Der islamfeindliche Verein „Pax Europa“ ruft zum Protest gegen den „Tag der Offenen Moschee“ auf und trifft auf ein Gegenbündnis aus religiösen Gruppen und Antidiskriminierungsverbänden. VON KARIN SCHÄDLER
Kinder hören zum Tag der offenen Moschee in Köln einem Imam zu, der die Rituale erklärt.
Aus Sorge um das „christlich-jüdische Abendland“ ist sie extra aus Süddeutschland angereist. Es finde eine „schleichende Islamisierung“ statt, sagt die Frau mittleren Alters, etwa wenn muslimische Eltern ihre Mädchen nicht gemeinsam mit Jungen in den Schwimmunterricht lassen wollen. Denn Muslime seien „als Ausländer hier“ und daher müssten sie sich in jeder Hinsicht integrieren. Wenn manche christlichen Eltern ihre Kinder nicht in den Sexualkundeunterricht schicken möchten, finde sie das aber „in Ordnung“.
Um gegen die „Okkupation“ des dritten Oktobers als „Tag der Offenen Moschee“ und die „Islamisierung“ der deutschen Gesellschaft zu protestieren, wie es im ursprünglichen Aufruf hieß, hat der islamfeindliche Verein „Pax Europa“ am Samstag zu einer Kundgebung vor der Gedächtniskirche in Berlin aufgerufen. Etwa 200 Menschen folgten dem Aufruf.
Einer der vielen Freiwilligen, die am Samstag in den Moscheen zahlreichen Besuchern ihre Fragen beantworteten, ist dennoch optimistisch. Schließlich hat er mitbekommen, dass es eine Gegendemonstration gibt, an der auch Vertreter der Grünen, der Linken sowie christliche und jüdische Organisationen teilnehmen. Nach der Tötung der Ägypterin Marwa El-Sherbini im Dresdener Landgericht Anfang Juli, die nach Angaben der Staatsanwaltschaft durch Hass auf Muslime motiviert war, gelang ein solcher Schulterschluss zumindest in der Hauptstadt nicht. „Vielleicht haben wir daraus gelernt“, sagt Nina Mühe, eine der Mitorganisatorinnen des Bündnisses „gegen antimuslimischen Rassismus“. Etwas mehr als 300 Menschen nahmen an der Gegendemo teil. Auf der Liste der Unterstützer finden sich viele Antidiskriminierungsverbände und Einzelpersonen wie der Regisseur Neco Çelik oder die ehemalige Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John.
Zur Gegendemonstration gehört auch ein „Friedensgebet“ in einer Kirche, an dem neben muslimischen und christlichen Vertretern auch eine Bahai-Gemeinde und die islamische Reformbewegung Ahmadiyya teilnehmen. Eine Sufi-Gruppe präsentiert mehrere Musikstücke. Aliyeh Yegane von der Bahai-Gemeinde „Geistiger Rat“ sagt, sie sei sofort bereit gewesen, die Veranstaltung zu unterstützen. Zwar würden die Bahai im Iran von Vertretern des Islam verfolgt, sie sei aber überzeugt, dass dies nicht dem „wahren Islam“ entspreche. Zudem seien die Bahai durch ihre lange Geschichte der Verfolgung besonders sensibel für das Thema Diskriminierung, auch, wenn andere davon betroffen seien.
In der Ankündigung der Gegendemo wird Pax Europa vorgeworfen, Ängste zu schüren und ein „Feindbild Islam“ aufzubauen. René Stadtkewitz, Berliner CDU-Abgeordneter und Landesvorsitzender von Pax Europa, sagt hingegen: „Wir wollen über die totalitäre Ideologie des Islam aufklären.“ Daher würden sie am Tag der Deutschen Einheit ein Zeichen setzen für Menschenrechte und gegen Unterdrückung. Auf mehreren Plakaten wird auf die islamfeindliche Internetseite Politically Incorrect (PI) hingewiesen. Stadtkewitz sagt über PI: „Viele Beiträge treffen den Kern.“
Viele der „Pax Europa“-Anhänger haben sich in Israel-Flaggen eingewickelt oder tragen diese vor sich her. „Ich will damit zeigen, dass ich mit Rassismus nichts zu tun habe“, sagt ein Teilnehmer. Ein anderer bekräftigt: „Wir wollen endlich diesen ewigen Vorwurf loswerden, wir seien Rechtsextremisten.“ Ein älterer Herr will mit der Israel-Flagge gar ausdrücken, dass Muslime ihre Frauen unterdrücken würden. „All das steckt da drin“, meint er.
Eine der Rednerinnen der Gegendemo, Iris Hefets von der „Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden im Nahen Osten“, spricht kurze Zeit später laut ins Mikrofon: „Sie instrumentalisieren uns Juden für die Ausgrenzung einer neuen Minderheit.“ Als die Gegendemonstranten an den „Pax Europa“-Anhängern vorbeiziehen, rufen sie immer wieder „Nazis raus“. Zur Verwunderung mancher Passanten wird der Sprechgesang erwidert, so dass sich nun beide Gruppen gegenseitig als „Nazis“ diffamieren. Eine Sympathisantin von „Pax Europa“ sagt, der Islam sei schließlich eine Ideologie, die mit dem Nationalsozialismus zu vergleichen sei.
Anhand solcher Aussagen fällt es den Gegendemonstranten nicht besonders schwer, geschlossen gegen „Pax Europa“ aufzutreten, auch wenn die verschiedenen Organisationen aus dem Bündnis „gegen antimuslimischen Rassismus“ in vielen anderen Fragen unterschiedliche Positionen zu Islamthemen vertreten. „Aber wir wollen das eben in einem Dialog bearbeiten“, sagt eine der Mitorganisatorinnen der Gegendemo, die evangelische Pfarrerin Gerdi Nützel.
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