Donnerstag, 31. Mai 2007

Arche Noah ahoi!

Kommt jetzt wieder die Sintflut?
Offenbar schon, wenn der Klimawandel so weiter geht, sagen die Aktivisten von Greenpeace. Für den Ernstfall haben sie schon mal eine neue Arche gebaut.


Neue Arche auf dem Berg Ararat:
Bis der nächste grosse Regen einsetzt,
dient sie als Bergsteigerhütte.

Ganz verloren will die Umweltschutz-Oransation die Menschheit aber noch nicht geben: «Es ist noch nicht zu spät für die Menschheit, die schwerste Naturkatastrophe aller Zeiten zu verhindern», sagte Aktivist Hilal Atici bei der Präsentation auf dem Berg Ararat in der Türkei. Hier soll Noahs Arche nach der Sintflut mitsamt seinen Tieren in grauer Vorzeit gelandet sein. So steht es in der Bibel.

Mit dem Nachbau auf dem Berggipfel ruft Greenpeace die Teilnehmer des G-8-Gipfels in Deutschland dazu auf, sofort Massnahmen gegen den Klimawandel einzuleiten.

Es sei die Pflicht gerade der reichsten Industrienationen und Russlands, einen katastrophalen Klimawandel durch Verringerung des Treibhausgas-Ausstosses zu verhindern. Schliesslich seien sie für die Hälfte der weltweiten Schadstoffemissionen verantwortlich.
Der Arche-Nachbau steht auf 2500 Meter über Meer, ist vier Meter breit, vier Meter hoch und zehn Meter lang. Er soll übrigens vorderhand auf dem Ararat bleiben – als Unterschlupf für Bergsteiger.

Das Tagebuch: Arche für den Klimaschutz

Mehr HIV-Infektionen als je zuvor

Im vergangenen Jahr haben sich in Deutschland so viele Menschen mit HIV angesteckt wie niemals zuvor. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) registrierter 2611 Neuinfektionen für das Jahr 2006. 61 Prozent der Betroffenen sind homosexuelle Männer.

Damit gab es vier Prozent mehr Neuinfektionen als 2005 und 81 Prozent mehr als noch fünf Jahre zuvor, also 2001. Der Anteil der Frauen ist seit dem Jahr 2000 von 26 Prozent auf nun 19 Prozent gesunken. In den letzten Jahren haben sich damit vor allem Männer angesteckt.

In absoluten Zahlen sind zwar nach wie vor besonders die Großstädte betroffen, der stärkste Anstieg wurde allerdings aus ländlichen Regionen gemeldet.

61 Prozent der Neuinfektionen betrafen homosexuelle Männer, 17 Prozent heterosexuelle Männer und Frauen. 14 Prozent der Infizierten stammen aus Ländern mit hoher Aids-Verbreitung, wo sie sich die meisten auch angesteckt haben. Sieben Prozent der Ansteckungen waren eine Folge von Drogengebrauch.

Im Jahr 2006 wurden 19 HIV-Infektionen bei Kindern und Neugeborenen diagnostiziert; in den meisten Fällen war auch eine Infektion der Mutter bekannt.

Anstieg zum Teil auf verbesserte Erfassung zurückzuführen

Auf den Zeitraum von 2001 bis 2006 gerechnet nahm die Zahl der erfassten HIV-Neuinfektionen um 81 Prozent zu. Nach Angaben des RKI geht ein Teil des Anstiegs in den vergangenen Jahren auf eine verbesserte Erfassung der Neudiagnosen zurück. Ein weiterer, kleinerer Teil der Neudiagnosen sei möglicherweise auf die höhere HIV-Testbereitschaft bei Gruppen mit hohem Risiko und der Rest auf eine tatsächliche Zunahme von HIV-Neuinfektionen zurückzuführen. Nach Einschätzung des RKI dürfte der tatsächliche Anstieg der HIV-Erstdiagnosen zwischen 2001 und 2006 daher bei etwa 40 Prozent liegen.

Nur noch 40 Prozent sehen Aids als Gefahr

Nach Einschätzung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ist der Anstieg der Infektionszahlen auch darauf zurückzuführen, dass Aids in Deutschland zunehmend als Krankheit der Entwicklungsländer wahrgenommen wird. Nachwachsende Generationen hätten die erfolgreichen Aufklärungskampagnen aus den 90er Jahren nicht mitbekommen, sagte die Direktorin der Zentrale, Elisabeth Pott, der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Weniger als 40 Prozent der Bevölkerung stuften Aids noch als gefährliche Krankheit ein.

"Ein Bär kann doch kein Grundrecht ausüben"

Prozess um Braunbär Bruno

Ein Rechtsanwalt ist vor dem Verwaltungsgericht München mit seiner Klage gegen den Abschuss von Braunbär Bruno gescheitert.

München - Der Abschuss im vergangenen Jahr ist nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts München mit dem in der Bayerischen Verfassung verankerten Tierschutz vereinbar. Damit konnte Rechtsanwalt Rudolf Peter Bruno Riechwald die Richter nicht von seiner Rechtsauffassung überzeugen. Der Vorsitzende Richter Volker Berberich wies Riechwalds Klage gegen die Abschussgenehmigung des Freistaats Bayern als unzulässig zurück.

Zur Begründung sagte Berberich, aus der bayerischen Verfassung lasse sich kein subjektiv-öffentliches Recht auf "Nicht-Entnahme des Bären aus der Natur" ableiten. Andernfalls könne jeder Drei-Sterne-Koch, der für sein Menü Weinbergschnecken aus einem Weinberg entnehme, verklagt werden.

Haben Bären Grundrechte?

Riechwald berief sich in dem Prozess auf Artikel 141 der bayerischen Verfassung, wonach "Tiere als Lebewesen und Mitgeschöpfe geachtet und geschützt" seien. Mit der Tötung habe der Freistaat nicht nur das Grundrecht auf Naturgenuss, sondern auch das "Lebensreich eines geschützten Wildtieres" verletzt. Ein Tier könne sich doch nur mit Hilfe von Rechtsmitteln eines Bürgers gegen unverhältnismäßige Angriffe auf sein Leben wehren, sagte Riechwald.

Den Behörden warf der Anwalt vor, Bruno "in höchster Hektik und Jagdgier" erschossen zu haben. Die Entscheidungsträger hätten "in unangemessener und voreiliger Art dem Jagdurinstinkt einiger professioneller Jäger freien Lauf gelassen und vernünftiges rationales Denken ausgeschaltet".

Landesanwalt Peter Samberger brachten Riechwalds Argumente mehrfach an den Rand der Verzweiflung. "Ein Bär kann doch kein Grundrecht ausüben", brach es aus ihm heraus. Die Klage bezeichnete Samberger als "Schau, die Rechtsanwalt Riechwald zu Werbezwecken veranstalte". Der Vorwurf, der Freistaat habe Naturschutzverbände nicht ausreichend gehört, sei "rotzfrech".

Geschmackloser Vergleich

Besonders erzürnte den Landesanwalt jedoch der "geschmacklose Vergleich" mit dem Fall einer im Brauneckgebiet vergewaltigten Frau, den Riechwald in einem Schriftsatz angeführt hatte. In seinem schriftlichen Plädoyer bezeichnete Riechwald den Menschen als "viel gefährlicheres Wildtier" als einen freilaufenden Bären. "Man denke an den Fall der vor wenigen Monaten auf einer Bergwanderung im Brauneckgebiet vergewaltigten Münchnerin", schreibt der Anwalt dort. Weiter heißt es: Wäre sie dem Bären Bruno begegnet, "wäre ihr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit solches nicht widerfahren".

Brunos Wanderschaft durch das bayerisch-österreichische Grenzgebiet hatte im vergangenen Sommer für großes Aufsehen gesorgt. Er schwamm durch den Sylvensteinspeichersee, besichtigte den Touristenort Kochel und holte sich sein Futter von Weiden, aus Ställen und Bienenstöcken. In Bayern riss der Bär mindestens 21 Schafe, drei Hühner, drei Tauben, einen Hasen und ein Meerschweinchen. Der Versuch, Bruno mit finnischen Spürhunden aufzustöbern und dann zu betäuben, scheiterte. Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) gab Bruno schließlich zum Abschuss frei. Kurz darauf brachten Jäger den Bären auf der Kümpflalm unweit des oberbayerischen Spitzingsees zur Strecke.

Fahrlässige Tötung: „Unser Sohn könnte noch leben“

Betretene Mienen bei den angeklagten zwei Polizisten, beifälliges Murmeln unter den Zuschauern und Tränen der Erleichterung bei den Eltern - das Urteil des Lübecker Landgerichtes im Prozess um den Unfalltod eines Schülers hat Prozessbeteiligte und Zuschauer überrascht. Die Kammer verurteilte die Beamten am Donnerstag wegen fahrlässiger Tötung zu neun Monaten Haft auf Bewährung und jeweils 1000 Euro Geldbuße. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 57 Jahre alte Polizeihauptmeister und der 45- jährige Oberkommissar den mit rund zwei Promille Alkohol im Blut volltrunkenen 18-Jährigen am 1. Dezember 2002 auf einer Landstraße bei Lübeck ausgesetzt haben. Knapp eine Stunde später wurde der junge Mann etwa drei Kilometer weiter von einem Auto überfahren und getötet.

„Ich bin sehr überrascht. Ich hatte nach der Beweislage geglaubt, dass sie freigesprochen werden“, sagte der Vater des Jungen nach der Urteilsverkündung. Immerhin hatte nicht nur die Verteidigung Freispruch gefordert, sondern auch die Staatsanwaltschaft.

Am Abend der Geschehnisse hatten die Polizisten den Gymnasiasten in Gewahrsam genommen, weil er nach einem Discothekenbesuch Anwohner belästigt hatte. Statt ihn, wie ursprünglich geplant, zu seinen Eltern nach Lübeck zu bringen, ließen sie ihn in Kronsforde, einem ländlichen Ortsteil Lübecks, aussteigen. Die Beamten hatten ausgesagt, der junge Mann habe ausdrücklich darum gebeten, weil er sich vor den Nachbarn schäme, von der Polizei nach Hause gebracht zu werden.

Eltern des getöteten Jungen kämpften lange um Prozess

Es ging uns nicht um die Strafe, sondern darum, dass die Schuld festgestellt wird“, sagte der 45 Jahre alte Vater. „Die Polizei soll nicht abstumpfen. Sie soll auch betrunkene junge Leute wie normale Menschen behandeln. Unser Sohn könnte noch leben, wenn die Polizisten richtig gehandelt hätten“, meinte der Transportunternehmer mit fester Stimme. So sah es auch das Gericht. „Die Angeklagten haben sich einer gravierenden Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht schuldig gemacht“, sagte der Vorsitzende der I. Großen Strafkammer, Christian Singelmann, in der Urteilsbegründung.

