern aus, die gegen AIG wüten. Die "New York Times" berichtet, sie habe selten so viele böse Zuschriften bekommen wie zu AIG.
Nach den Morddrohungen gegen Mitarbeiter hat AIG zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Bewaffnete Beamte patrouillieren vor der Finanzverwaltung in Connecticut. Einige Angestellte erschienen trotzdem aus Angst erst gar nicht zum Dienst.
Politiker schießen sich auf AIG ein
Die Kongressabgeordneten und Senatoren in Washington berichten ebenfalls über eine Flut wütender Anrufe, Briefe und E-Mails zu AIG. Entsprechend werden auch sie zu Kritikern - obwohl sie die Boni abgesegnet hatten, wissentlich oder nicht.
Ein Politiker nach dem anderen drängelt sich ins Licht der Kameras, um seinen Ärger los zu werden. Etwa der demokratische Abgeordnete Barney Frank: "Es ist Zeit, unsere Besitzrechte geltend zu machen", sagt er in Anspielung auf die 79,9-Prozent-Beteiligung des Staates an AIG. "Wir sollten sagen: Nein, ich zahle dir den Bonus nicht. Du hast nichts geleistet. Du hast diesen Vertrag nicht erfüllt."
Einige Politiker wollen die Prämien zurückfordern, notfalls mit einer Strafsteuer. Andere verlangen Haft für AIG-Manager, wieder andere einen öffentlichen Büßergang. Der republikanische Senator Charles Grassley versteigt sich zu der Bemerkung, die Verantwortlichen sollten "zurücktreten oder Selbstmord begehen".
Kongress hat Boni abgesegnet
Auch Präsident Barack Obama ergreift das Wort, zweimal und den zweiten Tag in Folge. Er nennt die AIG-Boni "ungeheuerlich", ein Symbol für eine Kultur von "Gier, Exzess-Kompensation, Exzess-Risiko", und kündigt an, "jeden nur möglichen Weg" zu verfolgen, sie wieder einzufordern. "Die Leute sind zu Recht empört." Und nicht nur sie: "Ich bin wütend."
Was die Verantwortlichen in Washington dabei hartnäckig verschweigen: Der Kongress hatte bereits vereinbarte Boni von Firmen, die Staatshilfe bekommen, erst im Februar ausdrücklich abgesegnet. Und zwar im Konjunkturpaket: Das untersagte den Unternehmen zwar künftige Prämien - jene aber, die vor dem 11. Februar zugesichert worden waren, wurden davon ausgenommen.
Diese winzige Klausel hatte, wie sich am Abend herausstellte, der demokratische Senator Christopher Dodd nachträglich noch einfügen lassen - auf Wunsch des Finanzministeriums. Dodd hat von AIG übrigens zuletzt 100.000 Dollar an Wahlkampfspenden bekommen.
Was wusste Finanzminister Geithner?
Dadurch könnte nun auch die Regierung die Wut der Steuerzahler treffen. Sowohl Notenbankchef Ben Bernanke als auch Finanzminister Timothy Geithner waren nach Angaben Liddys in den Bonus-Prozess bei AIG lange eingebunden. Deshalb wirkten die Unmutsbekundungen des Weißen Hauses unglaubwürdig. "Obama braucht sogar einen Teleprompter, um wütend zu werden", lästert die Kolumnistin Maureen Down von der "New York Times" über den vom Manuskript abgelesenen TV-Ärger des Präsidenten.
Geithner - der seit der verunglückten Präsentation des Wall-Street-Rettungspakets im Februar täglich mehr unter Druck gerät - hat eine Einladung des Kapitalmarkt-Ausschusses denn vorerst auch tunlichst abgelehnt. Er will lieber erst nächste Woche erscheinen, wenn sich das Feuer abgekühlt hat. Trotzdem ist er jetzt schon im Saal vertreten - auf den Plakaten von Protestlern in den Zuschauerbänken: "Feuert Geithner!"
Vergeblich versuchen die Abgeordneten, Liddy die Namen der verhassten Bonus-Begünstigten zu entlocken. "Nur unter dem Siegel der Verschwiegenheit", weigert sich der. "Ich fürchte sehr um die Sicherheit meiner Leute." Barney Frank ist herzlich unbeeindruckt: "Dann werden wir sie per Gerichtsbefehl anfordern."
New York - Irgendwann wird es Edward Liddy zu viel. "Ich will ihnen mal was zeigen", murmelt er an die Adresse der Abgeordneten, die wie auf einer Richterbank über ihm thronen. Er kramt einen Zettel aus seinen Akten. "Alle Manager und ihre Familien", liest er ruhig daraus vor, "sollten hingerichtet werden, mit Klaviersaitendraht um den Hals."
AIG-Edward Liddy beim Verlassen des Kongresses: Boni "geschmacklos"
Bei dem Zettel handelt es sich nach Liddys Worten um nur eine von zahllosen Morddrohungen, die er und seine Mitarbeiter in den vergangenen Tagen bekommen haben. Es folgt ein weiterer Drohbrief: "Ich werde die Namen aller Firmenchefs und ihrer Kinder herausfinden", heißt es darin.
