Unter Druck: Thilo Sarrazin
Der deutsch-türkische Politiker und Reiseunternehmer Vural Öger forderte den Ausschluss Sarrazins aus der SPD. Jemand wie Sarrazin könne nicht Mitglied der Sozialdemokraten bleiben, wurde Öger von mehreren türkischen Medien zitiert. Zuvor hatte schon die Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Eva Högl ein Parteiausschlussverfahren gefordert.
Zuvor hatte Bundesbank-Präsident Axel Weber seinem Vorstandskollegen Sarrazin Konsequenzen nahegelegt. „Es geht hier nicht um Personen“, sagte Weber am Rande der IWF-Herbsttagung in Istanbul. „Es geht um Institutionen. Die Bundesbank ist eine in Deutschland mit hohem Ansehen verbundene Institution“, betonte er.
Jeder, der darin eine Funktion habe, müsse „sich seiner Verantwortung für diese Institution und für ihr entsprechendes Standing in der deutschen Öffentlichkeit bewusst sein“, fügte der Bundesbank-Präsident hinzu. Jeder müsse also „mit sich selbst ins Gericht gehen“, ob sein Handeln zur Förderung dieser Institution beitrage oder nicht.
„Ich sehe schon, dass hier ein Reputationsschaden entstanden ist“, sagte Weber mit Blick auf Sarrazins Äußerungen. Es gelte nun, diesen Schaden zu reparieren. Er verwies darauf, dass sich Sarrazin von seinen Äußerungen distanziert und entschuldigt habe. Diese Entschuldigung Sarrazins nannte Weber notwendig und angemessen.
Weber sprach dennoch insgesamt von einer „bedenklichen Entwicklung“ für die Bundesbank, die ihr geschadet habe. Dieses Verhalten sei nicht mit dem Verhaltenskodex der Deutschen Bundesbank vereinbar. Die Bundesbank-Gewerkschaft VdB schloss sich den Forderungen Webers an. Sarrazin habe dem Institut mit seinen Äußerungen erheblichen Schaden zugefügt, erklärte die Arbeitnehmervertretung am Sonntag.
„Insbesondere die ehrverletzende Art und Weise der Äußerungen sind mit dem Amt eines Vorstandsmitgliedes der Deutschen Bundesbank nicht vereinbar“, hieß es weiter. Die Gewerkschaft verwies darauf, dass jeder Mitarbeiter der Bank „bei ähnlichen Äußerungen mit schwersten dienstlichen Konsequenzen rechnen“ müsse. Es sei daher „schon aus Gleichbehandlungsgrundsätzen unabdingbar“, dass Sarrazin sein Amt zur Verfügung stelle, sagte der VdB-Bundesvorsitzende Harald Bauer.
Sarrazin hatte im Gespräch mit der Berliner Kulturzeitschrift „Lettre International“ unter anderem eine mangelnde Integration vor allem von Türken und Arabern in Berlin kritisiert. Zugleich hatte Sarrazin zum Rundumschlag gegen seine frühere Wirkungsstätte ausgeholt: Berlin sei insgesamt belastet durch zwei Faktoren: „der 68er-Tradition und dem Westberliner Schlamp-Faktor. Es gibt auch das Problem, dass vierzig Prozent aller Geburten in der Unterschicht stattfinden“, sagte Sarrazin in dem Interview.
Das SPD-Mitglied Sarrazin sitzt seit Mai im Vorstand der Bundesbank, der von der Bundesregierung bestellt wird und nur vom Bundespräsidenten entlassen werden kann. Der ehemalige Berliner Finanzsenator hat einen der drei Sitze, für die der Bundesrat Vorschläge macht.
Der 64-Jährige war vor seiner Berufung sieben Jahre Finanzsenator in Berlin und verpasste der hoch verschuldeten Hauptstadt einen rigiden Sparkurs. Schon in dieser Zeit war er mit provokanten Äußerungen aufgefallen. Das Verhältnis zwischen Sarrazin und Weber gilt seit langem als zerrüttet. Weber hatte sich bereits im Vorfeld intern wiederholt gegen die Ernennung des Berliners ausgesprochen. Für eine Entlassung durch den Bundespräsidenten ist ein Antrag des Bundesbank-Vorstands nötig, dem Weber vorsteht.
Auch in der SPD wächst der Unmut über das prominente Mitglied. Sarrazin müsse „sich überlegen, ob er zu den Grundwerten der SPD steht oder nicht“, sagte Christian Gäbler, Fraktionsgeschäftsführer der Partei im Berliner Abgeordnetenhaus und Vorsitzender von Sarrazins Kreisverband Charlottenburg- Wilmersdorf dem „Tagesspiegel am Sonntag“. Demnach wird sich die Schiedskommission des Kreisverbands mit dem Fall befassen.
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