Um den Prozess hatten die Eltern des getöteten Jungen viereinhalb Jahre lang gekämpft. Zwei Mal stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein. Schließlich erzwangen die Eltern über das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht eine Anklage gegen die Polizisten. Als Nebenkläger verfolgten sie die Hauptverhandlung. Sie mussten dabei auch mit anhören, dass über einen möglichen Selbstmord ihres Sohnes spekuliert wurde. Nach Aussagen eines technischen Sachverständigen hatte er auf der Fahrbahn gehockt und gekniet, als er überfahren wurde. „Unser Sohn war kein Selbstmörder. Wir sind froh, dass das Gericht das ausdrücklich festgestellt hat“, sagte der Vater, dem während der Urteilsverkündung die Tränen über das Gesicht gelaufen waren.

Polizisten drohen Disziplinarverfahren

Die beiden Polizisten verließen nach der Urteilsverkündung hastig den Gerichtssaal. Man werde das Urteil genau prüfen, erklärten ihre Verteidiger. Für die Beamten kann das Urteil noch berufliche Folgen haben. Der Ausgang eines Disziplinarverfahrens ist offen. Hätten die Polizisten eine Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr bekommen, wären sie automatisch entlassen worden. Jetzt werden eventuelle Sanktionen laut Innenministerium geprüft, sobald ein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Bis das soweit ist, können Monate vergehen, denn die Staatsanwaltschaft hat bereits Revision angekündigt.

Im G8-Tagungshotel sind kritische Journalisten nicht erwünscht

«taz»-Reporter von G8-Gipfel ausgeschlossen

Das Bundespresseamt hat die Zulassung mehrerer Journalisten zum G8-Gipfel zurückgezogen - darunter auch die für einen Korrespondenten der Berliner Tageszeitung «taz».

Mit heftiger Kritik hat der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) auf den Ausschluss kritischer Journalisten von der Berichterstattung am Ort des G8-Gipfels reagiert. In einer am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Erklärung heißt es, es dränge sich der Verdacht auf, dass kritische Berichterstattung unterdrückt werden solle. Ein Regierungssprecher wies die Kritik mit Nachdruck zurück. Die Berliner Tageszeitung «taz» protestierte unterdessen gegen die Rücknahme der Akkreditierung eines ihrer Korrespondenten.

Laut DJV wurde den betroffenen Journalisten lediglich mitgeteilt, dass «die Akkreditierung für den G8-Gipfel auf Empfehlung des Bundeskriminalamtes (BKA) nicht erteilt werden kann». Welche Gründe gegen die Akkreditierung sprächen, hätten die Betroffenen nicht in Erfahrung bringen können. Es handele sich um Journalisten, die in Vorbereitung auf den Gipfel kritisch über Globalisierungsthemen berichtet hätten.

Die «taz» erklärte, der Vorgang entspreche nicht ihren Vorstellungen von Pressefreiheit. Der Betroffene sei vom Bundespresseamt an den Datenschutzbeauftragten des BKA verwiesen worden, wenn er Gründe für seinen Ausschluss erfahren wolle. «Diese Vorgehensweise ist eine klare und unzulässige Beeinflussung der freien und kritischen Berichterstattung über das Ereignis,» sagte der stellvertretende Chefredakteur Reiner Metzger.

4700 Anträge

Ein Regierungssprecher sagte, es sei einsichtig, dass der Zugang zu Veranstaltungen dieser Art nicht ohne Sicherheitskontrollen möglich sei. Das Bundespresseamt wende das bei allen Veranstaltungen der Bundesregierung übliche Akkreditierungsverfahren an. Es sei verbunden mit einer Sicherheitsüberprüfung wie bei anderen Großveranstaltungen auch, etwa der Fußball-WM im vergangenen Sommer. Die Sicherheitsüberprüfung werde im Einverständnis mit den Journalisten durchgeführt, hieß es weiter. Nur wenn eine entsprechende Empfehlung der Sicherheitsbehörden vorliege, werde keine Akkreditierung ausgestellt. Den Betroffen stehe der Rechtsweg offen.

Weiter hieß es, für den G8-Gipfel habe das Bundespresseamt rund 4700 Anträge auf Akkreditierung entgegengenommen. Die Zahl der Fälle, in denen eine Akkreditierung nicht möglich gewesen sei, liege bei etwa 20.

Mittwoch, 30. Mai 2007

Therapie für Pädophile

Forschungsprojekt will sexuellen Übergriffen auf Kinder vorbeugen

Von Volkart Wildermuth

Medizin. - Seit zwei Jahren versucht ein Projekt an der Berliner Charite, Männer mit pädophilen Neigungen zu therapieren und so Übergriffen vorzubeugen. Die erste Gruppe von 18 Männern hat die Therapie inzwischen durchlaufen. Die Ergebnisse wurden heute in Berlin vorgestellt.

"Lieben sie kinder mehr als ihnen lieb ist?" - diese Frage war vor zwei Jahren auf Plakatwänden zu lesen, sie wurde in Fernsehspots gestellt. Forscher von der Berliner Charité suchten auf diesem Weg Männer, die sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen und Angst hatten, aus diesem Grund Kinder zu missbrauchen. Dieses Unrechtsbewusstsein ist durchaus verbreitet. Dem Kieler Sexualtherapeut Professor Hartmut Bosinski haben viele verurteilte Sexualstraftätern in der Therapie erzählt, dass sich schon vor dem ersten Kindesmissbrauch Hilfe gesucht hatten.

Die Reaktion der von ihnen kontaktierten Ärzte reichte von: "Verlassen Sie sofort meine Praxis" mit "Ja, wenn es nur Fantasien sind, da weiß ich nicht" oder auch: "Ich kann ihnen da nicht helfen, gehen Sie doch mal zum Psychologen".

Über 500 Männer haben sich nach dem Aufruf bei der Charité gemeldet, immer noch gibt es jede Woche zwischen zehn und zwanzig Anfragen. Über die Hälfte dieser Männer gab an, schon einmal sexuellen Kontakt zu Kindern gehabt zu haben. Grund war nicht immer eine Pädophilie, viele dieser Männer werden nicht in erster Linie vom kindlichen Körper sexuell erregt, sie suchen sich einfach das schwächste Opfer für ihre Wut. Etwa der Hälfte der genauer untersuchten Männer zeigte aber eine eindeutige Pädophilie. Ihnen wurde eine Therapie angeboten. Die erste Gruppe von 18 Männern hat sie inzwischen durchlaufen. Ihnen wurde als zentrale Botschaft vermittelt:

An der Neigung bist du nicht schuld, aber an dem Verhalten. Du musst also dafür sorgen, dass aus der Neigung kein Verhalten wird,

erläutert der Leiter des Projekts, der Sexualwissenschaftler Professor Klaus Beier von der Charité. Die pädophile Neigung bildet sich in der Pubertät heraus und bleibt dann ein Leben lang bestehen. Die Männer müssen in der Therapie also lernen, sich zu kontrollieren. Das fängt bei kleinen Dingen an, wie beispielsweise nicht täglich an einem Spielplatz vorbei zu gehen. Der erste Schritt in diese Richtung ist der Abbau von Selbstrechtfertigungen.

Ich kann eigentlich nichts dafür, es kommt von selbst, ich kann es nicht beeinflussen, oder eben Gesellschaft macht aus sexuellen Handlungen mit Kindern eine viel zu große Sache, also wegweisen, keine Verantwortungsübernahme.

Solche Einstellung lassen sich tatsächlich in der Therapie beeinflussen, das zeigen die ersten Ergebnisse aus Berlin, dagegen gelang es kaum, den Männern Mitgefühl mit den Kindern zu vermitteln. Die entscheidende Frage lautet natürlich: Führt eine veränderte Einstellung auch zu einem veränderten Verhalten? Die Antwort darauf muss vage ausfallen, zu klein ist die Zahl der Behandelten, zu kurz die Nachbeobachtungszeit. Fest steht aber, dass einer der Männer noch während der Therapie ein Kind sexuell motiviert berührte, den Übergriff dann aber abbrach.

Also, das werten wir als Erfolg der Behandlung, dass er erkennt, dies ist jetzt ganz falsch und ich hab diese Kontrolle noch nicht, die ich brauche. Und zusätzlich noch das Wissen nutzt, das er auch erlangt hatte im Programm über die Nutzung von Medikamenten, und das dann in Anspruch nahm.

Die Medikamente blockieren die Wirkung des Sexualhormons Testosteron und dämpfen so die sexuelle Erregbarkeit. Von den 18 Männern nehmen sie inzwischen fünf regelmäßig ein, auch das ein Erfolg der Therapie. Derzeit wird eine zweite Gruppe von 17 Männern behandelt, 45 weitere stehen auf der Warteliste. Da die Finanzierung der Studie ausläuft, ist unklar was mit ihnen geschehen wird. In Berlin forderten die Forscher, Ärztevertreter und die Vorsitzende der Stiftung Hänsel und Gretel Barbara Schäfer-Wiegand nicht nur, die Studie fortzusetzen, sondern gleich komplette Versorgungsstrukturen für therapiewillige Pädophile.

Wir brauchen also entsprechende Ambulanzen in der Fläche unseres Landes, wir brauchen die entsprechenden Therapeuten und die können das alles nicht um Gottes Lohn machen, wir brauche eine Abrechenbarkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Dass es dafür einen Bedarf gibt, steht seit der Berliner Studie fest. Ob die Therapien und Medikamente es den Pädophilen aber tatsächlich erlauben, ihre Neigungen dauerhaft zu kontrollieren und einen weiten Bogen um jedes Kind zu machen, dass lässt sich aus den bisher vorliegenden Daten noch nicht abschätzen.

Therapie für Pädophile

Verfassungsgericht verbietet Thailands größte Partei

Das thailändische Verfassungsgericht hat die Partei des gestürzten Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra des Wahlbetrugs schuldig gesprochen und ihre Auflösung angeordnet. Außerdem dürfen sich Thaksin und 110 weitere hochrangige Mitglieder der populären Partei "Thai Rak Thai" fünf Jahre lang nicht politisch betätigen.

Der Militärrat, der das Land seit dem Putsch im September kontrolliert, hat aus Sorge vor Protesten gegen das Urteil mehr als 10.000 zusätzliche Sicherheitskräfte nach Bangkok beordert.

Die Generäle haben für spätestens Dezember Parlamentsneuwahlen in Aussicht gestellt.

