Donnerstag, 30. April 2009

Fremde Geister, die sie riefen

“Fortschritt” war um 1900 das Wort der Stunde. Auf Weltausstellungen feierte man Industrialisierung und technischen Erfindergeist, vertraute auf Wissenschaft und Forschung. Nur die avantgardistischen Künstler zogen damals nicht mit, manche verweigerten sich den modernen Strömungen und entdeckten mit Hilfe fremder Geister eine Kunst weit außerhalb der europäischen Tradition.

Vor allem die Kulturen Afrikas und Ozeaniens erregten die Gemüter der Maler und Bildhauer, die nicht länger wie ihre Kollegen früher in die Gemäldegalerien pilgerten, um sich kopierend an dem zu schulen, was Rang und Namen hatte. Statt dessen wanderten sie in völkerkundliche Museen und werteten so auf, was bei den europäischen Kolonialherren noch als heidnisch und unzivilisiert galt.

Mit höchst erstaunlichen Konsequenzen wie jetzt eine von Oliver Wick vorzüglich kuratierte Ausstellung der Fondation Beyeler in Basel unter dem Titel “Bilderwelten - Afrika, Ozeanien und die Moderne” beweist. Dreizehn Räume umfasst die Schau. In jedem wird eine Kulturregion vorgestellt und mit Meisterwerken der Moderne aus eigenem Besitz konfrontiert. Ein aufregender, spannender Dialog, der zeigt, wie nachhaltig der sogenannte “Primitivismus” in das Schaffen von Cézanne, Picasso, Matisse, Braque, Míro, Giacometti und anderer eingeflossen ist.

So viel Anschaulichkeit ist selten. Und wenn man die Kultkrokodile aus Papua-Neuguinea vor Monets “Seerosen” betrachtet oder die Augen zwischen Mondrians Rautenkomposition und den beiden “Malagan-Fischen” hin- und herwandern lässt, spürt man schon fast eine geheime Übereinkunft zwischen dem mythischen Weltverständnis der fremden Kultur und dem archaisierenden Bedürfnis europäischer Künstler, das die Normen und Gewohnheiten eines nach Sicherheit strebenden Bürgertums attackieren wollte.

Wo der Westen freilich die ungebärdige “Wildheit” erfinden musste, um die verloren gegangene magische Qualität von Kunstwerken neu aufleben zu lassen, konnten die “Künstler” in Afrika und Ozeanien aus einer Unmittelbarkeit des Erlebens schöpfen, die bis heute nichts an Faszination und Ausstrahlung verloren hat.

Société Générale Group S.A. (SG) stuft ROYAL DUTCH SHELL-A auf buy

Paris (aktiencheck.de AG) - Aymeric de-Villaret, Analyst der Société Générale, bewertet den Anteilschein von Royal Dutch Shell (ISIN GB00B03MLX29/ WKN A0D94M) mit “buy”.

Der bereinigte Nettogewinn habe sich im ersten Quartal auf 2,96 Mrd. USD belaufen und damit unter der Société Générale-Prognose von 3,10 Mrd. USD gelegen. Der Rückgang des Nettogewinns um 62% im Jahresvergleich habe der Performance von BP (-59%) geähnelt. Die Öl- und Gasproduktion von Royal Dutch Shell sei, beeinträchtigt durch Beschränkungen der OPEC und die Sicherheitslage in Nigeria, um 3,6% gesunken. Ohne Berücksichtigung aller außerordentlichen Effekte habe sich die Produktion in etwa auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums bewegt.

Royal Dutch Shell wolle für das erste Quartal 2009 eine Dividende von 0,42 USD je Aktie ausschütten, was einem Anstieg von 5% im Jahresvergleich entspreche. Obwohl die Quartalszahlen am oberen Ende der Erwartungen gelegen hätten, sei keine starke Aktienkursreaktion zu erwarten, da die anderen großen Ölkonzerne ebenfalls gute Zahlen vorgelegt hätten. Das Kursziel der Royal Dutch Shell-Aktie sehe man bei 18,50 GBP.

Auf dieser Grundlage lautet das Rating der Analysten der Société Générale für das Wertpapier von Royal Dutch Shell “buy”. (Analyse vom 29.04.09)
(29.04.2009/ac/a/a)
Analyse-Datum: 29.04.2009


Einstellung bei verhinderter Abschiebung

Nachdem sich Felleke Bahiru Kum gegen seine Abschiebung nach Äthiopien 2006 gewehrt hatte und der Pilot des Flugzeugs den Transport verweigerte, wurde Felleke wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte angeklagt.
Heute wurde das Verfahren zur Freude der interessierten Öffentlichkeit eingestellt.
Vor dem Frankfurter Amtsgericht versammelten sich um 9 Uhr etwa 20 AntirassistInnen, um gegen ein skandalöses Verfahren um eine verhinderte Abschiebung mit Transparenten und Flugblättern zu protestieren.

Nach 15 Minuten war die Verhandlung wegen „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ dann bereits eingestellt. Damit endete dieser zweite Prozesstag in etwa genauso schnell wie der erste, allerdings wesentlich erfolgreicher.
Nachdem sich Felleke Bahiru Kum im September 2006 so erfolgreich gegen seine Abschiebung nach Äthiopien gewehrt hatte, dass der Pilot den Start verweigerte, folgte im Dezember 2007 der Versuch einer schnellen Verurteilung. Damals wollte das Gericht dem übereifrigen Staatsanwalt nicht folgen, weil die Aktenlage insgesamt sehr dürftig war.

Heute nun die Fortsetzung des Prozesses mit neuer Richterin und neuem Staatsanwalt. Die Verteidigung gab zu Beginn eine Erklärung ab, in der der Prozess als politisch motiviert kritisiert wurde. Schlampige Ermittlungen führten dazu, dass der Pilot als Zeuge nicht gehört werden konnte. Außerdem sei bis heute über den 2006 im Anschluss an die gescheiterte Abschiebung gestellten Asylfolgeantrag vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nicht entschieden worden. Da schlecht begründete Folgeanträge nach Auskunft der Verteidigung eine Lebenszeit von zwei Tagen bis drei Wochen hätten, sei davon auszugehen, dass Felleke durchaus berechtigte Gründe für ein Asyl in Deutschland vorgebracht hat.
Die Kritik am Verfahren und an der Staatsanwaltschaft war deutlich. Es ginge der Staatsanwaltschaft unabhängig vom Angeklagten darum, Widerstand gegen Abschiebungen zu sanktionieren. In diesem konkreten Fall ist allerdings davon auszugehen, dass die Illegimität der Abschiebung durch die lange Entscheidungszeit des BAMF zu Tage trete.
Schnell waren somit auch der anwesende Staatsanwalt und die Richterin überzeugt, dass eine Einstellung gerechtfertigt sei. Die Auslagen trägt die Staatskasse.

Die Einstellung war überfällig, denn die Eröffnung des Prozesses ist skandalös. Schön, dass Widerstand gegen Abschiebungen auch immer wieder mal erfolgreich ist!

No Border – No Nation – Stop Deportation

Tausende fliehen vor Kämpfen in Zentralafrika

Nairobi. Schwere Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellengruppen in der Zentralafrikanischen Republik haben eine Flüchtlingswelle in den Tschad ausgelöst. Innerhalb weniger Tage seien im Grenzgebiet 18 000 Flüchtlinge angekommen, berichtete die BBC. Die Bewohner der Grenzdörfer hätten die Flüchtlinge aufgenommen, seien nun aber an den Grenzen der Belastbarkeit angelangt. In der Zentralafrikanischen Republik kam es laut BBC wiederholt zu Massakern der Armee an der Zivilbevölkerung.

Rauschblätter auf der Autobahn

Die aus Afrika stammende Biodroge Kat wird immer beliebter in Europa. Das Rauschmittel muss ganz frisch konsumiert werden: Es wird legal in die Niederlande eingeflogen, Schmuggler transportieren die Blätter weiter - und liefern sich häufig wilde Verfolgungsfahrten mit der Polizei.

Hamburg - In den frühen Morgenstunden eines Freitags im April steuert ein Mann aus Äthiopien seinen Wagen in den Fährhafen Puttgarden auf der Insel Fehmarn. Doch Dänemark, das Ziel seiner Fahrt, wird der 34-Jährige nicht erreichen. Fahnder von Zoll und Polizei finden im Kofferraum zwölf große Jutesäcke gefüllt mit Bündeln der Droge Kat. 105 Kilo schwer. Bestimmt für Abnehmer in Skandinavien.

Funde wie diesen machen die Beamten mittlerweile fast im Wochenrhythmus: Am 2. April flüchtete ein Volvo Kombi auf der A7 vor einer Polizeistreife und konnte erst an der Grenze zu Dänemark gestoppt werden. Mit Hilfe von Nagelgurten, die dänische Beamte über die Fahrbahn legten. Die Fahrer, zwei Somalier, flüchteten zu Fuß. Im Kofferraum fanden sich rund 200 Kilogramm Kat.

Am 6. März entdeckte die Bundespolizei 312 Kilo im Laderaum eines Autos. Am 2. Februar waren es 548 Kilo. Am 29. Januar stellten Fahnder gleich zweimal große Mengen sicher: 197 und 385 Kilo. Immer wieder auf der A7.

Die Autobahn nach Dänemark ist zur wichtigsten Transportroute für die Droge in Europa geworden. Von den Niederlanden aus wird die Ware auf der Straße nach Skandinavien gebracht, dem größten Absatzmarkt für Kat in der EU.

Regelmäßig fallen den Fahndern verdächtige Fahrzeuge, Autos oder Kleinlaster auf, die wegen ihrer schweren Fracht tiefer auf der Straße liegen. Ein Hinweis auf einen Kat-Transport sind auch verdunkelte oder von den Ausdünstungen der Blätter beschlagene Fensterscheiben. Denn die Droge wirkt nur frisch und ist leicht verderblich - schon zwei bis drei Tage nach der Ernte ist sie wertlos: Die Schmuggler müssen schnell sein.

Dramatische Verfolgungsjagden mit der Polizei

Immer wieder kommt es auf der A7 zu dramatischen Szenen: “Die Täter schrecken nicht davor zurück, sich Verfolgungsjagden mit der Polizei zu liefern”, sagt Matthias Menge, Hauptkommissar der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt. Seit Jahresbeginn beschlagnahmte seine Behörde allein in Schleswig-Holstein 2,7 Tonnen Kat. Etwa acht Tonnen waren es im vergangenen Jahr - die Zugriffe des Zolls und der Landespolizei nicht mit eingerechnet. Auch hinter der dänischen Grenze werden noch Schmuggler verhaftet. Für 2009 rechnen die Beamten mit einem weiteren Anstieg der Kat-Funde.

