Cap Anamur-Protest 2004: "Kein Krieg gegen Flüchtlinge".
Der wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung nach Italien angeklagte frühere Vorsitzende der Hilfsorganisation Cap Anamur, Elias Bierdel, ist freigesprochen worden. Wie sein Anwalt Axel Nagler mitteilte, sprach das Gericht im sizilianischen Agrigent auch den Kapitän des Schiffs "Cap Anamur", Stefan Schmidt, frei, sowie den Ersten Offizier, den Russen Wladimir Dschkewitsch.
Die drei hatten trotz einer drohenden Geld- und Haftstrafe in den vergangenen drei Jahren im Gerichtssaal weiter zu der umstrittenen Rettungsaktion von 37 afrikanischen Flüchtlingen aus dem Mittelmeer in Italien gestanden.
Eigentlich habe es bei dem Urteil nur eine Möglichkeit gegeben, so Ex-Cap-Anamur-Chef Elias Bierdel vor der Urteilsverkündung am Mittwoch gegenüber dem Deutschlandfunk: "Ein rauschender Freispruch und eine anschließende persönliche Entschuldigung durch den Staatspräsidenten Italiens". So politisch aufgeladen, wie das Verfahren aber war, hatte Bierdel nach eigenem Bekunden eine Verurteilung dennoch für wahrscheinlicher gehalten.
Italien hatte dem Schiff drei Wochen lang die Einfahrt in einen sizilianischen Hafen mit der Begründung verwehrt, die Flüchtlinge müssten nach Malta gebracht werden. Schließlich durften sie doch noch an Land gehen, wurden aber kurze Zeit später wieder abgeschoben.
Vorwürfe von Kritikern, er habe mit seiner Aktion damals ein Medienspektakel inszeniert, wies Bierdel zurück. Selbstverständlich seien Fehler gemacht worden, weil man auf die Situation nicht vorbereitet gewesen sei. So habe man etwa zu viel Zeit gebraucht, bis ein geeigneter Hafen zum Anlaufen gefunden war. Dennoch habe er keinen einzigen Journalisten eingeladen oder an Bord geholt. "Sie kamen, weil sie schauen wollten, und ich bin bis heute der Meinung, dass wir das gar nicht anders machen konnten", erklärte er.
Sich angesichts der Tatsache, dass Menschen in großer Zahl an der EU-Außengrenze verschwinden, ertrinken, verdursten und von europäischen Grenztruppen abgewehrt würden, auf Inszenierungsfragen zu konzentrieren, habe er schon damals und im Rückblick erst recht obszön gefunden.
Bierdel forderte in dem Radio-Interview auch die deutsche Regierung auf, bei den Flüchtlingsdramen auf See stärker Verantwortung zu übernehmen und ebenfalls Flüchtlinge aufzunehmen. "Warum sollten wir nicht geradezu mustergültig für Europa zeigen, wie man menschenwürdig und professionell umgeht mit denen, die bei uns Schutz und Hilfe suchen?", fragte er. Das sei aber ganz offensichtlich nicht erwünscht und das mache ihn ein bisschen traurig, denn die Möglichkeiten wären ohne weiteres da.
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