Die "Thai Rak Thai" war mit schätzungsweise 14 Millionen Mitgliedern die größte Partei Thailands und vor allem bei der ärmeren Landbevölkerung populär.



Norwegen ist friedlichstes Land der Welt

Norwegen ist gemäss einer Studie das friedlichste Land der Welt - der Irak rangiert auf dem letzten Platz.
Der in London veröffentlichte Global Peace Index der Economist Intelligence Unit (EIU) bewertet 121 Länder nach insgesamt 24 Kriterien, darunter der Zahl der Inhaftierten und der Militärausgaben. Die Economist Intelligence Unit steht in Verbindung mit dem britischen Nachrichtenmagazin «The Economist».

Nach Spitzenreiter Norwegen belegen Neuseeland, Dänemark, Irland, Japan, Finnland und Schweden die besten Plätze. Auch Portugal, Kanada, Belgien und Österreich konnten sich, wie Deutschland auf Platz 12 und Tschechien auf Rang 13. vor der Schweiz auf Rang 15 platzieren.

Die USA rangieren erst auf Platz 96, Russland mit Platz 118 fast ganz am Ende. Israel liegt einen Platz dahinter auf Rang 119. «Dies ist ein Weckruf für Politiker auf der ganzen Welt», sagte der Leiter der Studie, der Australier Steve Killelea.

Insgesamt zeigt die Studie, dass kleine, stabile Länder, die Teil eines regionalen Blocks wie beispielsweise der EU sind, am ehesten als friedlich einzuschätzen seien. Einkommen und Bildung seien dabei entscheidende Massstäbe für die Friedfertigkeit.

Der erstmals erstellte Index wird von Prominenten wie dem Dalai Lama, Erzbischof Desmond Tutu, Ex-US-Präsident Jimmy Carter und Königin Nuur von Jordanien unterstützt.

Bahn macht ihre Schaffner zu Hilfspolizisten

Weisung von ganz oben: Einem Papier der Deutschen Bahn zufolge sollen Mitarbeiter größere Reisegruppen in Richtung Mecklenburg-Vorpommern der Polizei melden - schließlich könnten es G-8-Protestler sein.

Hamburg - Dies entspreche der "geübten Praxis" bei Großereignissen wie Kirchentagen, der Love Parade oder Fußballspielen, sagte ein Bahnsprecher heute in Berlin. Er reagierte damit auf einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung", demzufolge Zugbegleiter in Fernzügen angewiesen sind, potenzielle Demonstrantengruppen zu melden.

In einer Weisung an das Zugpersonal, aus der das Blatt zitiert, heißt es: "Da die globalisierungskritische Szene nicht unbedingt als solche zu identifizieren ist", sei "anlassbezogen eine Vormeldung von größeren Reisegruppen in Richtung Mecklenburg-Vorpommern (z.B. Rostock) an interne Stellen vorzunehmen". Weiter heißt es: "Möglichem Gefahrenpotenzial" sei durch "polizeiliche bzw. betriebliche Maßnahmen frühzeitig und konsequent entgegenzuwirken".

Der Bahnsprecher erklärte dazu, auch zur Disposition des eigenen Servicepersonals in Zügen und an Bahnhöfen sei die Information über größere Reiseströme notwendig. Es gehe auch darum, gegebenenfalls zusätzliche Wagen einzusetzen. Außerdem sei es bei Großveranstaltungen üblich, die Bundes- oder Landespolizei darüber zu informieren, wo mit Störungen zu rechnen sei.

Wegen des erwarteten Andrangs bei der Demonstration gegen den G-8-Gipfel an diesem Samstag in Rostock setzt die Bahn einen Sonderzug aus Berlin ein.

Soldaten des Globalen

Es gibt - als eines der eindrücklichsten Veränderungen der Globalisierung - mittlerweile eine wachsende Zahl internationaler Firmen, die militärische Dienstleistungen an Regierungen, Firmen und internationale Organisationen verkaufen. Die PMCs (Private Military Companies - Private militärische Unternehmen) sind die Söldner unserer Tage. Diese notorisch geheimnisvolle Industrie ist besonders wegen ihrer mangelnden Rechenschaft in die Schusslinie internationaler Kritik geraten. Nach Ansicht eines leitenden Mitarbeiters des britischen Unternehmens Aegis übernimmt der „private Sektor“ jene „personalintensiven Aufgaben, die ansonsten von den nationalen Armeen“ durchgeführt werden müssten. Dadurch würden die „normalen Soldaten“ freigestellt, ihre Kampfaufgaben zu erledigen.

In Kabul und vor allem Bagdad sehen wir heute das hässliche Gesicht der modernen Kriegsführung, des Terrorismus und der Selbstmordattentate. Die letzteren gehören zu den schwierigsten Herausforderungen für Sicherheitsbeamte. Unter anderen auf diesem Gebiet wirken moderne Militärdienstleister.

Neben dem Training von Polizisten und Soldaten bieten bewaffnete Konzerne wie ArmorGroup weltweit weitere Dienstleistungen an. Christopher Bease, vom ArmorGroup-Büro in Afghanistan, sagte der BBC: „Dazu zählt die Unterstützung von friedenserhaltenden Maßnahmen, diplomatischen Maßnahmen, Hilfe für Firmen, die in einem schwierigen Umfeld operieren, Minen- und Munitionsräumung, Wachdienste, Logistik und alles weitere, das unseren Kunden ermöglicht, ihre Pläne ohne Einmischung von Außen umzusetzen.“

Die euphemistisch als „Konfliktgebiete“ bezeichneten Zonen des asymmetrischen Kriegs unserer Tage sind hoch gefährliche Orte, in denen sich Politiker, Geschäftsleute, Journalisten, aber auch humanitäre Helfer nur mit Begleitschutz sicher bewegen können. Als vielleicht eines der sinistren Elemente unserer Tage fiel diese Aufgabe in den letzten Jahren immer häufiger den privaten Auftragsnehmern wie Aegis, ArmorGroup oder der berüchtigten Blackwater USA zu.

Dr. Shameen, Sonderberichterstatterin der UN zum Thema Privatarmeen, beantwortet die Frage nach dem Verbleib der „regulären Soldaten“. Sie meint, dass der Einsatz der privatisierten Krieger „die Zukunft von Nationalstaaten“ grundsätzlich in Frage stelle. Diese Staaten müssten sich selbst fragen, was übrigens auch ihre Bürger von ihnen erwarten dürften, inwieweit sie dem Gewaltmonopol des Staates noch Wirklichkeit verleihen wollten oder nicht. Dies sei, so Dr. Shameen, ein entscheidender Aspekt im so genannten „Nation building“ (wie es gerade im Irak oder Afghanistan betrieben wird). Man wisse, dass sich heute viele Staaten nach der Phase der Entkolonialisierung in tribale Staaten fragmentierten. Die Staatenbildung im Zuge der Dekolonialisierung sei womöglich so künstlich gewesen, dass viele Länder zu dem zurückkehrten, was sie als ihren „natürlichen Organisationsgrad“ verstanden hätten.

Seit längerer Zeit schon fänden Kriege zumeist nur noch innerhalb bestimmer Länder statt, wobei Splittergruppen, ideologische Militante und tribale Gruppierungen die neuen Global Player seien. Auch deshalb ergebe sich der globale Trend hin zu einer Auslagerung von sicherheitsrelevanten Dienstleistung an private Auftragnehmer.

Natürlich gibt es auch einen unmittelbareren Grund für das Wiedererscheinen des Söldnertums. Der pensionierte Oberst Tim Spicer, Geschäftsführer von Aegis, sagte: „In der Welt nach dem Kalten Krieg hat es Druck auf Regierungen im Westen gegeben, Militärausgaben zu reduzieren. Der Großteil davon wird durch Personalkosten verursacht und hat vielfach zur Reduzierung von Mannschaftsstärken geführt, ohne dass die Verpflichtungen der betroffenen Armeen geringer geworden wären. Für die US-Armee und auch die britischen Streitkräfte lässt sich sicherlich sagen, dass diese häufiger und intensiver eingesetzt wurden als während des Kalten Krieges. Während sie sich früher vor allem in NATO-Staaten befanden und das weltweite Gleichgewicht garantierten, werden sie nun für reale Kampfeinsätze verwendet“, so der Ex-Militär. Daraus ergebe sich ein stetiger Bedarf an Personal. Und im Vergleich mit regulären Militärs seien die Kosten für professionelle Privatiers wesentlich geringer. Die höchsten Gehälter werden für jene bewaffneten Einsätze gezahlt, bei denen die Angestellten in Kriegsgebieten agieren und etwa Besucher beschützen.

Laut ihrer Eigenwerbung nähmen die privaten Sicherheitsunternehmen nur professionell ausgebildete Ex-Militärs oder Polizisten, die darüber hinaus auch Erfahrung mit Kampfeinsätzen im Ausland haben. In Staaten wie Großbritannien beziehen die Firmen ihr Personal üblicherweise aus ehemaligen Mitgliedern der britischen Streitkräfte. Einen Vorzug genießen dabei seit Langem Angehörige jener Spezialeinheiten wie des SAS (Special Airservice). So weit die Eigenwerbung, allerdings sind in dem Boom unmittelbar nach der Eroberung von Bagdad auch massenhaft Angestellte angeworben worden, die nicht über derartige Qualifikationen verfügen.

Im Allgemeinen gibt es weltweit keine Regulierung der boomenden Globalisierung privatisierter Sicherheit. Die Angestellten dieser Firmen werden angeheuert, um die Arbeit von Armeen zu machen, ohne dass sie rechenschaftspflichtig wären für das, was sie in ihren Operationsgebieten anrichten. Trotz aller Beteuerungen operiert die Industrie außerhalb nationaler Gesetze und des internationalen Völkerrechts. Deutlich werde dies, so ein Bericht der BBC, vor allem im Irak. Insbesondere sei dabei verstörend, dass es gerade die Koalitionsverwaltung des Nachkriegsiraks war, die eine Immunität für die Söldernerfirmen beschlossen hatte. John Hillary, Koordinator der NGO „War unwanted“, sagte dazu in einem Gespräch mit der BBC: „Kurz vor der Amtsübergabe an die erste irakische Nachkriegsregierung setzte Verwalter Bremer das berüchtigte Dekret Nr. 17 durch, durch das allen im Irak tätigen Vertragsfirmen vollkommene Immunität gewährt wird.“ Augenblicklich gebe es national wie international keine rechtliche Handhabe, bei Rechtsverstößen gegen die privaten Unternehmen einschreiten zu können. Laut John Hillary habe es allerdings bisher im Irak keinen einzigen Fall gegeben, bei dem private Kämpfer für eventuelle Unrechtstaten zur Verantwortung gezogen worden wären.