Liddys Präsentation ist der dramatische Höhepunkt einer Sitzung im US-Repräsentantenhaus am Mittwoch, die eigentlich als Routinetermin angesetzt war, dann aber unerwartet an Brisanz gewann. Der Unterausschuss für Kapitalmärkte, sonst kaum ein schlagzeilenträchtiges Gremium, hatte bereits vor Wochen ein Thema auf die Tagesordnung gesetzt - das Schicksal des Versicherungskonzerns AIG. Hauptzeuge: Vorstandschef Edward Liddy.
Doch dann explodierte am Wochenende der Bonus-Skandal bei dem Versicherer - es wurde bekannt, dass der angeschlagene Konzern plant, trotz der staatlichen Milliardenhilfe Boni auszuzahlen. Liddy wird dadurch vom Zeugen zum Angeklagten, und im Sitzungssaal 2128 des Rayburn-Kongressflügels spielen sich Jagdszenen ab, beobachtet von Fotografenhorden und Zuschauermassen, wie sie dieser Ausschuss noch nie erlebt hat.
Fast sieben Stunden nehmen die Abgeordneten Liddy in die Mangel. Die geballte Wut der Volksvertreter wird durch die vorausgeschickten Höflichkeitsfloskeln kaum kaschiert. AIG, sagt der Demokrat Paul Hodes Liddy ins Gesicht, stehe für "Arroganz, Inkompetenz und Gier". Der Manager erträgt die Kritik mit stoischer Miene, bis er am Abend mit einem betont beiläufigen "Thank you, Mr. Libby" wieder freigelassen wird.
Bonus-Affäre erschüttert Amerika
Die Bonus-Affäre hat sich seit Samstag zum Reizthema Nummer eins in den Vereinigten Staaten hochgeschaukelt - und das, obwohl AIG die Leistungen bereits 2008 vertraglich verankert und verkündet hatte. Doch das Fälligkeitsdatum hatte ein miserables Timing: Mitten in der schlimmsten Krise bekamen jetzt 418 AIG-Manager insgesamt 165 Millionen Dollar ausgezahlt. Dabei hatte die US-Regierung den Konzern mit Milliardenzahlungen aus der Steuerkasse vor dem Zusammenbruch gerettet.
Mit den Boni sollte ursprünglich verhindert werden, dass Spitzenkräfte das wankende Unternehmen verlassen. Die meisten dieser "Talente" arbeiten allerdings bei der AIG- Finanztochter, die für die gigantischen Verluste direkt verantwortlich war und damit beinahe für den Kollaps des gesamten globalen Finanzsystems. 52 Mitarbeiter verließen AIG trotzdem - doch erst, nachdem sie insgesamt 33,6 Millionen Dollar "Treueprämie" unter sich aufgeteilt hatten.
Für Aufregung sorgt zudem die Enthüllung, dass AIG 94 Milliarden Dollar aus der US-Staatskasse direkt an seine Geschäftspartner weitergereicht hat, zum Beispiel an internationale Banken - darunter auch die Deutsche Bank, die Dresdner Bank, die DZ Bank und die Landesbank Baden-Württemberg.
Der Bonus-Deal war eingefädelt worden, bevor Liddy sein Amt im September antrat, freiwillig und unter Verzicht auf Gehalt. "Mr. Liddy ist in keiner Weise für diese Boni verantwortlich", sagt der Demokrat Barney Frank, Chef des Finanzausschusses - und traktiert ihn dann trotzdem ohne Erbarmen.
Liddy hat in der Tat die undankbarste Aufgabe: Er muss eine Entscheidung seiner Vorgänger verteidigen, die er "geschmacklos" findet und selbst "nie gebilligt hätte". Er habe die Manager mit Boni von mehr als 100.000 Dollar aufgefordert, mindestens die Hälfte des Geldes zurückzuzahlen, berichtet er. Einige hätten daraufhin sogar auf die gesamte Summe verzichtet.
AIG wird aufgelöst
Liddy kündigte im Kongress zudem an, dass der Konzern umbenannt und zerlegt werde: "Was wir vorhaben, ist die Auflösung von AIG". Insbesondere werde die Sparte für Finanzprodukte, die im Zentrum der Krise steht, innerhalb von vier Jahren von Grund auf saniert.
Doch die Prämien seien vertraglich wie gesetzlich unantastbar. Eine Annullierung könnte Klagen nach sich ziehen, die letzten Mitarbeiter vergraulen und AIG vollends in den Untergang treiben. Und dann drohe "ein Systemschock für die ganze Wirtschaft", eine Kernschmelze sondergleichen.
Doch die meisten Anwesenden im Kongress hören ihm da schon gar nicht mehr zu. Längst gilt AIG als Paradebeispiel für die nimmersatte Finanzer-Kaste, die selbst in der finstersten Krise noch abkassiert. "Nicht so schnell, ihr raffgierigen Schweinehunde", schreit die Schlagzeile der "New York Post" an den Kiosken, wo AIG in einem Art-déco-Wolkenkratzer unweit der Wall Street residiert - ein Wahrzeichen, das AIG jetzt notgedrungen auf den komatösen Immobilienmarkt wirft.