Bundesweit wurden laut Bundeskriminalamt 2008 insgesamt 29,5 Tonnen des Rauschgifts beschlagnahmt - mehr als doppelt so viel wie 2007 (13,5 Tonnen). “Kat ist ein Phänomen”, sagt Wolfgang Schmitz, Sprecher des Zollkriminalamts, “der Schmuggel ist in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen.”

Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr wurden neun Tonnen Marihuana aus dem Verkehr gezogen. Die großen Mengen sichergestellten Kats lassen sich auch durch die relativ schwache Konzentration erklären: Um eine Rauschwirkung zu erzielen, müssen viele Blätter gekaut werden.

Kat: Nach Kaffee das wichtigste Exportprodukt Äthiopiens

Kat wird aus den Blättern des gleichnamigen Strauchs gewonnen, der in Nordostafrika und dem Jemen angebaut wird. Beim Kauen der jungen, hellgrünen bis rötlichen Blätter wird der Wirkstoff Kathamin Cathinon freigesetzt. Kat hat eine euphorisierende, dem Amphetamin nicht unähnliche Wirkung, bei der das Hungergefühl unterdrückt wird. Die Wirkung tritt durch mehrstündiges Kauen ein. Seit 1998 ist Kat in Deutschland verboten.

In Ländern wie Kenia, Äthiopien, Somalia und dem Jemen hat das Kauen der Blätter Tradition. In Äthiopien ist Kat mit einem Anteil von etwa 15 Prozent nach Kaffee das zweitwichtigste Exportprodukt des Landes. Immer mehr Bauern steigen auf den lukrativen Anbau der Sträucher um.

Um die Mittagszeit kommt in der Region fast das gesamte Arbeitsleben zum Erliegen, dann hocken vor allem die Männer mehrere Stunden lang Kat kauend beieinander. In Europa ist die Droge vor allem bei Konsumenten afrikanischer und arabischer Herkunft beliebt. Über die Niederlande, in denen das Rauschmittel nicht verboten ist, werden die Blätter von Afrika aus eingeflogen.

Für die Schmuggler ein gutes Geschäft. Zwei bis drei Dollar kostet eine Plastiktüte voll Kat in Afrika. In Europa können sie die Droge für ein Vielfaches verkaufen. Die Angaben über die Schwarzmarktpreise in der EU schwanken zwischen 60 und 250 Euro für das Kilo. “In Dänemark ist eine Tonne Kat mindestens 60.000 Euro wert”, sagt Bundespolizist Menge.

Sechs Jahre Haft für 6,5 Tonnen Kat

“Mit Kat kann viel Geld verdient werden”, bestätigt auch Zollkriminalamtssprecher Schmitz. So verurteilte im August vergangenen Jahres das Landgericht Bonn den Chef einer Drogenbande zu fast sechs Jahren Haft, der mit dem Verkauf von 6,5 Tonnen Kat bis zu einer Millionen Euro umgesetzt hatte.

Die Bande brachte das aus Kenia stammende Kat zunächst per Flugzeug in die Niederlande, um es dann von Deutschland aus mit 335 Kurierflügen nach Helsinki zu schaffen. Ein Teil der Droge wurde auch direkt in Deutschland verkauft.

“Kat wird zunehmend auch in die Ballungsräume Ruhrgebiet, Hamburg und Berlin geliefert”, sagt Zollfahnder Schmitz. Seine Befürchtung: “Es besteht die Gefahr, dass die Nachfrage nach Kat auch unter Deutschen wächst.” Die Konsumenten stiegen zunehmend auf vermeintlich harmlose Biodrogen um. “Wir sehen bei den weichen Drogen seit langem einen Anstieg, während chemische Drogen wie Ecstasy zurückgehen”, sagt der Beamte.

Sabine Bätzing, Drogenbeauftragte der Bundesregierung, hält diese Befürchtungen für übertrieben. “Uns liegen keine Erkenntnisse vor, dass Kat innerhalb Deutschlands vermehrt konsumiert wird”, sagt die Politikerin. Die sichergestellten Mengen seien vor allem auf den Transithandel und nicht auf einen Anstieg der Nachfrage in Deutschland zurückzuführen.

Psychische Abhängigkeit

Anders verhält es sich in Großbritannien, dort ist Kat legal. Berichten der britischen Presse zufolge erfreut sich die Kaudroge bei Jugendlichen großer Beliebtheit. Eingewickelt in Bananenblätter werden die Kat-Bündel bei Gemüsehändlern zwischen Gurken und Zucchini angeboten. Der Deutsche Christopher Kamper studiert in London und hat Kat ausprobiert: “Außer einem veränderten Zeitgefühl habe ich beim Kauen von Kat nichts bemerkt. Aber je länger man das kaut, desto größer wird die Wirkung.”

Eine Studie im Auftrag des Britischen Parlaments stuft Kat im Vergleich mit anderen Drogen als wenig gefährlich ein. Bei den Aspekten Abhängigkeit und gesundheitliche Schädigung lag Kat auf den letzten Plätzen - hinter Alkohol und Tabak.

Die Drogenbeauftragte Bätzing warnt jedoch entschieden vor einer Verharmlosung der Droge: “Die in der Katpflanze enthaltenen Wirkstoffe Cathin und Cathinon sind dem Betäubungsmittelgesetz unterstellt worden, weil sie zu einer psychischen Abhängigkeit führen können.”

Von Peter Neitzsch

Mittwoch, 29. April 2009

Russische Marine setzt vor Somalia 29 Piraten fest

Die russische Marine hat vor der Küste Somalias 29 mutmaßliche Piraten gefasst. Ein russischer Zerstörer habe das Boot gestoppt und 29 Insassen in Gewahrsam genommen, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. An Bord seien sieben Kalaschnikow-Gewehre, mehrere Handfeuerwaffen, Munition und zum Teil Satelliten gestützte Navigationsgeräte sichergestellt worden. Die Angriffe von Piraten vor der Küste Somalias, im Golf von Aden und im Indischen Ozean haben seit 2008 deutlich zugenommen. Derzeit sind 16 Schiffe und mehr als 250 Seeleute in der Gewalt von Seeräubern.


Unterstützung auch in schwierigen Zeiten - PORIT baut Bildung auf

Trotz Wirtschaftskrise unterstützen die fünf Gesellschafter der PORIT-Gruppe mit 10.000 Euro auch in diesem Jahr das Bildungsprojekt der UNICEF, von dem Millionen von Kindern profitieren. 2008 konnten unter dem Motto „Stein für Stein, Tag für Tag“ insgesamt 30.000 Euro aus dem Verkaufserlös von PORIT-Steinen an UNICEF-Botschafterin Bärbel Schäfer übergeben werden. In diesem Jahr wurde während der „BAU 2009“ auf dem Messestand eine Malaktion zum Thema „Schulen für Afrika“ initiiert, an der sich im Rahmen eines Unterrichtsprojektes 120 Schüler einer Münchner Hauptschule beteiligten. Die fünf besten Bilder wurden von PORIT für jeweils 2.000 Euro aufgekauft. PORIT hatte diese Aktion ins Leben gerufen, um einerseits das UNICEF-Hilfsprojekt zu unterstützen und andererseits die Schüler selbst sowie Tausende von Messebesuchern für das Thema zu sensibilisieren. Zur feierlichen Übergabe des Schecks an Bärbel Schäfer wurden die Schüler aus München am 22. April zu einer Exkursion in die Rodgauer Baustoffwerke eingeladen, wo sie neben vielen aktuellen Infos zum Hilfsprojekt auch die Herstellung von Porenbeton und Kalksandstein kennen lernen durften.

Ziel von “Schulen für Afrika“ ist es, dass in den sechs ausgewählten Ländern Angola, Malawi, Ruanda, Mosambik, Simbabwe und Südafrika die Ärmsten der Armen eine Bildungschance und damit die Aussicht auf eine bessere Zukunft bekommen. Mit den Spenden von PORIT und anderen deutschen Unternehmen hat UNICEF in den letzten Jahren bereits 680 Schulen neu gebaut oder wieder in Stand gesetzt. Mehr als 740 Schulen haben Trinkwasseranschluss und hygienische Einrichtungen erhalten. Rund 830 Schulen erhielten Tische, Bänke, Tafeln oder weitere Ausstattung wie Stifte oder Papier. Über 1,3 Millionen Kinder haben so jetzt überhaupt die Möglichkeit zu lernen. Zudem wurden über 80.000 Lehrer geschult, wodurch sich die Unterrichtsqualität für 3,6 Millionen Kinder verbessert hat.

„Mit unseren Aktionen wollen wir Verständnis für die Notwendigkeit zur Unterstützung von Hilfsprojekten wecken, denn auch wenn es bei uns in Deutschland zur Zeit wirtschaftlich nicht so gut läuft, gibt es in Afrika extrem arme Menschen, die unsere Hilfe dringend nötig haben“, sagt Rudolf Dombrink, Geschäftsführer der PORIT GmbH. „Die Investition in dieses Projekt begeistert uns, weil es Zukunft garantiert und weil es konkret mit dem Bauen verbunden ist.“
Als gemeinsame Marke von fünf mittelständischen Anbietern stellt die PORIT-Gruppe Baustoffe für den Mauerwerksbau her und vermarktet diese bundesweit als PORIT Porenbeton.

Über PORIT GmbH

Als gemeinsame Marke von fünf mittelständischen Anbietern ist PORIT bundesweit vertreten. Nach ihrer Markenphilosophie sind die fünf Partner hoch motivierte, in ihrer Region bedeutende Porenbeton-Hersteller, die gleichberechtigt zusammen arbeiten und sich an einem gemeinsam erarbeiteten und beschlossenen Geschäfts- und Marketingkonzept orientieren. Jedes Unternehmen für sich ist ein Kompetenzzentrum mit einer umfangreichen, aufeinander abgestimmten Produktpalette. Dicht am Kunden werden Marktbedürfnisse erkannt und gemeinsame Strategien und Produkte für die Zukunft erarbeitet.