Tim Spicer von Aegis widersprach dem in der BBC vehement. Denn es gebe bindende Verträge mit der US-Regierung, die sicherstellen würden, dass seine Firma, und die Mehrheit der Branche, ihren Verpflichtungen nachkäme.

Kölner Ideen könnten Leben retten

Delegation aus Indien informierte sich unter anderem über den Hochwasserschutz.

Die indische Megastadt Pune lernt von Köln: Übers Wochenende statteten der Erach Barucha, Professor für Umweltforschung der Bharati Vidyapeeth Universität in Pune, und sein Kollege Yashwant Khaire von der dortigen Stadtverwaltung dem geografischen Institut der Uni Köln einen Besuch ab. „Wir wollen uns insbesondere über Hochwasserschutz und Biodiversitätskonzepte informieren“, sagt Barucha.

In den fünf Tagen ihres Besuchs hatte die indische Delegation viel vor: Mit Thomas Krafft vom Geoinstitut besuchten sie den Kölner Zoo, die Hochwasserschutzzentrale, das Grünamt und diverse Grünanlangen. Der Botanische Garten in Bonn und der Burgwald in Nordhessen standen auch noch auf dem Programm.

„Pune ist eine Agglomeration mit rund fünf Millionen Einwohnern und wenig Grün“, erzählt Barucha. „Wir haben uns viele Anregungen für die Einrichtungen eines Naturparks geholt.“ Der Kölner Zoo hat die Besucher sehr beeindruckt: „Der Tiergarten ist großartig“, lobt Barucha.

Der Besuch der Hochwasserzentrale sei besonders hilfreich gewesen. „Wir werden immer wieder mit Überschwemmungen konfrontiert“, sagt der Professor. In Köln informierten sich die beiden Besucher daher über die Einrichtung eines Frühwarnsystems. „Das könnte viele Leben, gerade von den armen Leuten, die an den Ufern leben, retten“, so Barucha.

Die Reise der indischen Delegation ist Teil eines Projekts zur Regierbarkeit und Steuerbarkeit von Megastädten. Seit zwei Jahren läuft das Projekt unter Federführung des Geoinstituts der Uni Köln. Mit dabei sind unter anderem Wissenschaftler der TU Berlin, des Umweltforschungszentrums Leipzig und der Forschungsinitiative Invent. Im Fokus stehen unter anderem die Wasserversorgung, die Energieeffizienz und der Klimawandel.

30. Mai 1431: Jeanne d'Arc verbrannt

Deutsche Welle | Kalenderblatt

Am 30. Mai 1431 wurde im französischen Rouen das Bauernmädchen Jeanne d'Arc auf dem Scheiterhaufen hingerichtet. Die junge Frau hatte den Kampf gegen die englischen Besatzer angeführt, war dann aber von den Burgundern festgenommen und an die Engländer ausgeliefert worden.


Tumulte bei Anhörung zur Zentralmoschee in Köln

Die Veranstaltung ist noch keine Minute alt, da erteilt Versammlungsleiter Josef Wirges die erste Rüge: „Wenn Sie weiter so reden, dann haben Sie heute Abend frei. Ich verweise Sie des Saals“, ermahnt der Ehrenfelder Bezirksbürgermeister einen Zwischenrufer. Es ist ein hauptamtlicher Mitarbeiter der Fraktion der rechtsextremen Vereinigung „Pro Köln“.

Immer wieder wird er in den nächsten anderthalb Stunden gezielt provozieren, bis Wirges Ernst macht. Als der „Pro Köln“-Funktionär den SPD-Politiker „Nazi“ schimpft, wird er von Ordnern und Polizisten hinausgebracht. Kurz zuvor war eine Stadträtin von „Pro Köln“ rausgeflogen. Sie hatte immer wieder in den Saal gebrüllt, obwohl Mandatsträger kein Rederecht hatten. Dies alles wirkte wie eine von „Pro Köln“ geplante Aktion, um sich vor den zahlreichen Journalisten und Kameraleuten in Szene zu setzen. Die Veranstaltung steht auf der Kippe. Wirges unterbricht, doch einige Moscheegegner lassen sich kaum noch beruhigen. Sie sind bei der Bürgeranhörung zum Moscheebau klar in der Minderheit.

Solidarität für den Bauherrn

Mehr als 700 Bürgerinnen und Bürger waren in die nach dem Baugesetzbuch vorgeschriebene Veranstaltung gekommen. Eine Reihe Politiker und Verbandsvertreter, die den Moscheebau befürworten, hatten sich demonstrativ in die ersten Reihen gesetzt. Mancher nutzte die Bürgeranhörung zu Solidaritätsbekundungen für den Bauherrn, die Türkisch-Islamische Union Ditib.

Obwohl üblicherweise bei solchen Anhörungen allein baurechtliche Fragen erörtert werden, war es zunächst Sozialdezernentin Marlis Bredehorst, die das Wort hatte. Sie warb mit einer ruhigen Ansprache für Integration und Religionsfreiheit. Sie sei stolz auf die Religionsfreiheit, die in Deutschland bestehe, betonte die Dezernentin - ganz gleich, wie es andere Staaten damit hielten. Religion vermittle den Menschen Halt und Werte, ob es nun die katholische, die islamische und die jüdische sei. Sie finde es wichtig, dass es auch für Muslime sichtbare Gotteshäuser gebe. Außerdem sei es ohne die Mitarbeit der Vereinigungen und Institutionen der Glaubensgemeinschaften für die Stadt kaum möglich, eine gute Sozialpolitik zu machen. Das gelte genauso für die Caritas wie für eine Moscheegemeinde. Der Vortrag wurde mehrfach von Zwischenrufern gestört.

Danach erläuterte Baudezernent Bernd Streitberger den baurechtlichen Hintergrund des geplanten Moscheebaus. Die Stadt will den Bebauungsplan ändern, damit die Türkisch-Islamische Union (Ditib) auf ihrem Gelände an der Venloer Straße anstelle der jetzigen Moschee eine neue, größere bauen darf. Im Rahmen dieser Planänderung müssen die Bürger und die „Träger öffentlicher Belange“ beteiligt werden. Sie können Anregungen und Bedenken zu Protokoll geben, über die dann der Rat zu entscheiden hat.

Architekt Paul Böhm stellte den von der Ditib geplanten Komplex an der Ecke Venloer Straße / Innere Kanalstraße vor: ein Gebetsraum für etwa 2000 Gläubige, zwei 55 Meter hohe Minarette, ein 34 Meter hoher Kuppelbau, ein für jedermann zugänglicher Innenhof mit Geschäften, eine Bücherei, Schulungsräume und mehr. Unter der Zentral-Moschee der Ditib soll eine Tiefgarage entstehen. Als auf der Leinwand eine Skizze der Moschee aufleuchtete, klatschten die Befürworter des Baus Beifall. Streitberger verteidigte Minarette und Kuppel, als gewollte, sichtbare Zeichen einer muslimischen Gebetsstätte.

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Energiekonzern stellt Strom ab - Lungenkranke stirbt

Allzu rigoros hat ein neuseeländischer Energieversorger auf die unbezahlten Rechnungen einer Familie in Auckland reagiert. Mitarbeiter schnitten das Haus kurzerhand von der Stromzufuhr ab, obwohl dort eine schwer kranke Frau lebte. Kurze Zeit später war sie tot.

Wellington - Die Polizei in Neuseeland hat heute Ermittlungen zum Tod der Frau aufgenommen. Ein Verwandter sagte in einem Radiointerview, die vierfache Mutter habe den Mitarbeiter des staatlichen Konzerns Mercury Energy hereingebeten und noch darauf hingewiesen, dass ihr Überleben vom Funktionieren einer Sauerstoffpumpe abhänge. Dennoch sei der Strom gekappt worden.

Kurze Zeit später bekam sie den Angaben zufolge Atemschwierigkeiten und brach zusammen. Dem Notarzt gelang es nicht mehr, die Frau zu reanimieren.

Mercury-Energy-Chef James Moulder äußerte sich bestürzt über den Vorfall. Es werde untersucht, was genau passiert sei. Moulder versicherte, die Stromversorgung für das Haus in Auckland werde wieder hergestellt, nachdem die trauernde Familie dort eine Nacht im Dunkeln verbringen musste.

Die 44-Jährige hatte vier Kinder im Alter von 5 bis 20 Jahren. Sie war Lehrerin, konnte ihrer Arbeit aber wegen der Erkrankung seit Februar nicht mehr nachgehen. Über die Höhe der Zahlungsrückstände wurde nichts mitgeteilt.

Briten überwachen sich per Mini-Hubschrauber

George Orwell, der Autor von '1984', war Engländer. Ist es Zufall, dass ausgerechnet ein Sprössling Englands vor 'Big Brother' warnte?

Die Briten scheinen sich jedenfalls dem Ziel verschrieben zu haben, die Anzahl der Überwachungskameras der Einwohnerzahl anzugleichen. Dafür brauchen sie noch ein bisschen. Derzeit tun etwa 4,2 Millionen Kameras ihren Dienst - eine Kamera kommt auf 14 Einwohner.

Während die Kameras Straßen und Plätze überwachen, werden die Innenräume nicht vernachlässigt. Europas größter 'Spy-Shop' in London bietet die 'Bearcam' an - einen Teddy mit Videokamera. Der Teddy wird gern von paranoiden Eltern gekauft, etwa um das Kindermädchen zu kontrollieren. Die Kamera kann auch in andere Plüschtiere eingesetzt werden.

Auf Straßen und in Wohnungen ist dank der Kameras also absolut nichts zu befürchten - was ist aber mit der Gefahr von oben? Was ist mit Persern auf fliegenden Teppichen, die vom Linksverkehr nichts gehört haben? Was ist mit osteuropäischen Pferdedieben, die mit Fallschirmen in englischen Vorgärten landen?
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Diese werden im Distrikt Merseyside jetzt auch gefilmt - von einem Mini-Hubschrauber, der aus der Ferne gesteuert wird. Die 'Spy-Drone' saust durch die Lüfte und zeichnet Verdächtige auf. "Das ist eine preisgünstige Hilfe, um Kriminelle zu fangen", sagte Simon Byrne, Senior Police Officer, der Nachrichtenagentur Reuters. Falls die Drohne ein Erfolg wird, könnte sie im ganzen Land eingesetzt werden.

Dienstag, 29. Mai 2007

Omas im Kampf gegen AIDS

Großmütter - oft die einzige Hoffnung für ihre Enkel

Weltweit gibt es inzwischen 15 Millionen AIDS-Waisen. Und ihre Zahl steigt täglich weiter.