"Endlich", kommentiert das "Wall Street Journal" lakonisch, "haben die Steuerzahler eine Zielscheibe für ihre Wut über die Finanzkrise gefunden." An AIG entlädt sich der aufgestaute Finanzfrust einer ganzen Nation.
Obama nennt die Boni Symbol für eine Kultur der Gier
Blogs und Online-Foren quellen über vor zynischen Kommentaren, ebenso Social-Network-Sites wie Facebook und Twitter. Die Nachrichtensender strahlen Heimvideos von Zuschauern aus, die gegen AIG wüten. Die "New York Times" berichtet, sie habe selten so viele böse Zuschriften bekommen wie zu AIG.
Nach den Morddrohungen gegen Mitarbeiter hat AIG zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Bewaffnete Beamte patrouillieren vor der Finanzverwaltung in Connecticut. Einige Angestellte erschienen trotzdem aus Angst erst gar nicht zum Dienst.
Politiker schießen sich auf AIG ein
Die Kongressabgeordneten und Senatoren in Washington berichten ebenfalls über eine Flut wütender Anrufe, Briefe und E-Mails zu AIG. Entsprechend werden auch sie zu Kritikern - obwohl sie die Boni abgesegnet hatten, wissentlich oder nicht.
Ein Politiker nach dem anderen drängelt sich ins Licht der Kameras, um seinen Ärger los zu werden. Etwa der demokratische Abgeordnete Barney Frank: "Es ist Zeit, unsere Besitzrechte geltend zu machen", sagt er in Anspielung auf die 79,9-Prozent-Beteiligung des Staates an AIG. "Wir sollten sagen: Nein, ich zahle dir den Bonus nicht. Du hast nichts geleistet. Du hast diesen Vertrag nicht erfüllt."
Einige Politiker wollen die Prämien zurückfordern, notfalls mit einer Strafsteuer. Andere verlangen Haft für AIG-Manager, wieder andere einen öffentlichen Büßergang. Der republikanische Senator Charles Grassley versteigt sich zu der Bemerkung, die Verantwortlichen sollten "zurücktreten oder Selbstmord begehen".
Kongress hat Boni abgesegnet
Auch Präsident Barack Obama ergreift das Wort, zweimal und den zweiten Tag in Folge. Er nennt die AIG-Boni "ungeheuerlich", ein Symbol für eine Kultur von "Gier, Exzess-Kompensation, Exzess-Risiko", und kündigt an, "jeden nur möglichen Weg" zu verfolgen, sie wieder einzufordern. "Die Leute sind zu Recht empört." Und nicht nur sie: "Ich bin wütend."
Was die Verantwortlichen in Washington dabei hartnäckig verschweigen: Der Kongress hatte bereits vereinbarte Boni von Firmen, die Staatshilfe bekommen, erst im Februar ausdrücklich abgesegnet. Und zwar im Konjunkturpaket: Das untersagte den Unternehmen zwar künftige Prämien - jene aber, die vor dem 11. Februar zugesichert worden waren, wurden davon ausgenommen.
Diese winzige Klausel hatte, wie sich am Abend herausstellte, der demokratische Senator Christopher Dodd nachträglich noch einfügen lassen - auf Wunsch des Finanzministeriums. Dodd hat von AIG übrigens zuletzt 100.000 Dollar an Wahlkampfspenden bekommen.
Was wusste Finanzminister Geithner?
Dadurch könnte nun auch die Regierung die Wut der Steuerzahler treffen. Sowohl Notenbankchef Ben Bernanke als auch Finanzminister Timothy Geithner waren nach Angaben Liddys in den Bonus-Prozess bei AIG lange eingebunden. Deshalb wirkten die Unmutsbekundungen des Weißen Hauses unglaubwürdig. "Obama braucht sogar einen Teleprompter, um wütend zu werden", lästert die Kolumnistin Maureen Down von der "New York Times" über den vom Manuskript abgelesenen TV-Ärger des Präsidenten.
Geithner - der seit der verunglückten Präsentation des Wall-Street-Rettungspakets im Februar täglich mehr unter Druck gerät - hat eine Einladung des Kapitalmarkt-Ausschusses denn vorerst auch tunlichst abgelehnt. Er will lieber erst nächste Woche erscheinen, wenn sich das Feuer abgekühlt hat. Trotzdem ist er jetzt schon im Saal vertreten - auf den Plakaten von Protestlern in den Zuschauerbänken: "Feuert Geithner!"
Vergeblich versuchen die Abgeordneten, Liddy die Namen der verhassten Bonus-Begünstigten zu entlocken. "Nur unter dem Siegel der Verschwiegenheit", weigert sich der. "Ich fürchte sehr um die Sicherheit meiner Leute." Barney Frank ist herzlich unbeeindruckt: "Dann werden wir sie per Gerichtsbefehl anfordern."
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