Text und Bilddaten stehen zum Download bereit unter www.porit.de unter dem Menüpunkt “Presse-Service” oder beim
Ansprechpartner für Redaktion und Bild:
Roger Mayer, intens kommunikation, Landfriedstraße 12, 69231 Rauenberg, Tel. 06222/5850-21, Fax 06222/5850-22, E-Mail: roger.mayer@intens.de

Größtes deutsch-marokkanisches Forum auf europäischem Boden

Über 15.000 Menschen werden vom 7. bis 10. Mai in Offenbach die Gelegenheit nutzen, das größte deutsch-marokkanische Forum für Wirtschaft und Kultur in Deutschland zu besuchen. Erwartet werden neben den Besuchern auch Gäste aus Wirtschaft, Kultur, Politik und Diplomatie beider Länder. Aufstrebender Wirtschaftsstandort, Kulturmetropolen und große Offenheit prägen Marokko, zudem die große Nähe zu Europa. Knapp drei Flugstunden liegen zwischen Frankfurt und den Zentren Marokkos. Vor allem die wirtschaftlichen Belange prägen den Ablauf des ersten Tages, der als Wirtschaftsforum von den Industrie- und Handelskammern Frankfurt, Offenbach, Hanau und Darmstadt unterstützt wird.

Die Bandbreite auf dem Maroc Forum reicht damit von wirtschaftlich spannenden Positionierungsgesprächen - auch mit bereits erfolgreich dort arbeitenden Firmen - bis hin zu kulturellen Darbietungen. Dazu zählt marokkanische Küche ebenso wie Folklore, die aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, wie fortschrittlich das Land tatsächlich ist. Weit mehr als verdreifacht haben sich die Besucherzahlen des Maroc Forums seit dem Start vor drei Jahren. Kein Wunder, glaubt man Organisator Faryd Lyoubi: “Unternehmer gehen heute nach Indien oder China, um zu produzieren oder Produkte zu verkaufen. Warum so weit - Marokko ist näher, verfügt über Infrastruktur und Marktpotential.”

Firmen wie Kühne & Nagel haben die Vorteile bereits erkannt. Die prominenten Besucher aus Marokko zeigen das hohe Gewicht, dass Deutschland als Wirtschaftspartner beigemessen wird. Zu den Gästen zählen Wirtschaftsminister Nizar Baraka und Landwirtschaftsminister Aziz Akhennouch, die Schirmherrschaft übernehmen der marokkanische König Mohamed VI. sowie die deutsche Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek-Zeul. Interessierte finden weitere Informationen im Internet unter www.maroc-forum.de.

Das Maroc Forum 2009 (www.maroc-forum.de) bietet als Messe einen einzigartigen Brückenschlag zwischen dem aufstrebenden Wirtschaftsstandort Marokko und Deutschland. Ein lukrativer Absatzmarkt, gute Infrastruktur und räumliche Nähe zu Deutschland machen Marokko für Investitionen attraktiv. Bereits zum dritten Mal findet das Maroc Forum mit Unterstützung der umgebenden Industrie- und Handelskammern im Rhein-Main-Gebiet statt, in diesem Jahr vom 7. bis zum 10. Mai 2009 in den Hallen der Messe Offenbach.

Pressevertreter sind herzlich zur Pressekonferenz am 7. Mai um 11 Uhr in der Messe Offenbach eingeladen. Im Fokus stehen das Investitionsklima in Marokko und wie eine gute Zusammenarbeit beider Länder helfen kann. Anmeldungen formlos per E-Mail an team@euromarcom.de oder per Fax an 0611 719290

Pressekontakt:
Weitere Informationen: Maroc Forum, Goethestrasse 94, 63063
Neu-Isenburg, E-Mail: info@maroc-forum.de, Web: www.maroc-forum.de
PR-Agentur: euro.marcom dripke.pr, Tel. 0611 - 973150, E-Mail:team@euromarcom.de

Dienstag, 28. April 2009

Handynutzung in Afrika

In Fragen des Mobilfunks ist der afrikanische Kontinent im Vergleich zu Europa weit voraus.
Das schreibt Daniel AJ Sokolov im Computermagazin „c't“.


Im Topic bei Breitband berichtet er über die Handynutzung in Afrika.

Über 280 Millionen Handy-Nutzer telefonieren in Afrika ohne die in Europa üblichen Roaminggebühren. Das macht das Mobiltelefon nicht nur attraktiv, sondern wirtschaftlich in Afrika erst möglich. Im Vergleich dazu gibt es nur 30 Millionen Festnetzanschlüsse.
Da es in Afrika keine Breitband-Internetverbindung gibt, erfüllen die Handys auch Funktionen, die über das reine Telefonat hinausgehen. Datendienste oder Geldtransfer werden über die Mobilfunknetze per Handy erledigt.
Dadurch, dass die Mehrheit der Handynutzer in Afrika arm ist, sind auch ganz neue Geschäftsmodelle entstanden. In ihren Häusern oder Wohnungen gibt es häufig keinen Strom zum Aufladen der Mobiltelefone. So bieten Besitzer einer Autobatterie ihre Dienste an und vermieten die Autobatterie zum Aufladen. Handybesitzer wiederum vermieten ihr Telefon an jene, die sich kein eigenes Handy leisten können.
Das Handy hat in Afrika auch zur Transparenz in der Preispolitik des Fischhandels beigetragen. Wie das? Der Viktoriasee im Dreiländereck von Kenia, Tansania und Uganda, ist der zweitgrößte See der Erde. Seine Fläche ist mit 68000 Quadratkilometern ähnlich groß, wie das Bundesland Bayern. Der See wird von GSM Handy-Netzen abgedeckt. Fischer können per Mobiltelefon auf dem See herausfinden, in welchem Hafen sie den höchsten Preis für ihren Fang erzielen werden und so gezielt bestimmte Häfen anlaufen.

Tabubruch – Der neue Weg von Homosexualität im Fußball

"Tabubruch – Der neue Weg von Homosexualität im Fußball" - so heißt der zweite Teil von Aljoscha Pauses Dokumentation, die am 19. Mai 2009 um 20 Uhr im DSF gezeigt wird. Der Filmautor hat die brisante Thematik nach der ersten erfolgreichen Doku im vergangenen Jahr weitere 12 Monate beobachtet und mit der Kamera begleitet. Er stellt nun die Frage, ob es nach der „Initialzündung“ 2008 bei DFB und Liga den Tabubruch nun tatsächlich gegeben hat. Wie sieht sie aus, die Entwicklung zu einem wohlwollenden Miteinander, jenseits von Diskriminierung?
Dabei stößt die Dokumentation auf viele neue Erkenntnisse. Exklusiv begleitet sie die DFB-internen Prozesse und Meetings, und ist dabei als beschlossen wird, dass - noch 2009 - sogar ein Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft unter dieses Motto (gegen Homophobie im Fußball) gestellt werden soll.

Kölns Trainer Christoph Daum äußert sich in einem ausführlichen Interview zu seinen streitbaren Thesen des vergangenen Jahres – und nimmt nun sogar die Auslosung des Kölner „Come Together Cups 2009“ vor.

Der Film dokumentiert auch die internationalen Aspekte von Homosexualität und Fußball. In Holland engagiert sich unter anderen Meistertrainer Louis van Gaal und kommt ebenso zu Wort wie Italiens Ex-Profi Demetrio Albertini und Bayern-Star Luca Toni. In Kooperation mit dem italienischen Sender „La7“ äußert sich ein ehemaliger Profi der „Serie C“, der mittlerweile als Callboy arbeitet. Er stand bereits zahlreichen Profis der italienischen ersten Liga für Liebesdienste zur Verfügung und berichtet von seinen Erfahrungen.

Auch der Frauenfußball findet ausführliche Berücksichtigung. Deutschlands zweimalige Fußballerin des Jahres, Martina Voss, erzählt davon, wie sie nach Differenzen mit ihrer damaligen Lebensgefährtin Inka Grings von der Nationalmannschaft ausgeschlossen wurde. Heute ist sie Trainerin von UEFA-Cup-Finalist FCR Duisburg. Ihre beiden Leistungsträgerinnen – die aktuellen Nationalspielerinnen Inka Grings (eben jene, wegen der Martina Voss aus dem DFB-Team flog) und Linda Bresonik – berichten über ihre extrem unangenehmen Erfahrungen mit der Boulevardpresse, als vor ein paar Jahren sehr private Details ihrer damaligen Beziehung an die Öffentlichkeit kamen. Erstmals nehmen damit aktuelle deutsche Nationalspielerinnen im Fernsehen zu ihrer homosexuellen Beziehung Stellung.

Aljoscha Pause und sein Team begleiteten mit der Kamera ebenso den ersten DFB-Auftritt bei einem Christopher Street Day (Wagen der schwul-lesbischen Fanclubs in Köln, Juli 2008, der vom DFB finanziert wurde), wie die Verleihung des „Tolerantia-Preises“ an Dr. Theo Zwanziger, Philipp Lahm und Deutschlands führende Aktivistin in Sachen Homosexualität und Fußball, Tanja Walther-Ahrens, die Präsentation des ersten Buches zur Thematik („Der Versteckspieler“) unter Mitwirkung von Ex-DDR-Jugendnationalspieler Marcus Urban und dem schwulen Präsidenten des FC St. Pauli, Corny Littmann, der deutlich macht, dass es auch in Deutschland Netzwerke schwuler Fußballprofis gibt und, dass Trainer Christoph Daum nach seinen Äußerungen des Vorjahres beim FC St. Pauli keine Zukunft gehabt hätte.

Eine große Umfrage unter Bundesliga-Profis komplettiert die 60-minütige Dokumentation.

* Ausstrahlung: Dienstag, 19. Mai 2009 um 20 Uhr im DSF.
* Wiederholung: Montag, 01. Juni 2009 um 19.15 Uhr

Kenianische Behörden beschlagnahmen 700 Kilogramm Elfenbein

Den kenianischen Behörden ist der seit Jahren größte Schlag gegen den illegalen Handel mit Elfenbein gelungen. Im Süden des Landes nahmen Polizei und Wildhüter nach eigenen Angaben zwei Männer fest, die rund 700 Kilogramm der wertvollen Stoßzähne in einem Geländewagen transportierten. Die Behörden hätten im Fahrzeug der aus Kenia und Tansania stammenden Männer insgesamt 90 Elfenbeinstücke gefunden, darunter 33 komplette Stoßzähne, teilte der Wildhüter George Osuri vom Amboseli National Park am Montag mit.