  • In vielen afrikanischen Dörfern ist die Generation der Eltern gestorben.
  • In einigen Regionen des südlichen Afrika leben mehr als 60 Prozent der Waisen bei ihren Großeltern.

In den allermeisten Fällen sind es die Großmütter, die sich um die Versorgung der Enkel kümmern.

In Afrika und Asien lebt mittlerweile jedes fünfte Waisenkind bei seiner Großmutter. In Südafrika, Simbabwe und Namibia sind mehr als 60 Prozent der AIDS-Waisen bei ihrer Großmutter untergekommen. In Ghana, Malawi, Tansania und Thailand sind es 50 Prozent. Oft sorgt eine einzige Großmutter für fünf, zehn oder gar 20 Kinder. Die Frauen haben nicht genug Geld, um für Nahrung, Kleidung und Medikamente aufzukommen. Die Kinder können nicht zur Schule gehen, weil keine Mittel für Schulgeld, Busfahrkarten, Hefte, Stifte und Bücher vorhanden sind.

Leben für das Enkelkind: Alista aus Mosambik

Alista aus Mosambik ist eine dieser vergessenen Heldinnen. Trotz Krankheit kümmert sie sich um die fünfjährige Germa. Sie lebt mit ihrer Enkeltochter in einer Lehmhütte, die nur notdürftigen Schutz gegen die häufigen Regengüsse bietet. Im Innern ist es feucht und dunkel, die Hütte hat keine Fenster. Germas Mutter lebt schon lange nicht mehr bei ihrer Familie. Alina vermutet, dass sich ihre Tochter als Prostituierte infiziert hat. Als es ihr immer schlechter ging, ließ sie Germa bei ihrer Großmutter zurück und verschwand. Außer Alista gibt es niemanden, der sich um das Mädchen kümmern kann. Denn alle fünf Tanten und Onkel sind bereits gestorben. Für Germa ist ihre Großmutter die einzige Hoffnung.

Bisher bekommen Großmütter wie Alista nur wenig Hilfe. Und dabei gibt es täglich mehr Waisen. Angesichts ihrer enormen Zahl streben Hilfsorganisationen und Regierungen an, die Last in den ländlichen Gebieten auf die gesamte Dorfgemeinschaft zu verteilen und Waisenhäuser zu schließen. Die Großmütter brauchen dabei am meisten Unterstützung.

Schule für AIDS-Waisen

Zusammen mit Hilfsorganisation wie HelpAge hilft UNICEF gezielt alten Menschen, die Waisenkinder großzuziehen. Eine freiwillige Helferin besucht Alista jetzt regelmäßig. Sie bespricht mit ihr die dringendsten Sorgen und hilft beim Wasser holen und Holz sammeln, wenn Alista zu schwach ist. Die Help-Age-Helferin sorgt auch dafür, dass die Enkelin von den Behörden eine so genannte Armutsbescheinigung erhält. Nur so bekommt Germa einen Platz in der Schule, ohne Schulgebühren zu zahlen. Zwar kostet die Schule nur umgerechnet einen US-Dollar im Jahr, aber das wäre für Alista unerschwinglich. Da die mittlere Generation im südlichen Afrika vielerorts ausgestorben ist, gibt es niemanden mehr, der für Arbeitseinkommen sorgen kann. Mit der wachsenden Zahl von Waisen steigt auch das Armutsrisiko sowohl der Kinder als auch ihrer Großeltern.

Mit Spenden aus Deutschland unterstützt UNICEF die Organisation HelpAge, deren Helfer mittlerweile in mehr als 50 Dörfern von AIDS betroffene Familien besuchen. Dazu gehört die Schulung von Helfern, die Beschaffung von Fahrrädern für Hausbesuche sowie die Versorgung der Waisen mit Schulheften und Stiften. 20.000 Waisen erhalten so Zugang zu sozialen Leistungen. „Ich möchte, dass Germa zur Schule geht. Es ist das Wichtigste, was ein Mensch für seine Zukunft tun kann“, sagt Alista, die selbst nie lesen und schreiben gelernt hat. „Für mich selbst hoffe ich nur, dass ich noch eine Weile am Leben bleibe“, sagt sie und lächelt ihrer Enkeltochter zu.

UNICEF-AktionVergessene Heldinnen

"Grundsätzlich glaubwürdig"

Fall Kurnaz: Staatsanwaltschaft stellt Verfahren gegen Soldaten ein

Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat im Fall des ehemaligen Guantánamo-Häftlings Murat Kurnaz das Ermittlungsverfahren gegen zwei Elitesoldaten der Bundeswehr eingestellt. «Trotz verbleibenden Verdachts, lässt sich nach Auffassung der Staatsanwaltschaft ein Nachweis nicht führen», teilte die Behörde am Dienstag mit. Kurnaz hatte Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) vorgeworfen, ihn Anfang 2002 in einem amerikanischen Lager im afghanischen Kandahar geschlagen und getreten zu haben.

Die beschuldigten Soldaten hatten die Vorwürfe als «frei erfunden» zurückgewiesen.

Zuletzt hatten sich die Ermittlungen auf die Frage konzentriert, ob ein von Kurnaz beschriebener Militär-Lastwagen sich zur fraglichen Zeit in dem Gefangenenlager befunden hat. In «diesem zentralen Punkt» ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft «eine Klärung nicht möglich». Die Aussagen des heute 25 Jahre alten Kurnaz seien aber grundsätzlich glaubwürdig gewesen, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Walter Vollmer.

Weiterer Verdächtiger im Regierungsskandal in Japan begeht Selbstmord

TOKIO: Einen Tag nach dem Freitod des japanischen Agrarministers Toshikatsu Matsuoka hat ein weiterer Verdächtiger im Skandal um illegale Parteispenden Selbstmord begangen. Der frühere Direktor eines staatlichen Forstwirtschaftsunternehmens sprang aus seiner Wohnung in Yokohama.
Nach japanischen Medienberichten hatte die Staatsanwaltschaft am Sonntag die Büroräume des 76-Jährigen durchsucht, an diesem Dienstag sollte seine Befragung fortgesetzt werden.
Zwei Mitarbeiter des Unternehmens und mehrere Auftragsnehmer waren unter dem Verdacht festgenommen worden, Ausschreibungen für lukrative Regierungsaufträge manipuliert zu haben.



Chavez bedrängt weiteren Oppositionssender

CARACAS: In Venezuela hält der Druck des linksnationalistischen Präsidenten Hugo Chávez auf regierungskritische Medien an. Nach der Schließung des Fernsehsenders RCTV forderte Chávez die Staatsanwaltschaft auf, gegen den TV-Kanal Globovision zu ermitteln.
Dieser habe in "unterschwelligen Botschaften" zu seiner Ermordung aufgerufen, so der Staatschef zur Begründung.
Die Leitung des Senders wies den Vorwurf als lächerlich zurück.
Globovision ist nach dem Aus von RCTV der größte der Opposition nahestehende Rundfunksender in Venezuela. Bei anhaltenden Protesten gegen das erzwungene Ende von RCTV wurden rund zehn Menschen verletzt.



Montag, 28. Mai 2007

Machen die Teletubbies schwul?

Offizielle Untersuchung in Polen

Po, Laa-Laa, Tinky Winky und Dipsy unter Propaganda-Verdacht - weil Tinky Winky eine Handtasche trägt.

Warschau - Oho! Böser Verdacht gegen die Teletubbies: Sie machen schwul! Oho! Deshalb hat die polnische Ombudsfrau für Kinder, Ewa Sowinska, jetzt allen Ernstes eine Untersuchung eingeleitet.

"Die soll einschätzen, ob das im öffentlichen Fernsehen gezeigt werden kann", erklärt Sowinska. Die Wächterin über die Kinderseelen befürchtet, dass die harmlos aussehenden Teletubbies finstere "homosexuelle Propaganda" betreiben. Denn Tinky Winky trägt eine Handtasche! Als Junge! "Da kann ein homosexueller Zusammenhang verborgen sein", so Sowinska. Sollten die psychologischen Berater zur selben Schlussfolgerung kommen, könnte das Programm zensiert werden.

Dem lilablauen Teletubbie war auch schon in den USA unterstellt worden, er sei schwul. Die Erklärung damals: Er trägt einen regenbogenfarbenen Schirm (Zeichen der Schwulen), und auf dem Kopf hat er ein Dreieck (weibliches Phallus-Symbol).

Der arme Tinky Winky und seine Freunde Dipsy, Laa-Laa und Po müssen jetzt hoffen. Denn wenn Frau Sowinska auch noch rauskriegt, dass Tinky Winky ganz gern mal im Tüll-Rock durchs Tubby-Land tanzt, heißt es in Polen wohl nie wieder: "Winke, Winke!"

Regierungskritischer TV-Sender in Venezuela abgeschaltet

Der venezolanische Staatschef Hugo Chávez ist seinem Ziel, die Medien unter seine Kontrolle zu bringen, ein Stück näher gerückt. Der älteste Sender des Landes musste nach 53 Jahren seinen Betrieb einstellen.

Zusammenstöße zwischen Polizisten und Demonstranten, Quelle: AP

Zusammenstöße zwischen Polizisten und Demonstranten

Nach der von den Mitarbeitern gesungenen Nationalhymne wurden die Bildschirme in der Nacht zum Montag (28.5.07) plötzlich schwarz. Vergeblich protestierten tausende Demonstranten in Caracas gegen die Schließung des Privatsenders Radio Caracas Television (RCTV). Dabei kam es am Sonntag zu schweren Zusammenstößen, die Polizei löste die Protest-Kundgebung mit Wasserkanonen und Tränengas auf.

In den Studios von RCTV werden künftig die Sendungen des neuen staatlichen Senders TVes produziert. Um einen reibungslosen Übergang zu ermöglichen, hatte das Oberste Gericht zuvor entschieden, dass RCTV seine Ausrüstung in der Anfangszeit dem neuen Sender zur Verfügung stellen muss.

"Ende des Pluralismus"

Seit Tagen demonstrierten die Gegner einer Schließung vor dem Sitz der venezolanischen Telekom und den Studios des Senders. Die Zeitung "El Nacional" sprach vom "Ende des Pluralismus" in Venezuela. Sie warnte vor einem zunehmenden Informationsmonopol der Regierung. RCTV-Chef Marcel Granier kündigte am Montag an, den "Kampf für Pressefreiheit und Demokratie" mit friedlichen Mitteln fortzusetzen.

Vor den Studios feierten unterdessen Anhänger des linksgerichteten Staatschefs mit einer riesigen Party bis zur Morgendämmerung das Ende des Chávez-kritischen Senders und den Beginn eines neuen sozialistischen Fernsehens.

