Das dünne Eis vor der Ostküste Kanadas hat die Robbenpopulation deutlich reduziert. Trotzdem hat die kanadische Regierung die diesjährige Jagdquote nur gringfügig reduziert. Tierschützer sehen die Art dadurch gefährdet und protestieren gegen das Töten der der Tiere.
Von Martina Butler, ARD-Hörfunkstudio New York
Mit Gewehren, Keulen und sogenannten Hakapiks, einer Art Spitzhacke, werden in Kanada wieder Robben gejagt. 270.000 - dieses Limit hat die Regierung gesetzt. Mehr Robben dürfen diese Saison nicht gefangen werden. Doch das sind viel zu viele, protestieren Tierschützer wie Rebecca Aldworth: "Ich bin entsetzt. Ich kann gar nicht glauben, dass die kanadische Regierung erlaubt hat, 270.000 Tiere zu töten. Wir hatten gerade die Umweltkatastrophe, bei der Hunderttausende Robbenbabys gestorben sind, als das Eis schmolz und sie noch nicht stark genug waren, um im offenen Wasser zu überleben.
Viele Robbenbabys ertranken
Robbenmütter bringen ihre Jungen normalerweise auf festen Schollen zur Welt und ziehen sie dort groß, bis die Kleinen gelernt haben zu schwimmen. Durch das ungewöhnlich warme Wetter ist ein großer Teil des Eises geschmolzen. Viele Robbenbabys mussten im Wasser zur Welt gebracht werden und ertranken. Das könnte bis zu 70 bis 80 Prozent der Neugeborenen passiert sein, schätzen manche Tierschützer. Die Robbenzahl sei schon ohne Jagd daher erheblich kleiner als sonst. Die Regierung versucht zu beruhigen, nur wenige Jagdgebiete seien von der Eisschmelze betroffen. Die Jagd ist traditionell ein entscheidender Teil des Einkommens kleiner Fischerdörfer und der Inuit.
Die Jagd ist weiterhin ein Geschäft
Die Pelze bringen gutes Geld auf dem Modemarkt und die Robbenfänger verteidigen, was sie tun, weil sie es schon seit Jahrhunderten tun: "Wir sind keine Barbaren, wie einige Leute meinen. Wir wollen nur den Lebensunterhalt für uns und unsere Familien verdienen." Doch zu welchem Preis, kritisieren die Tierschützer. Die Robben seien nicht immer beim ersten Schuss tot. Manche würden nur verletzt, flüchteten ins Wasser und würden dort qualvoll sterben. Einige, behaupten die Tierschützer, würden außerdem noch bei lebendigem Leib gehäutet - Argumente, die Loyola Sullivan vom Fischereiministerium so nicht stehen lassen will: "Die Robbenjagd ist human und professionell. Ein Bericht hat ergeben, dass Robben auf vertretbare Weise getötet werden." Die Jagd in Kanada könne, so der Report, sogar ein Modell für andere sein.
Robbenbabys werde nicht mehr getötet
Keine Jagd werde so intensiv überwacht wie die auf Robben, werben die Jäger um Verständnis. Und die Regierung kritisiert, dass Tierschützer immer wieder herzerweichende Bilder von kleinen weißen Robbenbabys zeigten, auch wenn deren Jagd schon seit 20 Jahren verboten ist. Die Jungen müssten seitdem mindestens 14 Tage alt sein - und dann färbt sich ihr Pelz grau. Aber selbst dann sollten sie kein "Fashion Victim" werden, so die empörten Tierschützer, die an Kanada und der aktuellen Fangquote verzweifeln, meint Aldworth: "Es zeigt mir, dass die kanadische Regierung weitermacht, Robben zu töten. Auch die globale Erderwärmung kann sie offenbar nicht aufhalten."
Der Streit ist wieder entbrannt. Tierschützer gegen Jäger und Regierung. Wut, Helikopter und Videokameras gegen Gewehre, Keulen und Spitzhacken. Und mittendrin die kleinen Knäule mit den Knopfaugen.
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