Die Tiere seien vermutlich in Kenia oder in Tansania illegal gejagt und erlegt worden, sagte Osuri. In den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts hatte Wilderei die Zahl der Elefanten in Kenia dramatisch reduziert. Seitdem der Handel 1989 weltweit verboten wurde, haben sich die Bestände wieder einigermaßen erholt.

DED unterstützt erfolgreich Kampf gegen Korruption in Afrika

Die erfolgreiche Unterstützung lokaler Partnerorganisationen durch den Deutschen Entwicklungsdienst (DED) im Kampf gegen die Korruption erhält internationale Anerkennung: Voies Nouvelles (”Neue Wege”), eine kamerunische Partnerorganisation des DED, hat den weltweit ausgelobten Global Integrity-Preis als bestes Antikorruptions-Projekt gewonnen.

Voies Nouvelles engagiert sich seit 2007 in der Beobachtung der Umsetzung des öffentlichen Investitionsbudgets im Bildungssektor. Dazu wird die Bevölkerung selbst in die Kontrolle der Bauvorhaben einbezogen und leistet so einen Beitrag dazu, dass Schulen in akzeptabler Qualität erbaut werden. Neu geschaffene Komitees nehmen Beschwerden entgegen und prüfen mit unabhängiger Expertise inwieweit hochwertiges Baumaterial verwandt wurde und Vorgaben eingehalten wurden. In den Bezirken, in denen Voies Nouvelles arbeitet, ist die Realisierungsquote des öffentlichen Investitionsbudgets zwischen 2006 und 2008 von 54,16% auf 87% gestiegen. “Die Auszeichnung zeigt, dass der DED mit seinem Engagement der Korruptionsbekämpfung und gleichzeitig der Demokratieförderung auf dem richtigen Weg befindet”, erklärt Jürgen Wilhelm, Geschäftsführer des DED. Der Preis sei eine Bestätigung dafür, dass sich der DED als Mitglied des Global Compact der Vereinten Nationen bei seiner Programmgestaltung an den zehn Global-Compact-Prinzipen orientiere und damit einen bedeutenden Beitrag für soziale und ökologische Verantwortung weltweit leiste.

Der Erfolg von Voies Nouvelles auf dem Gebiet der Korruptionsbekämpfung und der Suche nach größerer Effizienz und Effektivität bei der Verwendung öffentlicher Mittel ist auch ein Ergebnis der vorbildlichen Zusammenarbeit mit dem DED. Der DED unterstützt die Arbeit der Organisation seit 2007. Diese Aktivitäten sind Teil des DED-Engagements zur Dezentralisierung, guter Regierungsführung und lokaler Entwicklung in Kamerun. Nach dem Korruptionsbarometer von Transparency International ist Kamerun seit vielen Jahren eins der korruptesten Länder weltweit. Weitere Informationen zum DED in Kamerun finden Sie unter http://kamerun.ded.de

Der DED: Weltweites Engagement - Partnerschaft vor Ort Der Deutsche Entwicklungsdienst (DED) ist einer der führenden europäischen Personalentsendedienste der Entwicklungszusammenarbeit. Gemeinsam mit seinen Partnern in Afrika, Asien und Lateinamerika tritt er für die Minderung der Armut, eine selbstbestimmte nachhaltige Entwicklung und den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen ein. Der DED arbeitet im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Er ist in über 45 Ländern tätig.

Pressekontakt:

Angela Krug
Pressesprecherin
Deutscher Entwicklungsdienst gGmbH
Tulpenfeld 7
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Sierra Leones ungestillter Hunger nach Arbeitsplätzen

Sierra Leone, in den neunziger Jahren von einem blutigen Konflikt heimgesucht, macht heute einen friedlichen Eindruck. Aber die wirtschaftlichen Spätfolgen des Krieges und die aufziehende Wirtschaftskrise gefährden die Stabilisierung.

Wie die meisten Sierra-Leoner, die keiner geregelten Arbeit nachgehen, hat Victor Kuruma Mühe mit seiner Haushaltrechnung. Der ehemalige Kindersoldat erzählt stolz, dass er als Fahrer eines «Okada», eines Motorradtaxis, an einem guten Tag umgerechnet 6 Franken verdiene. Aber auf die Frage, weshalb er sich mit dem Geld keine Wohnung leisten könne, weiss der 27-Jährige keine Antwort. Er lebt in Makeni, einer Provinzstadt 150 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Freetown, wo Hütten aus Holz und Wellblech für eine Monatsmiete von 12 Franken zu haben wären. Victor zieht es vor, in einem feuchten Betonbau zu hausen. Sein ganzer Besitz besteht aus einem Bündel Kleidern, einem Teller, Besteck, einem Kocher, einer Dose Hautcrème und einer Öllampe.

Keine Zeit für Kriegstraumata

Victor, der sich schlaksig bewegt und alles «cool» findet, ist dennoch guten Mutes. Vor sieben Jahren, am Ende des Bürgerkrieges, war das anders. Als Mitglied einer Rebellenarmee, deren Kämpfer sich mit Drogen zudröhnten und ganze Landstriche terrorisierten, sei er von der Bevölkerung bedroht und geschnitten worden. Heute frage niemand nach seiner Vergangenheit, sagt er. Von den «Okada»-Fahrern von Makeni sind die meisten ehemalige Kindersoldaten. Auf dem Marktplatz halten sie Ausschau nach Kunden. Kriegsversehrte gehen vorbei, denen Unterarme oder Hände abgehackt wurden. Mit dieser teuflischen Bosheit hatten ihnen die Rebellen bedeutet, dass sie ihre Stimme nie mehr gegen die Aufständischen in die Urne legen würden. Einige wechseln die Strassenseite, wenn sie den Burschen begegnen. Streit gebe es nie, sagt Victor.

Die Wiedereingliederung der über 10 000 ehemaligen Kindersoldaten des Kriegs von 1991 bis 2002 gilt offiziell als abgeschlossen. In Makeni finanzierten Hilfsorganisationen die Ausbildung von 450 jugendlichen Rebellen zu Motorradtaxi-Fahrern. Victor Kuruma konnte ausserdem die Schule des Hilfswerks SOS-Kinderdorf besuchen, das mit Spenden aus der Schweiz unterstützt wird. Die Schule gilt als die beste der Stadt. Seither sind die Programme und Organisationen, die sich um die Reintegration der Jugendlichen kümmerten, aufgelöst worden oder widmen sich anderen Aufgaben. Die Behandlung von Kriegstraumata ist kein Thema. Der einzige Psychiater des Landes lebt in Freetown und behandelt nur zahlende Patienten. Die früheren Kämpfer sind auf ihre Familie angewiesen oder auf sich selber gestellt.

Das Gebäude, in dem Victor Kuruma mit rund 20 ehemaligen Kameraden haust, ist ein ehemaliges Spital. Es wurde im Krieg zerstört. Dann bezogen die Rebellen darin ihr örtliches Hauptquartier und nannten es «Pentagon». Im Jargon seiner Bewohner heisst es noch heute so. Victor und seine Freunde haben ein eher gespaltenes Verhältnis zu ihrer Vergangenheit. «Issa Sesay war wie ein Vater zu mir», sagt Victor von einem der Rebellenchefs. Das Kriegsverbrechertribunal für Sierra Leone in Freetown hat Sesay und zwei weitere frühere Rebellenführer unlängst zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Das sei schon richtig, sagt Victor; Sesay sei schuldig, auch, weil er ihm und seinesgleichen die Kindheit gestohlen habe. «Aber ich kann ihn nicht hassen. Ich werde ihn im Gefängnis besuchen.»

Hilfsorganisationen bezeichnen die gesellschaftliche Wiedereingliederung der jungen Ex-Rebellen als Symbol für die nunmehr friedliche Entwicklung Sierra Leones. Für endgültige Erfolgsmeldungen ist es jedoch zu früh. Zwar herrscht Frieden im Land: Die Kriegsflüchtlinge sind aus den Lagern der Nachbarländer zurückgekehrt. Es gibt auch «Just Comes» – Sierra-Leoner, die nach England oder Amerika gingen, ihr Glück nun aber wieder in der Heimat suchen. In Freetown fahren sie hupend und mit offenem Verdeck durch die Strassen. Vor zwei Jahren brachten Wahlen einen geordneten Machtwechsel mit sich. Die schlimmsten Kriegsverbrecher wurden abgeurteilt.

Flair für möglichst hohe Messlatten

Aber die Entwicklung stockt. Obwohl das Uno-Entwicklungsprogramm seine Erhebungen aufdatiert hat, gehört Sierra Leone nach wie vor zu den einkommensschwächsten Ländern der Welt. Bei der Sterblichkeit von gebärenden Müttern und Kleinkindern steht das Land gar weltweit am schlechtesten da. Die Wirtschaft ist seit 2002 mit jährlichen Raten von 6 bis 8 Prozent gewachsen. Ausländische Wirtschaftsexperten in Freetown sehen darin eine erwartungsgemässe Erholung nach dem Stillstand der Kriegsjahre, nicht Anzeichen für einen strukturellen Fortschritt. Vor dem Krieg gab es im Land mehr als 30 Fabriken. Heute gibt es noch 4 – 2 Brauereien sowie eine Flaschen- und eine Zementfabrik. Ein kommerzieller Landwirtschaftssektor ist so gut wie inexistent. Der Ausbau der Infrastruktur hinkt der Bevölkerungsentwicklung um Jahrzehnte hinterher; Wasser- und Stromversorgung fallen häufig aus.

Die Sierra-Leoner trotzen der Unbill mit einer liebenswerten Neigung, höchste internationale Massstäbe an sich anzulegen. Das Fourah Bay College auf Mount Aureol, dem Hausberg Freetowns, soll wieder die beste Universität Westafrikas werden, die sie einmal war. Die Polizei folgt den Empfehlungen westlicher Entwicklungshelfer aufs Wort und hat in den ärmeren Wohnquartieren Einheiten zur «Familienunterstützung» stationiert. Diese verfügen zwar über keine Computer und kaum über Fahrzeuge, sollen jedoch bei Fällen familiärer Gewalt eingreifen. Die unabhängige Anti-Korruptions-Kommission gilt als vorbildlich. Letztes Jahr erliess das Parlament ein neues Gesetz, mit dem die Zahl der Vergehen, bei denen die Kommission ermitteln kann, von 9 auf 29 erhöht wurde. Fast als einzige derartige Institution in Afrika untersucht die Kommission Korruptionsfälle nicht nur, sondern verfolgt sie auch strafrechtlich.