Mehrheit gegen die Schließung

Dank seiner Telenovelas und verschiedenen Shows verfügte der Sender RCTV über die höchste Zuschauerzahl in Venezuela. Gleichzeitig stand er seit 2002 in bitterer Opposition zu Chávez. Dieser kündigte sofort nach seiner Wiederwahl im vergangenen Dezember an, dass er die Lizenz von RCTV nach ihrem Ablauf nicht mehr verlängern werde.

In Umfragen sprachen sich 70 bis 80 Prozent der Venezolaner gegen die Schließung aus.Mit dem Ende von RCTV unterstehen bereits zwei der vier landesweit ausstrahlenden Fernsehsender der Regierung.

Sonntag, 27. Mai 2007

US-Geheimdienste warnten vor Irak-Fiasko

Neue Vorwürfe gegen die Bush-Regierung: Bereits vor der Irak-Invasion prophezeiten sämtliche US-Geheimdienste, dass der Krieg in Chaos und Terror enden würde. Das Weiße Haus kannte die Analysen, versprach aber öffentlich einen schnellen Übergang zur Demokratie.

Berlin - Der Übergang zur Demokratie im Irak werde eine "lange, schwierige und wahrscheinlich turbulente Herausforderung". Der irakischen politischen Kultur fehle "die gesellschaftliche Untermauerung" für eine demokratische Entwicklung. Sie kenne "kein Konzept einer loyalen Opposition und keine Tradition des Machtwechsels".

Außerdem werde ein Krieg im Irak "zu einer Zunahme des politischen Islam und erhöhter Unterstützung von Terrorgruppen" führen. Spannungen zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden würden "terroristische Gruppen ermuntern, die volatile Sicherheitslage auszunutzen und Anschläge auszuführen".

Klingt vertraut?

All dies schrieben US-Analysten bereits im Januar 2003 - zwei Monate vor der US-Invasion im Irak. Der gestern vorgelegte 229-seitige Bericht des US-Senats, der sich mit Regierungsprognosen für den Nachkriegsirak beschäftigt, basiert im wesentlichen auf zwei Dokumenten, die damals auf höchster Ebene in Washington zirkulierten. Bei den Einschätzungen habe es sich um die Konsensmeinung der verschiedenen US-Geheimdienste gehandelt, schreibt die "Washington Post", die die Analysen "prophetisch" nennt.

Der Nationale Geheimdienstrat hatte die beiden Analysen kurz vor dem Krieg in Auftrag gegeben und weitergeleitet. Kenntnis hatten laut einer im Senatsbericht veröffentlichten Liste das Weiße Haus, das Pentagon, das Außenministerium sowie die zuständigen Kongressausschüsse.

"Gruselige Warnung"

Der Senatsbericht gibt den Bush-Kritikern neues Futter. Die Regierung habe "die ernüchternden Geheimdienstanalysen" der amerikanischen Bevölkerung vorenthalten, kritisierte der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, der demokratische Senator John Rockefeller, in einem Statement. Die "gruseligste Warnung" der Dienste sei gewesen, dass Iran und Al Qaida die aus einem Krieg resultierende Instabilität ausnutzen würden.

Der republikanische Senator Christopher Boyd hingegen warf den Demokraten vor, die Untersuchung parteipolitisch zu missbrauchen. Die Warnungen seien "keine Kristallkugel" gewesen. "Der Bericht übertreibt die Bedeutung der Einschätzungen aus der Vorkriegszeit", schrieb Boyd zusammen mit drei weiteren republikanischen Senatoren in einem Statement. Es habe damals auch andere "autoritative Meinungen" gegeben.

Ebenso reagierte auch George W. Bush. Die Regierung habe damals viele Warnungen erhalten. Einige seien eingetreten, andere nicht, sagte der US-Präsident. Er habe die Risiken abgewogen und seine Entscheidung getroffen.

Zu den falschen Prognosen zählte etwa die optimistische Annahme, dass der Wiederaufbau des Irak durch die Öleinnahmen erleichtert würde. Die Produktion ist bis heute weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Auch die Annahme, dass der Terrorismus im Nachkriegsirak binnen drei bis fünf Jahren aufhören werde, erwies sich als irrig.

Lafontaine beschimpft Müntefering als "Großmaul"

Der Ton zwischen Sozialdemokraten und Linkspartei im Kampf um Wählerstimmen wird immer schärfer: Ex-SPD-Chef und Linksparteipolitiker Lafontaine nennt Vizekanzler Müntefering ein "Großmaul" und wirft ihm "intellektuelle Defizite" vor - Umweltminister Gabriel keilt zurück.

Berlin - Um deutliche Worte ist Oskar Lafontaine nie verlegen. Jetzt teilt der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag und frühere SPD-Chef in Richtung seiner früheren Parteifreunde aus. Im Deutschlandfunk warf er den Sozialdemokraten vor, sie hätten ihre Prinzipien aufgegeben und müssten mittlerweile "Sozialabbau-Partei Deutschlands" genannt werden. Die SPD stehe für eine "Zerstörung der Rentenformel, die Beraubung der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und für die Beteiligung Deutschlands an völkerrechtswidrigen Kriegen".

Besonders scharfe Angriffe richtete Lafontaine gegen Vizekanzler Franz Müntefering: Lafontaine nannte den Arbeitsminister ein "Großmaul" und warf ihm "intellektuelle Defizite" vor.

Dagegen forderte Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) seine Partei zu einem härteren Umgang mit Lafontaine und der Linkspartei auf. Er bezeichnete den Linksfraktions-Chef wegen dessen Kritik am Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan als "Helfershelfer der Taliban".

"Die SPD muss kämpfen um die Deutungshoheit über das, was wir links nennen", sagte Gabriel der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Seine Partei solle mutig die Auseinandersetzung mit Lafontaine suchen. Gabriel: "Hab' bloß keine Angst, SPD: Lafontaine ist der Scheinriese der deutschen Politik, wie der Tur-Tur aus der Augsburger Puppenkiste. Je näher man ihm kommt, desto kleiner wird er."

Gabriel attackierte auch den Koalitionspartner: Die Erfolge der Bundesregierung hätten nichts mit den Programmen der Union zu tun. In der Frage der Mindestlöhne werde die SPD nicht locker lassen. Die Mehrheit der Koalitionspartner von CDU und CSU träumten weiterhin von Neoliberalismus, sagte Gabriel. Das neue Grundsatzprogramm der CDU nannte Gabriel "virtuell", es repräsentiere nicht die vorherrschende Meinung der Partei. Die SPD müsse "viel selbstbewusster werden. Schließlich hat sie unter Gerhard Schröder die Basis für den jetzigen Aufschwung gelegt", sagte Gabriel.

Samstag, 26. Mai 2007

Zu früh gefreut "Bild"-Zeitung

Einem Irrtum ist die Bild-Zeitung in ihrer gestrigen Hamburg-Ausgabe aufgesessen. Auf Seite vier berichtete das Blatt in großer Aufmachung, dass der Polizei endlich ein Schlag gegen autonome G8-Gegner gelungen sei. Das Foto zeigt zwei schwarz gekleidete Menschen, die am Boden liegen, daneben stehen zwei Polizisten. "Hier liegen zwei Autonome am Boden", schreibt Bild. Die Festgenommenen hätten "radikale Parolen geschmiert".

Tatsächlich handelte es sich bei den gesprühten Parolen aber um ein Hakenkreuz und die Worte "Zionisten" und "Mörder", wie die Polizei gegenüber der taz erklärte. Die Festgenommenen, von Bild "Chaoten" tituliert, sollen laut NDR Info Neonazis sein, "die dem Verfassungsschutz einschlägig bekannt sind".

Offenbar hatte es der Bild-Reporter versäumt, sich die "Schmierereien" anzusehen, die die Festnahmen ausgelöst hatten. Der Radiosender 90,3 zitierte gestern die Polizei mit der Aussage, Bild habe nach den politischen Hintergründen des Vorfalls gar nicht gefragt.



Freitag, 25. Mai 2007

Den Arsch nicht aufgerissen

Die "Lauenstein-Affäre" bei Neun Live offenbart die Abwesenheit einer wirksamen Kontrolle von Privatsendern durch die Landesmedienanstalten

"Wir werden von vorne bis hinten von der Bayerischen Landesmedienanstalt überwacht... Sonst reißen die uns den Arsch auf." Neun-Live-Moderator Thomas Schürmann 2004 zu Täuschungsvorwürfen.


Ob nun die Neun-Live-Moderatorin Alida Lauenstein mit ihrer Bemerkung während des Gewinnspiels am 13. Mai subtil Protest gegen die Geschäftspraktiken ihres Brötchengebers erregen wollte oder ihr diese nur versehentlich herausgerutscht ist, wird wohl ihr Geheimnis bleiben. Fakt ist jedoch, dass mit den Worten: "[…] noch ein bisschen mitzunehmen. Lasst das doch Max übernehmen. Bei solchen Peaks, schlagt doch später zu […]" die bisherige Behauptung des Senders, die Zuschauer ihres "Transaktions- und Mitmachfernsehen" würden per Hot-Button-Prinzip ausgewählt, kaum mehr haltbar ist.

Durch den im Internet zugänglich gemachten Fernsehmitschnitt wird auch für Angehörige der Zielgruppe von Neun Live ersichtlich, dass die Anrufer nicht, wie vom Sender angegeben, anhand eines Zufallsgenerators ausgesucht werden, sondern dass hinter den Kulissen ein Redakteur darüber entscheidet, wann ein Zuschauer zur Moderatorin durchgestellt wird. Eine wesentliche Komponente der Sendung basiert also auf Zuschauertäuschung.

In Erklärungsnöte gerät durch den Vorfall aber nicht nur der Sender – dessen Zweck es ist, Profit zu erwirtschaften –, sondern vor allem die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM), die die Bevölkerung in der Theorie vor den Auswüchsen solch einer reinen Renditeorientierung schützen sollte. Trotzdem erhielten Sender mit "innovativen" bzw. fragwürdigen Geschäftsmodellen vor allem in Bayern - also im Zuständigkeitsbereich der BLM - ihre Lizenzen. Sollte eine effektive Beaufsichtigung dieser Sender durch die Landesmedienanstalt wirklich stattgefunden haben, so hatte sie bisher keine Konsequenzen.

Massive und permanente Verstöße gegen Fernsehrichtlinien

Dabei gab es bereits vor dem Auftauchen des Lauenstein-Videos genügend Berichte, in denen klar auf die offensichtlichen Täuschungen bei den im Volksmund "Idiotensender" genannten Anstalten hingewiesen wurde. Trotzdem gab der BLM-Fachreferent für Fernsehen, Robert Busl, noch Ende Januar 2007 anlässlich einer Publikumsbeschwerde eine Stellungnahme ab, die einem Blankoscheck für den hochprofitablen Sender Neun Live (Jahresumsatz ca. 60 Millionen Euro) gleichkam.

