In der hitzigen Debatte über die Sicherheits-Pläne von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich der SPD- Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz klar für die umstrittenen Online-Durchsuchungen ausgesprochen. Er wandte sich in der Neuen Osnabrücker Zeitung (Mittwoch) auch gegen die massive Kritik des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar. «Für mich ist klar, dass wir diese Ermittlungsmaßnahme brauchen. Ebenso klar ist aber, dass sie nur mit sehr hohen Hürden und in extremen Ausnahmefällen zum Einsatz kommen kann», sagte Wiefelspütz. Er rechne mit einer Größenordnung von etwa 10 bis 20 Fällen pro Jahr.
Schaar hatte die Pläne zum Ausspähen privater Computer über das Internet in seinem Datenschutzbericht als «nebulös» bezeichnet, was Wiefelspütz als «unfair» zurückwies. «Die Arbeit an den Details dieser rechtlich heiklen Maßnahme hat gerade erst begonnen. Da ist es nur logisch, dass es im Moment noch mehr Fragen als Antworten gibt.» Wiefelspütz betonte zugleich, dass die SPD genau prüfen werde, ob Schaars Vorwurf massiver Versäumnisse der Regierung beim Datenschutz zutreffe. «Wir werden sicher nicht zulassen, dass Datenschutz als Täterschutz diffamiert wird» - es handele sich vielmehr um ein zentrales Bürgerrecht.
Auch Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) wies Schaars Vorwurf zurück, die Regierung vernachlässige sträflich den Schutz der Daten von Bürgern. Er sagte der Frankfurter Rundschau (Mittwoch): «Wir sind in den letzten 25 Jahren nicht zu einem Polizei- oder Überwachungsstaat geworden und werden dies auch in 250 Jahren nicht werden.» So sei das Instrument der Online-Durchsuchung unverzichtbar für die Gefahrenabwehr. Bosbach: «Sonst gibt es im Internet einen geschützten Raum für Verbrecher, der vom Staat nicht kontrolliert werden kann.»
Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) unterstützte die Sicherheitsvorstellungen Schäubles. «Es gibt Lücken, und die müssen geschlossen werden», sagte der designierte Ministerpräsident im BR-Fernsehen am Dienstagabend. Eine Online-Abfrage des Passbildes befürwortete der CSU-Politiker nachdrücklich: «Wir brauchen schnelle Zugriffe.» Differenziert äußerte sich Beckstein zu einer Speicherung von Fingerabdrücken: «Im Prinzip ist das sinnvoll, aber nicht in einer zentralen Datei.» Er fügte hinzu: «Ein anständiger Bürger kann darauf vertrauen, dass der Staat auf seine privaten Daten keinen Zugriff nimmt.»
Kritik an Schäuble übte die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): «Wir erleben eine Kaskade von täglich neuen Vorschlägen und bewusst missverständliche Äußerungen von Herrn Schäuble.» Der geplante staatliche Zugriff auf den PC werde für viele Menschen nachhaltige negative Folgen haben. Der FDP-Innenexperte Max Stadler sagte im Chat der ARD-Tagesschau: «Man hat den Eindruck, dass Herr Schäuble eine so große Zahl offenkundig undurchsetzbarer Vorschläge macht, um im Wege des "Kompromisses" dann doch einiges durchzubringen.»
Beckstein griff die SPD in der Anti-Terror-Debatte ungewöhnlich scharf an. Er stellte sich in der Passauer Neuen Presse (Mittwoch) hinter die Forderung Schäubles, die Bundeswehr bei der Luftsicherung und beim Objektschutz einzusetzen. Die SPD dürfe hier nicht länger blockieren, forderte Beckstein und fügte hinzu: «Ich fürchte, dass wir uns mit der SPD erst nach einem hoffentlich nie kommenden Terroranschlag einigen können. Wenn es dazu kommt, werden wir in jedem Falle auch eine Diskussion über die Mitschuld bekommen.» Die SPD müsste sich dann «die Frage stellen, warum sie nicht alles zur Terrorabwehr unternommen hat».
Die Bundesregierung will nach einem Zeitungsbericht die umfassende Speicherung von Internet-Verbindungsdaten früher als bisher geplant einführen. Dies geht nach Informationen der Berliner Zeitung (Mittwoch) aus dem Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hervor. Danach soll die Internetbranche bereits vom 1. Januar 2008 die Daten von Internet-Nutzern sowie deren E-Mail-Verkehr sechs Monate lang speichern. Bisher plante die Regierung, diese Verpflichtung erst vom März 2009 an einzuführen. Der Verband der deutschen Internetwirtschaft kritisierte die frühere Verpflichtung zur Datenspeicherung. Die Zeitvorgabe sei «völlig unrealistisch».
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