Die Strategie, wenn es denn eine ist, gleicht dem Gespann eines Formel-1-Boliden, der einen Heuwagen zieht. Der Menschenrechtsanwalt Joseph Kamara, zurzeit stellvertretender Chefankläger des von der Uno unterstützten Kriegsverbrechertribunals, sieht darin nur Vorteile. Da das juristische Personal des internationalen Strafgerichts paritätisch aus Sierra-Leonern und Ausländern zusammengesetzt ist, erhielten die Einheimischen eine vortreffliche Ausbildung, sagt er. Das Tribunal soll die Arbeit dieses Jahr beenden. Das Verfahren gegen den ehemaligen liberianischen Präsidenten Charles Taylor, das aus Sicherheitsgründen in Den Haag stattfindet, dürfte sich bis 2010 hinziehen. Kamara weist auch auf die Breitenwirkung hin. Das Tribunal wird von Dorfvorstehern und Vertretern von Jugendklubs und Interessengruppen aus dem ganzen Land besucht. Umgekehrt treten Vertreter des Gerichts regelmässig bei öffentlichen Veranstaltungen in Quartieren und Provinzstädten auf.

Lahmende Wirtschaft

Beobachter in Freetown sind sich darin einig, dass ausländische Hilfe und die besten Reformvorhaben nichts nützen, solange die Wirtschaft nicht vorankommt. «Wir brauchen Jobs, Jobs und nochmals Jobs», sagt der westliche Berater eines Schlüsselministeriums. Die Diamanten, für die Sierra Leone berühmt ist, zeigen die Schwäche der Volkswirtschaft. Obwohl sie mit 130 Millionen Dollar letztes Jahr 60 Prozent der Exporteinnahmen beigesteuert haben, beträgt ihr Anteil an der Wirtschaftsleistung des Landes bloss knapp 6 Prozent. Nun sind die Einnahmen des Sektors als Folge der weltweiten Rezession im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent eingebrochen. Die Regierung von Präsident Ernest Koroma wurde von der Entwicklung kalt erwischt. Weil sie bessere Bedingungen aushandeln wollte, kündigte sie letztes Jahr die Förderverträge mit den Minengesellschaften. Doch diese sind angesichts der Depression auf den Diamantenmärkten nicht gewillt, der Regierung entgegenzukommen. Da die Staatseinnahmen zu mehr als 50 Prozent von Zöllen und der Besteuerung des Aussenhandels abhängig sind, dürfte Sierra Leone kaum um empfindliche Sparmassnahmen herumkommen. Die Geberländer, allen voran Grossbritannien, behandeln Sierra Leone zwar grosszügig. Aber eine Erhöhung der Hilfe ist angesichts der Wirtschaftslage wenig wahrscheinlich.

Freetown macht einen gesitteten Eindruck; auch nach Einbruch der Dunkelheit kann man sich in den meisten Quartieren frei bewegen. Aber wie lange noch? In der Altstadt mit ihren zwei- und dreistöckigen Wohnhäusern aus farbig gestrichenem Holz oder Wellblech wächst die Spannung. Wohnungen und Strassen sind hoffnungslos überfüllt. Die Jugend ist politisiert und hat hohe Erwartungen. Nach einer lokalen Nachwahl kam es Mitte März im Zentrum von Freetown zu einem Streit zwischen Anhängern der Regierungspartei und Anhängern der Opposition, der sich zu gewaltsamen Ausschreitungen ausweitete. Die Polizei setzte Tränengas ein.

Transitland für Drogenhändler

Von den ehemaligen Kindersoldaten können sich Victor Kuruma und seine Kameraden zu den glücklicheren zählen. In der Hauptstadt sind Tausende von ihnen ohne Aussicht auf Arbeit. Laut dem stellvertretenden Generalinspektor der sierra-leonischen Polizei, Francis Muna, sind einige in die Kleinkriminalität abgedriftet. Mehr Sorgen als die Jugendbanden bereiten Muna die südamerikanischen Drogenkartelle, die sich in Westafrika festzusetzen versuchen. Laut Uno-Büro wird bereits mehr als ein Viertel des in Europa verbrauchten Kokains von Südamerika via Westafrika geschleust. Guinea und Guinea-Bissau gelten unter Fachleuten schon jetzt als «Narkostaaten».

Ein Kokain-Prozess am Obersten Gericht in Freetown zieht derzeit mehr Aufmerksamkeit auf sich als das Kriegsverbrechertribunal; eine venezolanische Drogenbande ist dabei angeklagt, über 700 Kilo Kokain in einem Kleinflugzeug nach Sierra Leone gebracht zu haben. Von hier sollte die Ware in Nachbarländer geschleust und mit Kurieren auf internationalen Flügen nach Europa geschmuggelt werden. Seitdem die Einzelheiten des Falls bekanntwurden, geht unter Diplomaten die Angst um, die Drogenkartelle könnten die Rolle der Kriegsfürsten im Bürgerkrieg übernehmen. «Sierra Leone ist noch nicht über dem Berg», sagt ein ausländischer Diplomat. Wenn jemand ein Interesse an einer Destabilisierung habe, sei es ein Leichtes, Unruhe zu stiften.

Hochrangiger UNO-Beobachter warnt vor Ausweitung des Konflikts in Darfur

Der Sonderbeauftragte für die Friedensmission der Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union in Darfur, Adada, hat vor einer Eskalation des Konflikts in der Krisenregion gewarnt. Die Gefahr einer Ausweitung der Angriffe auf Zivilisten sei allgegenwärtig, sagte Adada vor dem UNO-Sicherheitsrat in New York. Die Hoffnung, dass eine gemeinsame Erklärung der sudanesischen Regierungstruppen und der Rebellen vom Februar zu einer Befriedung führen könne, habe sich bisher nicht erfüllt. Zudem werde im Zuge der Ausweisung von mehreren Hilfsorganisationen eine katastrophale Versorgungslage befürchtet.


Journalisten in Somalia entführt

In Somalia haben islamistische Milizen drei Rundfunkjournalisten entführt und die Radiostation der Stadt Baidoa geschlossen. Bei den von der radikalen Shebab-Miliz (Shabab) am Sonntag verschleppten Personen handelt es sich um führende Journalisten aus somalischen Medien.

Bei den drei Entführten handelt es sich um den Direktor des Senders “Radio Jubba”, Muktar Mohammad Atosh, den Chefredakteur Adawe Adan und den Reporter Mohammad Nour Mohammad, wie der somalische Journalistenverband am Dienstag bekanntgab. Baidoa wird von der Shebab-Miliz kontrolliert, die dort das durch den Abzug der äthiopischen Interventionstruppen entstandene Machtvakuum füllen konnte.

Das ostafrikanische Land ist seit nahezu zwei Jahrzehnten vom Bürgerkrieg zerrissen; die neue, international anerkannte, aber nur auf dem Papier bestehende Regierung, an deren Spitze der - nunmehr als “moderat” eingestufte - Islamistenführer Sheikh Sharif Sheikh Ahmed steht, hat die Scharia eingeführt. Die internationale Gemeinschaft hat zuletzt auf einer Brüsseler Geberkonferenz 213 Millionen Dollar (163 Mio Euro) für den Wiederaufbau Somalias aufgebracht.

Die bittere Armut und das allgemeine Chaos gelten auch als Hauptursachen für die andauernden Piratenüberfälle im Golf von Aden. Die Lage in Somalia hatte sich mit dem vom Westen befürworteten Einmarsch der äthiopischen Armee 2006 gravierend verschlechtert; deren rücksichtsloses Vorgehen, wie auch der Einsatz schwerer Waffen in Wohngebieten hatten wesentlich zur Radikalisierung der Bevölkerung beigetragen. Schätzungsweise eine Million Menschen sind im Land auf der Flucht. Die Gesetzlosigkeit an der Küste nutzen Seeräuber, um in den Gewässern Handelsschiffe zu kapern und Lösegelder zu erpressen.

Im Februar war der Leiter des unabhängigen Rundfunksenders HornAfrik, Said Tahlil Ahmad, in Mogadischu auf offener Straße erschossen worden. Die Journalistenorganisation “Reporter ohne Grenzen” (RSF) stuft Somalia als das nach dem Irak gefährlichste Land für Berichterstatter ein. “Morde, Verhaftungen und Todesdrohungen gegen Journalisten sind gezielte Maßnahmen aller Konfliktparteien, den Fluss von Informationen aus dem Land zu verhindern”, hieß es in einem RSF-Bericht.

Montag, 27. April 2009

Neuer Baum entdeckt in Äthiopien

Die Entdeckung einer neuen Baumart ist an sich nichts Besonderes. Der Baum aber, den britische Botaniker nun erstmals beschreiben, versteckt sich nicht tief im Dschungel. Er ist auch keine Seltenheit, ganz im Gegenteil. Die Pflanze bedeckt in einem Teil Äthiopiens vielmehr die Hügel, so weit das Auge reicht - auf einer Fläche so groß wie die Insel Kreta. Acacia fumosa bestimmt dort die Landschaft.

Der Botaniker Mats Thulin hatte den Baum 2006 und 2007 bei Besuchen im Ogaden, dem östlichen, von Somalia umschlossenen Zipfel Äthiopiens, entdeckt. Das berichtet David Mabberley von den Royal Botanic Gardens in Kew bei London im Journal “Science”. Die Bäume sind etwa sechs Meter hoch, haben eine ausladende Krone und blühen in der Trockenzeit rosa, bevor sie ihre Blätter austreiben. Große Bestände fand der Botaniker südlich der Stadt Kebri Dehar, im Zentrum des Ogaden. Er schätzt, dass die Bäume das trockene, kalkhaltige Hügelland über eine Fläche von mehr als 8000 Quadratkilometer bedecken.

Jedes Jahr werden etwa 10.000 neue Arten entdeckt, davon etwa 2350 höhere Pflanzen. Es galt jedoch als äußerst unwahrscheinlich, dass heute noch eine Pflanze neu beschrieben werden könnte, die so verbreitet ist und das ganze Landschaftsbild bestimmt, schreibt Mabberley. Der Grund dafür ist sei die Unzugänglichkeit der Region - auch für Wissenschaftler. Nur an wenigen Stellen sind die Bäume von befestigten Straßen aus zu sehen. Dazu kommt, dass die Region zwischen Äthiopien und Somalia umstritten ist und es immer wieder zu Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Gruppen der “Ogaden National Liberation Front” kommt. Den Einheimischen waren die Bäume bekannt, da sie aber keinen Nutzwert für sie haben, scheinen sie ihnen keinen eigenen Namen gegeben zu haben, berichtet der Botaniker.