Auch als sich Anfang Mai 2007 ehemalige Mitarbeiter des von Christiane von der Salm gegründeten Unternehmens im Magazin plusminus über die dubiosen Geschäftspraktiken äußerten und der Vorwurf erhoben wurde, dass das Medienunternehmen permanent und massiv gegen die Anwendungs- und Auslegungsregeln der Landesmedienanstalten für die Aufsicht über Fernseh-Gewinnspiele verstoße, sah die Aufsichtsbehörde keinen Anlass zum Entzug der Sendelizenz.

Und auch mit dem jetzigen Skandal scheint die BLM umzugehen, wie sie es von Helmut Kohl, dem großen Förderer der privaten Fernsehsender, gelernt hat. So äußerte sich der Pressesprecher der BLM, Dr. Flieger, zu den neuesten Entwicklungen bei Neun Live:

"Das ist hochinteressant, wir werden 9live damit konfrontieren. 9live wird jetzt angeschrieben, dann wird es eine Anhörung geben. Medienrechtlich hat ein Verstoß gegen den Rundfunkstaatsvertrag derzeit keine Folgen. Eine Beanstandung ist möglich, ein Bußgeld aber nicht. Ein Verstoß hätte also nur formale Folgen."

Diese Art des Umgangs mit einer Aufsichtspflicht gibt bei BLM-Insidern allerdings nur bedingt zur Verwunderung Anlass, denn der Präsident der Landesmedienzentrale, Wolf-Dieter Ring, stellt den Einsatz für bestimmte Unternehmen unverhohlen als modernen medienpolitischen Pragmatismus dar. Trotzdem sitzt er relativ fest im Sattel: Umstritten ist er weniger in der Politik, als bei den Mitarbeitern seiner Anstalt, die er wie ein Fürst regiert. Zu seinem 60. Geburtstag musste die gesamte Belegschaft am Opernball-Fan vorbeidefilieren, während sie zur großen V.I.P.-Party nicht nur nicht eingeladen war, sondern dringlichst gebeten wurde, möglichst den Dienst vor dem Eintreffen der Gäste zu beenden und das Gebäude über den Hinterausgang zu verlassen.

Bei so prunkvollen Feiern bleibt natürlich wenig Zeit für eine effektive Kontrolle der Sender. So wenig, dass nach Informationen aus der Anstalt hunderttausende Unterschriften gegen Nachmittagstalkshows seit etwa einem Jahrzehnt "bearbeitet" werden – ohne Ergebnis, versteht sich. Andere ehemalige Mitarbeiter äußern anhand der erfahrenen Arbeitsabläufe den Verdacht, dass es sich bei der BLM um eine Alibi-Behörde handeln könnte, in der gegebenenfalls absichtlich ineffektiv gearbeitet wird, um Beschwerden des Publikums wirksam zu kanalisieren und ins Leere laufen zu lassen - damit Medienunternehmen weiter senden können wie bisher.

"Wir wollen ja nicht Scherben ohne Ende aufkehren"

Bereits wenige Monate nach Amtsantritt steht Telekom-Chef René Obermann mit dem Rücken zur Wand. Denn er hat es nicht geschafft, die Mitarbeiter auf den Sanierungskurs einzustimmen. Jetzt geht es für ihn und für Ver.di nur noch darum, ohne Gesichtsverlust aus dem Dilemma herauszukommen.

Bonn - Der inzwischen 14 Tage andauernde Streik hat die Fronten auf beiden Seiten massiv verhärtet. Doch ein Zurück gibt es weder für den Telekom-Vorstand noch für die Ver.di-Funktionäre. Zu groß ist inzwischen der Druck, unter dem beide Seiten stehen: Sie haben Erwartungen geweckt, die sie jetzt erfüllen müssen. Obermann muss die Umstrukturierung gelingen, wenn er sich nicht als schwacher Manager erweisen will. Auf der anderen Seite muss Ver.di ihren Mitgliedern einen Erfolg präsentieren.

Telekom-Vorstände Eick, Sattelberger: "Wir würden es tun"

Thomas Sattelberger sendete heute die ersten versöhnlichen Signale. Er wolle nicht, dass eine Seite das Gesicht verliere, machte der neue Telekom-Personalvorstand heute in Bonn deutlich. "Für einen Kompromiss müssen beide Seiten zurückstecken". Im Angebot des Konzerns und den Aussagen der Gewerkschaft steckten "viele Möglichkeiten". Und schließlich gebe es durchaus noch Zeit für Verhandlungen: Fünf Wochen seien es noch bis zur Überleitung der Arbeitsplätze im Service und den Callcentern der Festnetzsparte T-Com in die geplanten neuen Unterfirmen am 1. Juli. Und selbst danach sei er jederzeit für Gespräche offen, versicherte der Vorstand.

Doch es scheint so, als ob das Gesprächsangebot zurzeit eher einem Lippenbekenntnis gleichkommt. Denn viel Spielraum für eine friedliche Einigung bleibt der Telekom nicht, das machte Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick noch einmal klar. Er betonte die Notwendigkeit, im harten Wettbewerb die Kosten zu senken. Das fordere auch die Bundesregierung als größter Aktionär des Konzerns, bestätigte Eick, der von Druck aus Berlin aber nicht reden wollte.

Und Sattelberger wollte nicht darauf verzichten, den Mitarbeitern auch die Folterwerkzeuge zu zeigen. Lege man allein die rechtlichen Rahmenbedingungen zugrunde, sagte er, könne der Konzern die Auslagerung der 50.000 Jobs in eigenständige Gesellschaften notfalls auch ohne Einigung mit Ver.di durchsetzen.

Drohung mit dem Gesetzbuch

Wie das gehen soll, hat der Vorstand den Beschäftigten in einem Informationsbrief mitgeteilt: Nach Paragraf 613 a des Bürgerlichen Gesetzbuches sei ein so genannter Betriebsübergang möglich, indem andere, mit der Gewerkschaft Ver.di geschlossene Tarifverträge auch ohne Zustimmung der Betroffenen angewandt würden, erläuterte Sattelberger.

"Mir würde das Herz wehtun, wenn wir in diese Situation geraten würden", erklärte der Manager. "Auf der anderen Seite: Wir würden es tun." Im konkreten Fall sollen die Callcenter den bei T-Mobile geschlossenen Tarifvertrag übernehmen. Für die Bereiche Technischer Service und Infrastruktur soll der Tarif der Telekom-eigenen Beschäftigungsgesellschaft Vivento gelten. Die Einkommen lägen mehr als neun beziehungsweise etwa zwei Prozent niedriger als bisher, die Arbeitszeit bei 38 statt 34 Stunden.

Zwar sah auch das bisherige, von der Gewerkschaft in gescheiterten Tarifverhandlungen abgelehnte Angebot Lohnkürzungen um neun Prozent vor. Allerdings fielen ohne einen Kompromiss Zusagen wie ein Kündigungsverzicht bis Ende 2011, ein Härtefallfonds und ein gestufter Übergang zu den niedrigeren Einkommen weg.

Zwar hätten die Beschäftigten vor dem Übergang in die Service-Gesellschaften formal vier Wochen Zeit zum Widerspruch. Sie würden aber ihre Jobs verlieren, falls sie davon Gebrauch machten, erklärte Sattelberger. Die Arbeit in den alten Einheiten falle weg. Eine Weiterbeschäftigung bei der T-Com sei dann nicht mehr möglich. Der für das ganze Unternehmen vereinbarte Kündigungsschutz bis Ende 2008 gelte in diesem Fall nicht. Und eine Fortsetzung des Streiks nach dem 1. Juli bei geltenden Tarifverträgen wäre nach Auffassung des Unternehmens illegal.

Erfolgsbeteiligung in besseren Zeiten

Ver.di fasst den Brief als Kriegserklärung auf. "Mit ihrer Kündigungsdrohung macht die Telekom die bisher von ihr angebotene Beschäftigungssicherung praktisch wertlos", sagte Ver.di-Verhandlungsführer Lothar Schröder. Er forderte den Konzern auf, ein verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen. Es sei an der Zeit, den Beschäftigten eine Perspektive anzubieten statt sie zu bedrohen und einzuschüchtern.

Die Telekom dagegen verlangt die Wiederaufnahme der Verhandlungen auf der bisherigen Basis. Eick ließ freilich durchblicken, dass Nachbesserungen möglich seien. Und Sattelberger hob die bisherige "Kultur der Sozialpartnerschaft" bei der Telekom hervor, zu der er so schnell wie möglich zurückkehren wolle. "Wir wollen ja nicht Scherben ohne Ende aufkehren", sagte er. Der Schlüssel zur Lösung könnte in einer von Sattelberger ins Gespräch gebrachten "Chancen- und Risikogemeinschaft" liegen.

Einschnitte in schwierigen Zeiten könnten durch eine Erfolgsbeteiligung der Beschäftigten ausgeglichen werden, wenn die wirtschaftliche Lage wieder besser sei. Der Haken dabei, so hieß es aus Gewerkschaftskreisen, sei, dass die vorgegebenen wirtschaftlichen Ziele auch realistisch erreichbar sein müssten.

Das wäre wahrscheinlich der Hauptpunkt künftiger Verhandlungen.

G-8-Gipfel: Gericht hebt Demo-Verbot teilweise auf

Das Schweriner Verwaltungsgericht hat das strikte Demonstrationsverbot beim G-8-Gipfel gekippt. Globalisierungskritiker dürfen nun doch bis auf 200 Meter an den Sicherheitszaun heran.

Schwerin - Die Globalisierungs-Kritiker haben damit einen wichtigen Etappensieg im Rechtsstreit um Einschränkungen der Versammlungsfreiheit erzielt. Das Verwaltungsgericht Schwerin erlaubte den Gegnern des Gipfels vom 6. bis 8. Juni unter Auflagen nun doch, wesentlich näher am Tagungsgelände als bisher genehmigt zu protestieren. Sie dürfen bis auf 200 Meter an den Sicherheitszaun um Heiligendamm herankommen. Die Protestszene und Vertreter von Grünen, FDP und Linkspartei zeigten sich zufrieden. Gegen den Beschluss kann Beschwerde eingelegt werden.

Die Behörden hatten ein wesentlich weiträumigeres Versammlungsverbot für die Zeit des Treffens verfügt. Laut Gericht bezieht sich der Beschluss vom Freitag nur auf den angemeldeten Sternmarsch am 7. Juni nach Heiligendamm. Der Entscheidung wird aber ein grundsätzlicher Charakter beigemessen. Das Gericht verhängte Auflagen für den Sternmarsch, um den friedlichen Charakter zu gewährleisten. So sind nur bestimmte Routen zugelassen, um unter anderem Rettungswege frei zu halten. Außerdem müssen die Demonstrations-Veranstalter durch Ordnungskräfte selbst dafür sorgen, dass Zufahrtswege frei gehalten werden.

Gericht beruft sich auf Grundrecht der Versammlungsfreiheit

In der Begründung der Schweriner Richter wird auf die Bedeutung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit Bezug genommen. Den Bedenken der Sicherheitsbehörden könnten durch die Auflagen "in einer das Grundrecht der Versammlungsfreiheit schonenderen Weise" als durch das weiträumige generelle Verbot Rechnung getragen werden.

Der Koordinator des Rostocker Bündnisses gegen den G-8-Gipfel, Monty Schädel, sagte: "Die Polizei ist in ihre rechtlichen Schranken verwiesen worden." Er hoffe, dass die Polizei das akzeptiere und keine Beschwerde gegen das Urteil einlege. Sie würde mit einer Beschwerde nach Ansicht von Schädel die von ihr begonnene Eskalation fortsetzen.

Die Polizeidirektion Rostock hatte für die Zeit vom 5. Juni an ein allgemeines Verbot für Aktionen im Umkreis von fünf bis zehn Kilometern um den Sicherheitszaun beim Tagungsort erlassen. Dagegen hatten die Organisatoren des Sternmarsches geklagt. Die Richter entschieden nun (AZ: 1B 243/07), dass das Versammlungsverbot nur für den eingezäunten Versammlungsort Heiligendamm und die 200 Meter breite Pufferzone gilt. Der Sternmarsch kann damit stattfinden, die ursprünglich geplante Schlusskundgebung an der Seebrücke des Tagungsortes bleibt aber weiterhin verboten.

Polizei will über Beschwerde beraten

Der Sprecher der G-8-Polizeieinheit Kavala, Axel Falkenberg, sagte, es werde über eine Beschwerde beraten. Die Entscheidung werde spätestens an diesem Samstag bekannt gegeben.

Auch das mit der Organisation des Sternmarsches beauftragte "Sternmarsch-Bündnis" prüft nach eigenen Angaben eine Beschwerde. "Wir stellen weiterhin das Demonstrationsverbot innerhalb des Zauns in Frage", hieß es in einer Mitteilung. Über die Beschwerde werde in Kürze entschieden.

Die Grünen begrüßten die gerichtliche Lockerung des Demonstrationsverbotes. "In einer Demokratie müssen Proteste grundsätzlich in "Hör- und Sichtweite" zu den Personen zugelassen werden, gegen die demonstriert wird", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck.

Die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, begrüßte die Gerichtsentscheidung ebenfalls. "Im Interesse des Rechtsfriedens sollte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schwerin schnell rechtskräftig werden", sagte die frühere Bundesjustizministerin.

Polizei überwacht Post, Drogerien und Internet-Cafés

FILZ-AKTION VOR G-8-GIPFEL

Großaktion vor dem G-8-Gipfel in Heiligendamm: Post und Staatsschutz haben zugegeben, verdächtige Briefe zu kontrollieren und zu öffnen. Auch Internet-Cafés und Filialen einer Drogeriemarkt-Kette sind im Visier der Ermittler.

Hamburg - Die Beamten hätten einen richterlichen Beschluss vorgelegt, sagte ein Sprecher der Post. "Dann müssen wir die reinlassen." Ob sie G-8-Gegnern auf die Spur kommen wollten, konnte der Sprecher nicht sagen. Unbekannt sei auch, welche Briefe kontrolliert wurden. Auch der Hamburger Staatsschutz hat "punktuelle" Kontrollen von Briefen bei den Ermittlungen gegen Gegner des G-8-Gipfeltreffens bestätigt.

"Hierbei handelte es sich um richterlich genehmigte Postbeschlagnahmungen im Zusammenhang mit aufgetauchten Bekennerschreiben", sagte der Leiter der Behörde, Detlef Kreutzer. In den vergangenen Wochen gab es in Hamburg mehreren Farb- und Brandanschlägen von Gegnern des G-8-Gipfels in Heiligendamm.

Die Tageszeitung "taz" hatte berichtet, dass Ermittler des Landeskriminalamts im Briefzentrum Mitte Sendungen kontrolliert und auch Briefe geöffnet habe. Besonders im Visier seien die Szenestadtteile Altona, St. Pauli und Eimsbüttel sowie das Schanzen- und das Karoviertel.

Der Sprecher betonte, die Polizei habe ohne Hilfe der Post gearbeitet. Deshalb sei der Umfang der Kontrollen auch nicht bekannt. "Da wird unser Personal rigoros abgezogen." Die Beamten seien von Dienstag bis Donnerstag im Briefzentrum gewesen und hätten auch einen Briefkastenleerer auf seiner Tour begleitet.

Verdächtiges aus dem Schlecker-Sortiment

Dem Zeitungsbericht zufolge lief die Aktion unter der Federführung des Bundeskriminalamtes, die Ausführung habe das Landeskriminalamt übernommen. Das Bundeskriminalamt verwies auf die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Von dort war bisher keine Stellungnahme zu erhalten. Am Nachmittag will die Polizei in Hamburg eine Pressekonferenz geben.

Die Fahndung nach militanten G-8-Gegnern läuft laut "taz" derzeit auf verschiedenen Ebenen. Das Landeskriminalamt versucht demnach auch, Internet-Cafés dazu zu bewegen, Videokameras zu installieren und die Aufnahmen der Polizei zur Verfügung zu stellen. Zudem habe der Staatsschutz die Drogeriekette Schlecker ins Visier genommen. Dort könnten szeneverdächtige Leute bestimmte Dinge einkaufen. An den Orten der Anschläge seien offenbar Utensilien gefunden worden, die ausschließlich zum Schlecker-Sortiment gehörten.

Seit 2005 hat es in Hamburg zahlreiche Brand- und Farbanschläge auf Häuser und Autos von Politikern und Managern gegeben, in letzter Zeit häuften sich die Taten. Die Polizei vermutet, dass dahinter militante G-8-Gegner stecken. Bisher konnte noch kein Täter gestellt werden.

Harms verteidigt Razzien bei G-8-Gegnern

Generalbundesanwältin Monika Harms hat im SPIEGEL das rigorose Vorgehen gegen Gegner des G-8-Gipfels verteidigt, insbesondere Razzien und die Entnahme von Geruchsproben. Ihre Behörde sei "nicht über das Ziel hinausgeschossen." Es gebe "Anleitungen für Brandanschläge" und "Camps, in denen Blockaden und militante Aktionen für Heiligendamm trainiert werden".

Auch die Abnahme der umstrittenen Geruchsproben sei gerechtfertigt gewesen, so Harms. Man habe solche Proben nur bei fünf Beschuldigten genommen, und zwar aus konkretem Anlass: "Nur weil eine Methode von der Stasi in ganz anderem Zusammenhang eingesetzt wurde, heißt das noch nicht, dass sie für uns schon deswegen tabu ist."

Hinrichtung in Ohio dauerte zwei Stunden

Bei einer Hinrichtung im US-Bundesstaat Ohio ist es erneut zu einer schweren Panne gekommen. Die Gefängnisangestellten fanden keine Vene für die Giftspritze. Fast zwei Stunden lang stocherten sie in den Armen des Mannes, während der mit ihnen scherzte und zwischendurch sogar zur Toilette ging.

Lucasville - Die Hinrichtung des übergewichtigen Straftäters dauerte derart lange, weil die Injektionsnadel mit dem tödlichen Gift mindestens zehn Mal neu angesetzt werden musste. Üblicherweise dauert die Vollstreckung der Todesstrafe in den USA nur etwa 20 Minuten. Die Amerikanische Bürgerrechtsunion (ACLU) rief die Justizbehörden von Ohio auf, wegen der Probleme bei der Tötung von Christopher Newton alle Hinrichtungen bis auf weiteres zu stoppen.

Bereits im vorigen Jahr hatte es bei einer Hinrichtung eine schwerwiegende Panne gegeben. Während der Exekution kollabierte die Vene des Todeskandidaten, der daraufhin während der Prozedur plötzlich aufwachte und seinen Henkern mitteilte, dass die Medikamente nicht wirkten. Die Angestellten suchten eine neue Vene, und erst dann wurde das tödliche Gift injiziert, so dass der Mann starb.

Menschenrechtler weisen seit Jahren darauf hin, dass die Hinrichtung mit der Giftspritze ungewöhnlich grausam und schmerzhaft ist, und fordern einen landesweiten Hinrichtungsstopp. Immer wieder kommt es zu Pannen und Verzögerungen. Ungeachtet dessen wird in den meisten US-Bundesstaaten die Exekution mit der tödlichen Spritze durchgeführt.

Der 37-jährige Newton trug die Verzögerung mit Fassung. Er redete und scherzte sogar mit den Angestellten des Gefängnisses in Lucasville, während diese eine geeignete Vene in seinen Armen suchten. Zwischendurch wurde ihm eine Toilettenpause gewährt. Der 120 Kilogramm schwere Mann wurde schließlich gestern um 11.53 Uhr Ortszeit für tot erklärt. Der Beginn der Hinrichtung war für 10 Uhr angesetzt. Newton ist der 19. Todeskandidat, der in diesem Jahr in den USA hingerichtet wurde, und der 1077. seit Wiedereinführung der Todesstrafe im Jahr 1976.

Newton bestand auf der Vollstreckung der Strafe, die wegen der Ermordung eines Mithäftlings verhängt wurde. Der Straftäter, der fast sein ganzes Leben als Erwachsener im Gefängnis verbrachte, hatte 2001 den 27-jährigen Jason Brewer während einer Partie Schach im Streit erschlagen. In einer letzten Erklärung vor der Hinrichtung entschuldigte sich Newton bei der Familie seines Opfers.

Die Anwälte des Straftäters hatten beantragt, ihrem Mandanten wegen geistiger Verwirrung die Todesstrafe zu ersparen. Ein Gericht befand Newton im Herbst vergangenen Jahres jedoch für straffähig.

Zum Zeitpunkt des Mordes verbüßte Newton eine Haftstrafe, weil er 1999 in das Haus seines Vaters eingebrochen war. Später sagte er aus, er habe dabei absichtlich seine Fingerabdrücke zurückgelassen, um wieder ins Gefängnis zu kommen.