Starthilfe für Frauen in Uganda

Ilse Schummer aus Ladenburg besorgt mit ihrem Verein “Freunde Ugandas” afrikanischen Unternehmerinnen Kleinkredite

“Pole! Pole!” heißt in Uganda so viel wie “nur die Ruhe”. Doch Ruhe gönnt sich Ilse Schummer (Bild unten) selten. Es gibt viel zu tun, seit die Ladenburgerin 1991 den Entwicklungshilfeverein “Freunde Ugandas” gegründet hat. Gerade ist sie von ihrer diesjährigen “Dienstreise” aus dem ostafrikanischen Land zurückgekehrt. Dort hat sie wieder Projekte inspiziert, Kontakte geknüpft und viele Gespräche geführt.

Doch dass Reden allein nicht viel hilft, ist der früheren Grundschullehrerin schon lange klar. “Von all den Arbeitskreisen und teuren Großprojekten haben die Menschen oft nichts.” Das hat Ilse Schummer bereits in den 80er Jahren erkannt, als sie bei Einsätzen für den Deutschen Entwicklungsdienst ihre immer schon große Afrika-Faszination vertiefte.

“Sie hat uns wirklich geholfen.” Das sagen dagegen die Frauen in Mpigi und Wakiso, zwei ugandischen Distrikten, die so groß wie Baden-Württemberg sind, heute über Frau Schummer.

“Direkte Hilfe von Frau zu Frau”: So lautet auch das Motto der “Freunde Ugandas”. Ihre konsequent auf Frauen angewendete Idee des Friedensnobelpreisträgers Muhammad Yunus - nämlich Mikrokredite für Kleinstunternehmen zu geben, um ihnen den Start ins Unternehmertum zu erleichtern - hat mittlerweile Tausenden Existenzgründerinnen und damit deren Familien bescheidenen Wohlstand verschafft.

“Die Hauptlast der Arbeit lag immer schon auf den Schultern der Frauen”, erklärt Schummer. Auch John Bosco, dem Chef ihrer ehrenamtlichen Partnerorganisation vor Ort, war von Anfang an klar, dass nur Frauen die Gewinne auch wieder investieren und nicht zum eigenen Vergnügen ausgeben. Der Erfolg ist sogar messbar: Waren es 1991 acht Frauengruppen, deren Geschäftsideen mit Krediten in Höhe von jeweils rund 150 Euro angeschoben wurden, so sind es allein in diesem Jahr 368.

Dahinter verbergen sich jeweils bis zu 15 Klein-Unternehmerinnen mit insgesamt mehr als 44 000 Familienmitgliedern. “Früher haben die Frauen immer nur allem zugestimmt. Inzwischen können wir richtig miteinander diskutieren”, sagt Ilse Schummer. “Das gewachsene Selbstbewusstsein finde ich super.” Sie spricht immerhin von Frauen, die angesichts eines Mannes traditionell auf die Knie zu gehen hatten.

23 örtliche Koordinatoren

Nach den Pflichtkursen bei der örtlichen Partnerorganisation in Buchhaltung und Familienplanung bewilligt ihnen die Einrichtung mit 23 örtlichen Koordinatoren Kredite, die unter anderem vom zuständigen Bundesministerium bezuschusst werden. Der geschäftliche Erfolg ermöglicht es den Uganderinnen nicht nur, besser zu leben und alles zurückzuzahlen: Es reicht bald sogar fürs Schulgeld der Kinder und neue Geschäftsideen, die auch Arbeitsplätze schaffen. “Diese Arbeit hat mein Leben ungemein bereichert”, erklärt Ilse Schummer, deren Verein inzwischen die größte deutsche Nichtregierungsorganisation im Lande ist.

Bis 2012 wird sie sich noch mit aller Kraft engagieren und sich selbst dann mehr Muße gönnen. Ganz nach dem Motto: “Pole! Pole!”

Marc Engelhardt über den Widerstand afrikanischer Ökonomen gegen Hilfsgelder

Der einzige afrikanische Regierungschef, der beim G 20-Gipfel in London mit am Tisch saß, zeigte sich am Tag danach mit den Ergebnissen zufrieden. „Es gibt den festen Willen, die Weltwirtschaftskrise schnell in den Griff zu bekommen“, erklärte Südafrikas Präsident Kgalema Motlanthe. Einhundert Milliarden US-Dollar sollen direkt an Entwicklungsländer fließen, dazu kommen 750 Milliarden vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und weitere 250 Milliarden zur Ankurbelung der Weltwirtschaft. „Die Ärmsten wurden nicht vergessen“, freuten sich auch Entwicklungsorganisationen wie Bob Geldofs Netzwerk One.

Doch innerhalb Afrikas mehren sich die Stimmen, die die Wirtschaftskrise als Chance sehen, sich von der Hilfe aus dem Ausland zu emanzipieren. Einer der wortgewaltigsten Kritiker ist der kenianische Ökonom James Shikwati, der die Entwicklungshilfe komplett abschaffen will. „Hilfe, das klingt so unschuldig“, sagt Shikwati. „Aber das Problem sind die Folgen: Hilfe macht Afrika auf Dauer abhängig und redet den Menschen hier ein, dass sie ihre Probleme nicht selbst lösen können.“ Shikwati spricht von einem eingespielten System, dass Afrika in die Armut treibt. Die Entwicklungshilfe trage nicht zur Veränderung des Systems bei, sondern stütze es. „Nehmen Sie den IWF, der afrikanischen Staaten ständig neue Bedingungen auferlegt, unter denen sie Geld bekommen können: All diese Bedingungen nutzen zu allererst den Gebern im Westen, nicht den Empfängern.“ Deshalb fordert Shikwati eine Loskoppelung von Weltbank und IWF und den Aufbau eigener Institutionen wie eine afrikanische Zentralbank. „Für jeden Dollar Hilfe fließen hingegen 1,30 Dollar in die industrialisierte Welt zurück.“

Auch Praktiker aus der Wirtschaft schlagen inzwischen ganz ähnliche Töne an. Die sambische Ökonomin Dambisa Moyo, die bis vor kurzem bei der Investmentbank Goldman Sachs gearbeitet hat, wirft der Entwicklungshilfe Versagen vor. „Mehr als eine Billion US-Dollar Entwicklungshilfe in den vergangenen fünfzig Jahre haben kaum etwas erreicht.“ Hilfsgelder führten nicht zu Wachstum, sondern seien im Gegenteil eine Wachstumsbremse. „Hilfe führt zu Korruption, sie manifestiert Abhängigkeiten und nährt eine Bürokratie, die auf die Verwaltung des Status Quo statt auf die Förderung einer Unternehmerschicht ausgerichtet ist.“ Das gute an der Krise, sagt Moyo, deren Buch „Dead Aid“ gerade erschienen ist, sei der Zwang zum Wandel.

Dass Afrika sich selbst aus der Not befreien muss, glaubt auch der Börsenmakler Aly-Khan Satchu. Sein Ratgeber „Jeder kann reich werden“, der Bürgern helfen soll, zu Investoren zu werden, ist in Kenia zum Bestseller geworden. „Afrikaner sind im Herzen Unternehmer“, sagt Satchu. „Wo immer man hinguckt, sind Märkte, jeder versteht etwas von Preisen, vom Kaufen und Verkaufen, die Leute brauchen nur die Chance, dieses Wissen anzuwenden.“ Satchu verweist auf die Wachstumsraten der vergangenen fünf Jahre. In Ländern wie Südafrika oder Botswana, die das Unternehmertum gefördert hätten, sei die Wirtschaft überproportional gestiegen. „Derzeit haben wir eine Problem-Mentalität: Es gibt Probleme und man wartet, dass jemand hilft“, so Shikwati.

Mia Farrow hungert für Darfur

Solidarität mit Menschen in Krisenregion

Sie ist schon dünn, aber sie will hungern - wie die Menschen es jeden Tag in der Krisenregion Darfur tun müssen. Schauspielerin Mia Farrow will so auf die Lage im Sudan aufmerksam machen. Und hofft, dass die Regierungen der Welt endlich was tun.

Mit einer speziellen Vitaminkost bereitete sich die amerikanische Schauspielerin Mia Farrow auf den Hungerstreik vor, den sie heute aus Solidarität mit den Menschen in Darfur beginnen will. Die 64-Jährige teilte mit, dass sie ihre Aktion auf 21 Tage befristen werde. Sie lasse sich auch von ihrem Arzt nicht davon abhalten.

Situation in Darfur

In der westsudanesischen Region Darfur spielt sich seit sechs Jahren eine blutige Tragödie ab. In dem Konflikt zwischen Aufständischen und der muslimischen Zentralregierung starben nach UN- Angaben schätzungsweise 300 000 Menschen - viele verhungerten. Rund drei Millionen Menschen mussten ihr Zuhause verlassen. Schon 2004 warfen die USA der sudanesischen Regierung Völkermord vor, die Vereinten Nationen sprachen ein Jahr später von “völkermörderischen Absichten”.

“Welt schaut nur zu”

“Ich bin nur eine Schauspielerin”, sagte Farrow in einem Telefongespräch mit der Nachrichtenagentur AP. “Ich nehme nicht an, dass sich irgendjemand darum kümmern wird, ob ich verhungere.” Aber sie sei entschlossen, mit ihrem Hungerstreik ein persönliches Signal zu setzen.

Farrow hat bei der Ankündigung ihrer Aktion erklärt, sie sei empört “über eine Welt, die einfach nur zuschaut, wie unschuldige Männer, Frauen und Kinder unnötig wegen Hunger, Durst und Krankheiten sterben”. Sie fordere die Regierungen der Welt auf, dazu beizutragen, einen verlässlichen Friedensprozess für die sudanesische Region herbeizuführen. Der Hungerstreik der prominenten Schauspielerin ist Teil einer internationalen Kampagne gegen Völkermord. Im vergangenen Jahr nutzte Farrow die Olympischen Spiele in Peking, um auf die Lage in Darfur hinzuweisen.

Frau wegen Facebook-Besuch gefeuert

In der Schweiz verlor eine Angestellte ihren Job, weil sie sich trotz Krankschreibung im sozialen Netzwerk Facebook blicken ließ - und vom Arbeitgeber dabei erwischt wurde. VON BEN SCHWAN

Begründung der Entlassung: Wer surfen kann, kann arbeiten.

Wenn von Entlassungen im Zusammenhang mit Diensten aus dem Bereich des Mitmachnetzes die Rede ist, geht es zumeist um für den Arbeitgeber unangenehme Äußerungen - so sind Fälle bekannt, in denen sich Angestellte negativ im eigenen Blog über den Job äußerten oder rückverfolgbar schlechte Kommentare zur eigenen Firma in sozialen Netzwerken hinterließen. Dass man allein für die bloße Nutzung eines Web 2.0-Dienstes die Anstellung verlieren kann, kommt dagegen bislang eher selten vor - außer die Dienstanweisung verbietet es konsequent.

In der Schweiz kam es nun zu einem entsprechenden Fall - mit der Verkomplizierung, dass die betroffene Angestellte einer Basler Versicherung dem Facebook-Spaß sogar außerhalb der Firma frönte. Wie die Zeitung "20 Minuten" berichtet, kam es zu dem unangenehmen Ereignis bereits im November vergangenen Jahres. Frau B. habe sich wegen Migräne einen Tag lang krankschreiben lassen. Eine Woche später wurde sie dann zu ihrem Chef zitiert, der ihr fünf Minuten Zeit gab, ihre Sachen zu packen und das Unternehmen zu verlassen. Begründung: Sie habe an ihrem Fehltag das populäre soziale Netzwerk Facebook besucht. "Wer dies kann, kann auch arbeiten", so die Versicherung. Dabei habe die Angestellte doch angegeben, aufgrund ihrer Migräne nur im Dunkeln liegen zu können.
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Frau B. ist sich unterdessen keiner Schuld bewusst und wirft ihrem Arbeitgeber vor, ihr sogar nachspioniert zu haben. So habe sie einer ihr unbekannten Frau, die ihr mitgeteilt hatte, sie vom Fasching zu kennen, Zugriff auf ihr Profil erteilt, sie zur Freundin gemacht. Die müsse es wohl gewesen sein, die letztlich der Firma weitertrug, dass sie sich auf Facebook umgetan hatte. Zumindest konnte B.s Chef mit entsprechenden Auszügen aus ihrem Account "umherwedeln", wie "20 Minuten" weiter berichtet. "Ein Freund warnte mich noch, Kontakte anzunehmen, die ich nicht sicher kenne", so B. Irgendjemand aus der Firma habe ihr offenbar mit Hilfe dieses Kontakts nachspioniert. Deshalb sei für sie auch das Vertrauen in den Arbeitgeber zerstört.

Der sieht das ähnlich - nur umgekehrt. Die Facebook-Nutzung an sich habe nicht zur Beendigung des Arbeitsvertrages geführt, so die Versicherung in einer Stellungnahme gegenüber der Nachrichtenagentur "Reuters". Stattdessen gehe es um den Vertrauensmissbrauch, den die Frau begangen habe, indem sie erzählte, in dunklen Räumen liegen zu müssen, obwohl sie bei Facebook surfte. Auch Spionage will man nicht begangen haben. Stattdessen sei ein Kollege B.s auf ihre Aktivitäten bei dem sozialen Netzwerk gestoßen.

Im deutschen Arbeitsrecht scheint es nicht ganz so streng zuzugehen wie in der Schweiz. Hier gilt grundsätzlich, dass ein krankgeschriebener Arbeitnehmer seine Heilung nicht gefährden darf. Das dürfte mit dem Surfen in einem sozialen Netzwerk noch nicht unbedingt der Fall sein, wobei die schweizerische Unglücksnutzerin ausgerechnet wegen Problemen bei Bildschirmarbeit ihr Attest erhalten hatte. Da half es auch wenig, dass sie angab, ihr am Bettrand liegendes iPhone zum "facebooken" genutzt zu haben.

Die Trennung zwischen beruflicher und privater Nutzung sozialer Netzwerke wird unterdessen immer schwieriger. So veröffentlichte die "New York Times" erst kürzlich eine Art Web 2.0-Knigge, in der sie unter anderem empfahl, beispielsweise unangenehme Kontakte freundlich abzulehnen und sich darum zu bemühen, sich und dem Arbeitgeber im Internet möglichst keine Blöße zu geben.

Journalisten einer Zeitung des US-Großverlags Gannett wiederum erhielten kürzlich eine Dienstanweisung, in der stand, dass das Surfen auf Facebook, Twitter und Co. in der Arbeitszeit grundsätzlich zu unterbleiben habe. Das entsprechende Memo machte im den Blogs besonders schnell die Runde, weil es nicht einer gewissen Absurdität entbehrt: Gelten Web 2.0-Angebote doch zunehmend als nützliche Arbeitsmittel für Reporter und Redakteure, um mit Lesern in Kontakt zu treten oder neue Ideen für Geschichten zu finden. Manchmal ist das Mitmachnetz eben einfach nur Arbeit.

Sonntag, 26. April 2009

Der Albtraum begann mit YouTube

Schwul in Marokko: Leben mit Angst und Lügen

Fouad ist verheiratet, er hat Kinder - und er ist schwul. So konnte der Marokkaner lange Zeit recht gut leben - bis auf YouTube ein Video auftauchte, das ihn bei einer schwulen "Hochzeitsfeier" zeigt. Das brachte ihm den Hass der Islamisten und sechs Monate Gefängnis ein.

Mittlerweile ist Fouad wieder auf freiem Fuß, immer noch lebt er in der kleinen Stadt südlich von Tanger. Mit der marokkanischen Presse will er nicht sprechen - dem ARD-Hörfunk dagegen hat er ein Exklusiv-Interview gewährt. Ein Gespräch über Lebenslügen, Todesangst und das schwierige Leben als Homosexueller in einer marokkanischen Kleinstadt.

Von Marc Dugge, ARD-Hörfunkkorrespondent Rabat

Fouad will das Interview nicht zu Hause führen, lieber an einem neutralen Ort: In einem Café, wo keine "Bärtigen" sind - wie er die Islamisten nennt. Hier sitzt er nun, vor seinem Café Crème. Ein Mann in einem langen, grünen, marokkanischen Stoffgewand. Fouad ist verheiratet und hat zwei kleine Kinder. Er ist 35, wirkt aber 15 Jahre älter - wegen der tiefen Falten in seinem Gesicht, die er erst vor kurzem bekommen hat.

"Das Ganze war doch nur ein Spaß"

"Ich habe zu niemandem Vertrauen mehr. Wenn ich auf eine Feier eingeladen werde, gehe ich nicht hin. Und wenn ich in der Stadt unterwegs bin, passe ich sehr darauf auf, dass mich niemand mit einem Messer angreift. Nach acht Uhr abends gehe ich sowieso nicht mehr aus dem Haus", erzählt Fouad über sein Leben nach dem Gefängnis.

Von seiner einstigen Lebensfreude ist nicht mehr viel übrig geblieben. Früher hat er als Alkoholschmuggler gut verdient, war im Dorf beliebt, das Leben war leicht. Aber seit dieser einen Feier ist nichts mehr, wie es war.

Es muss eine richtig gute Party gewesen sein. So verschwommen wie Fouads Erinnerungen sind auch die Videobilder, die auf YouTube zu sehen sind. Sie zeigen tanzende Männer, die zu harten arabischen Rhythmen ihre Hüften schwingen. Ein Mann sitzt auf einem Thron unter einem Schleier - er ist die Braut. "Das ganze war doch nur ein Spaß", sagt Fouad. Er habe doch nur eine Party feiern wollen. Aber eine neidische Konkurrentin habe das ganze Hochzeitszeug angeschleppt: Die Sänfte, den Hochzeitsfriseur, all den Schmuck - und die Videokamera.

Männerhochzeit oder Intrigenspiel?

Und dann habe sie die Islamisten gegen ihn aufgehetzt. "Sie kamen, bevor wir aufräumen konnten, und haben all die Hochzeitsgegenstände gesehen. Am nächsten Tag hat jeder davon gesprochen, dass Fouad sich mit einem Mann verheiratet habe."

Männerhochzeit oder Intrigenspiel: Was wirklich an jenem Abend im November 2007 passiert ist, lässt sich nur schwer nachvollziehen. Klar ist aber: Für Fouad beginnt ein Albtraum. Auf Videoaufnahmen sieht man, wie Jugendliche Steine gegen Fouads Haus werfen. Der Mob wütet in Ksar El Kebir, angeheizt von den Islamisten. Fouad flieht in panischer Angst.

Gefängnis wegen "homosexueller Handlungen"

Wegen Homosexualität angeklagte Männer in Ägypten (Foto: picture-alliance / dpa)

In praktisch allen islamischen Ländern ist Homosexualität illegal.
Dieses Bild zeigt Männer in Ägypten, die nach dem Besuch einer Party angeklagt wurden.

"Ich habe auf einmal eine enorme Kraft entwickelt. Und mich an einer alten, rostigen Fernsehantenne hochgezogen, die vom Dach herunterhing. So konnte ich mich über die Mauer zu den Nachbarn flüchten. Es war wie, wenn mich jemand tragen würde. Mir ist ein Wunder geschehen."

Den wütenden Jugendlichen entkommt er, der Justiz nicht. Fouad wird zu einer Gefängnisstrafe verurteilt - zusammen mit fünf anderen Partygästen. Der Vorwurf: homosexuelle Handlungen. Menschenrechtsorganisationen laufen Sturm. Sie halten für unbewiesen, dass es sich bei der Party von Ksar el Kebir tatsächlich um eine Hochzeit gehandelt hat. Und vor allem: dass es tatsächlich Sex zwischen Männern gegeben hat. Ihr Protest bleibt ohne Erfolg: Sechs Monate muss Fouad hinter Gitter. Dort sei er gut behandelt worden, sagt er. Vielleicht, weil jemand seine schützende Hand über ihn gehalten hat.

"Die Leute beginnen, zu vergessen."

Im September 2008 wird Fouad freigelassen. Er geht in die Stadt, gut gekleidet, mit seinen zwei Kindern - und mit sehr viel Angst im Bauch. "Ich habe Frauen hinter mir gehört, die gesagt haben: Das ist der mit der Hochzeit! Heute machen sich sogar Schulkinder über mich lustig. Ich verhalte mich dann so, als hätte ich nichts gehört. Aber, Gott sei Dank, die Leute beginnen, zu vergessen."

Ein drittes Kind - als Beweis für die Nachbarn

Einige klopfen ihm aber auch auf die Schulter, sprechen ihm Mut zu. Fouad ist ein Mann auf dem Weg zurück in die Gesellschaft. Heute verkauft er Fleisch statt Alkohol - aus Angst vor den "Bärtigen", den Islamisten. Demnächst wird er wohl zum dritten Mal Vater werden. Seine Frau wollte unbedingt ein drittes Kind, sagt er. Um den Nachbarn zu beweisen, dass er der Vater ihrer beiden anderen Kinder, dass er ein "echter Mann" ist.

"Meine Frau hat mich geschützt"

"Sie sind also gar nicht schwul", frage ich? "Doch, natürlich", sagt er. "Auch wenn ich verheiratet bin, lebe ich meine Homosexualität aus. Meine Frau weiß davon nichts, sie kann ja noch nicht mal richtig rechnen, sie kommt aus sehr einfachen Verhältnissen! Allerdings hat sie toll reagiert, als ich verhaftet wurde. Sie hat mich geschützt, hat all das Gerede nicht geglaubt. Sie hatte nur Angst davor, dass ich verrückt werde. Der Rest war ihr egal."

Schwule im Irak: Verfolgt, inhaftiert, erschossen

Schwule im Irak sind Freiwild für Kleriker, ihre Familien und Todesschwadrone. Allein in Sadr City wurden in den vergangenen zwei Monaten 25 Männer ermordet - auf ihrer Kleidung klebten "Pervers"-Zettel. Trotzdem zeigen sich Homosexuelle seit Saddams Sturz häufiger.

Von Ulrich Leidholdt, ARD-Hörfunkstudio Amman

"Wir kriegen Euch, Ihr Schwuchteln!" Hetzparolen wie diese bedecken Hauswände in Bagdads Schiiten-Slum Sadr City. Kein Zweifel, was den Opfern blüht: "Wir werden Euch bestrafen, Ihr Perversen" drohen Hass-Aufkleber einer Gang, die sich "Brigade der Aufrechten" nennt.

Die Ankündigung ist todernst. Adel Kadel, ein 40-jähriger Fahrer, erzählt, wie er in Sadr City Augenzeuge der Schwulen-Hatz wurde: "Es gibt Banden, die sagen ganz offen, wir verfolgen diese Typen und bringen sie um." Das habe er selbst gesehen: "Die haben es wirklich getan. Die Jungs, die kennen die bewaffneten und islamischen Banden und haben Angst vor ihnen."

25 Leichen lagen in den letzten zwei Monaten auf Straßen des Zwei-Millionen-Slums, vermutlich weil die Männer schwul waren oder dafür gehalten wurden. An ihrer Kleidung fand sich der Aufkleber: "pervers". Anderen Opfern wurden Arme und Beine gebrochen.

Eine Straße in Bagdad (Foto: dpa)
"Ist doch keine Schande"

Der Islam verbietet Homosexualität. Im Irak stehen darauf bis zu sieben Jahre Haft. Dennoch zeigen sich Schwule hier seit dem relativen Abflauen der Gewalt und dem Rückzug religiöser Milizen öfter. Jungen wie der 16-jährige Laith Basem oder der 17-jährige Ra'oof Zaki mit seinen im Irak unüblich langen Haaren.

"Seit drei Jahren lasse ich mein Haar wachsen. Das ist hübsch, ich mag das. Ist doch keine Schande, ist doch nichts falsch dabei", sagt Ra'oof. "Das ist doch normal und der Staat soll uns schützen wie woanders auch", meint Laith.

Nicht nur sunnitische oder schiitische Banden machen Jagd auf Schwule, auch die Polizei. Homosexualität sei gegen das Gesetz und einfach ekelhaft, begründet ein Offizier die Razzien. Selbst vor den eigenen Verwandten müssen sich Schwule in Acht nehmen. Söhne, die nach ihrer Auffassung Schande über die Familie gebracht haben, werden ermordet. So soll deren Ehre wieder hergestellt werden. Behörden ermitteln halbherzig, spielen die Zahl der Toten herunter, nehmen kaum Schuldige fest.

"Das sind die, die immer Ärger machen"

Heithem Sami ist einer der wenigen Schwulen in Bagdad, der offen redet. Der 28-jährige hatte gehofft, der Sturz Saddam Husseins würde zu mehr gesellschaftlichen Freiheiten führen. "So was gibt’s doch in allen Ländern. Diejenigen, die das in einem islamischen Land für pervers halten, sind halt die, die immer Ärger machen."

Jeder solle seine eigenen Ansichten haben können in einer echten Demokratie. "Jeder schläft auf der Seite, die er bequem findet, sagt ein Sprichwort. So funktioniert persönliche Freiheit und Demokratie, haben wir die nicht nach dem Sturz des Systems?", fragt er.

Order des Groß-Ajatollahs: Todesstrafe

Tatsächlich hat der schiitische Groß-Ajatollah al Sistani schon vor vier Jahren die Order verkündet, Schwule und Lesben seien mit dem Tod zu bestrafen. Und zwar "auf die schlimmste und härteste Art". Bei Freitagsgebeten in Sadr City wird Homosexualität immer wieder verdammt, ebenso Mode und Lebensstil des Westens.

Salaam Ganem, 32 Jahre alt und schwul, lebt entsprechend vorsichtig. Seine Hoffnungen wirken irreal im Irak, wo Männer wie er täglich mit ihrer Ermordung rechnen müssen. "Seit dem Sturz Saddams und nach unserer Verfassung sollen wir frei sein, absolut und im wahren Sinne des Wortes. Tatsächlich ist unsere Freiheit beschnitten. Diese Verbrechen hier in Sadr City haben doch wohl nichts mit der Freiheit der Iraker zu tun. Unsere Freiheit bleibt unzulänglich."

Samstag, 25. April 2009

Der Stein der Reichen

Dank seines Diamantenreichtums hat Botsuana jahrelang die Armut bekämpfen können. Jetzt bricht die Nachfrage nach den Edelsteinen ein - doch die Regierung des Landes will sich davon nicht entmutigen lassen.

Als wäre das Leben für die Menschen in Jwaneng nicht hart genug: Nun gibt zu allem Überfluss auch noch der letzte Schuster der 15.000-Einwohner-Stadt im Süden Botsuanas sein Geschäft auf. Denn aufgrund der weltweit sinkenden Nachfrage wird die örtliche Diamantmine, die größte der Welt, stillgelegt. “Ich bin als Junge hierhergekommen, aber jetzt gehe ich zurück in mein Dorf”, sagt der 52-jährige Schuster Edwin Phaladi.

Lange Zeit war Botsuana ein Beispiel, wie ein armes Land mithilfe seiner Bodenschätze die Armut zurückdrängen kann. Aber auch der afrikanische Musterstaat kann der Krise nicht entkommen. “Zweifelsohne stehen wir vor einer gewaltigen Herausforderung”, sagte Staatspräsident Ian Khama der Financial Times. “Seit in den 70er-Jahren Bodenschätze, besonders Diamanten, gefunden wurden, sind wir von diesem Geschäft in hohem Maße abhängig.”

80 Prozent aller Auslandsdevisen stammen aus dem Diamantengeschäft, das rund ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts ausmacht. Mit Abstand größter Abnehmer sind die USA. Doch Amerika steckt tief in der Rezession.

Normalerweise liefert Debswana, ein Gemeinschaftsunternehmen des Staates und des südafrikanischen Konzerns De Beers, rund ein Viertel aller Rohdiamanten weltweit. Im November verkaufte es überhaupt keine Steine, in den folgenden Monaten nur sehr wenige. Daran änderte auch eine Galaveranstaltung nichts, die Botsuanas Ex-Präsident Festus Mogae mit einem Gefolge von Hollywood-Schauspielerinnen veranstaltete. Debswana schloss vier Minen.

2008 seien bis zum Dezember 32,3 Millionen Karat geschürft worden, jetzt solle die Produktion um 40 Prozent niedriger liegen, so Khama. Das Finanzministerium rechnet mit einem Minus bei den Einnahmen von 50 Prozent.

Anders als viele Nachbarstaaten hat Botsuana jedoch in guten Zeiten Rücklagen geschaffen. Die Reserven betragen umgerechnet 7,2 Mrd. Euro, das entspricht den Importen von 28 Monaten. Trotzdem wird der Staatshaushalt ins Minus rutschen. Man denke über eine Kreditaufnahme nach, kündigte Khama an - obwohl die Bedingungen an den Kapitalmärkten schwierig sind und dem Land eine Herabstufung der Bonität durch Ratingagenturen droht.

“Wir sind weiter zuversichtlich, dass wir da durchkommen”, sagte der Präsident. Vieles hänge jedoch davon ab, dass sich die Wirtschaft zum Jahresende hin erhole. Bei De Beers ist man da wenig optimistisch. Konzernmanager Stephen Lussier sagte vor Kurzem, man rechne bis mindestens Ende 2010 mit schwachen Geschäften.

Trotz allem sind die Prognosen für Botsuana besser als die anderer Länder, wie Sambia oder Kongo, die ebenfalls von sinkenden Rohstoffpreisen getroffen werden. Botsuana strebte stets nach Höherem. Vor drei Jahren machte sich die Regierung auf die Suche nach dem, was Ökonomen als Heiligen Gral der Länder bezeichnen, die von Rohstoffen abhängen - die Antwort auf die Frage, wie man in der Wertschöpfungskette weiter nach oben gelangt und es schafft, Mineralien selbst zu verarbeiten, anstatt sie nur im Rohzustand zu exportieren. Mit den Einnahmen sollte die Wirtschaft diversifiziert werden. 16 Werke zur Verarbeitung von Diamanten wurden bislang eröffnet

“Es besteht kein Zweifel, dass auch sie in Mitleidenschaft gezogen werden”, sagt Khama. Man gebe aber den Plan nicht auf, Botsuana zu einem Drehpunkt für den Diamantenhandel zu machen. Eines der neuen Unternehmen ist die South African Diamond Corporation (Safdico), die außerhalb Gaborones einen modernen Technologiepark zur Diamantenverarbeitung errichtet hat. “Es ist hart, und jeder bekommt es zu spüren”, sagt der Safdico-Manager Anthony Licht. “Aber wir denken langfristig, und wir glauben an Botsuana.”

In Jwaneng dagegen ist die Strahlkraft der Diamanten erloschen. “Hier wird alles schließen, ganz klar”, sagt Phaladi. “Jwaneng wird eine Geisterstadt werden.”

von Tom Burgis