Stasi-Vergleich von ZDF-Chefredakteur
Der scheidende Chefredakteur hat Parteispitzel in ZDF und ARD mit  Stasi-IMs verglichen. Der Vergleich mag diskutabel sein, die Zuträger  existieren allerdings tatsächlich.     
Es "lohne sich, zu kämpfen": ZDF-Chefredakteur  Nikolaus Brender.  Foto: dpa 
Nein, ein Diplomat ist er wirklich nicht. Sondern  Journalist. Als solcher hat der scheidende ZDF-Chefredakteur Nikolaus  Brender noch mal seine Sicht auf den Durchmarsch der Union beim Zweiten  Deutschen Fernsehen formuliert, an dessen Ende im November 2009 die  Weigerung des ZDF-Verwaltungsrats stand, Brenders Vertrag noch einmal zu  verlängern. Es "lohne sich, zu kämpfen", sagt Brender im aktuellen Spiegel;  nicht nur für die Vielfalt im Sender jenseits des Parteiproporzes,  sondern auch "gegen inoffizielle Mitarbeiter, wirklich vergleichbar mit  den IM der DDR ,  die sich die großen Parteien in einem Sender wie dem ZDF halten".     
Dass es diese Zuträger gibt, die ihre  Parteioberen mit Sender-Interna, Tratsch und Halbgarem versorgen, ist  ein alter Hut. Schon letztes Jahr sprach Brender mit spürbarer  Verachtung von denen, die der ehemalige ZDF-Intendant Dieter Stolte  "Häusleschleicher" nannte (taz vom 27. 11. 2009). "Aus solchen  trüben Gewässern" speise sich die "Meinungsbildung in den Parteien über  ,ihre' Sender und deren Macher", so Brender nun im Spiegel: "Es  sind wenige, aber die wenigen sind immer noch zu viele", so Brender.       
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Doch nun erhitzt der IM-Vergleich die Gemüter.  Schließlich tagen morgen die Chefs der Staatskanzleien der Bundesländer  in Berlin, alle gehören zu den "großen Parteien" CDU und SPD. Auch hier  geht es um die Causa Roland Koch - Hessens Ministerpräsident war neben  dem Bayerischen Exregierungschef Edmund Stoiber   (CSU) der Wortführer der Union beim großen Brender-Absägen. Die  Sozialdemokraten wollen eine Reform des ZDF-Gesetzes hin zu mehr  Staatsferne ausloten, bevor es das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe  tut und den Einfluss der Landesregierungen auf den Sender vielleicht  drastisch schmälert.   
Bei der Union ist von Reformeifer jetzt wenig zu  spüren: Sie fordert via Bild vom ZDF-Verwaltungsrat, zu prüfen,  ob nicht diese "Rufschädigung Konsequenzen für die Pensionszahlungen"  von Brender haben müsse. ZDF-Intendant Markus Schächter, der Brender  zunächst für eine weitere Amtszeit vorgeschlagen hatte, bezeichnete  dessen Äußerungen gestern als "in der Sache falsch und in der Form  maßlos und inakzeptabel". Aus seiner Enttäuschung über die Ablehnung  seiner Vertragsverlängerung dürfe Brender nicht die Arbeit der  RedaktionskollegInnen mit solchen Verdächtigungen belasten, so  Schächter.   
Immerhin der Forderung nach Pensionskürzungen  erteilte Kurt Beck (SPD) umgehend eine Absage: Die Äußerungen seien  "überflüssig" und "öffentliche Drohgebärden in dieser Frage nicht  hilfreich", sagte der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, der auch  Vorsitzender des ZDF-Verwaltungsrats ist. Doch wegen des IM-Vergleichs  bekommt Brender jetzt auch aus den SPD-Kreisen Widerspruch, die ihm in  der Debatte um seine Vertragsverlängerung stets den Rücken gestärkt  hatten. Kein Wunder - schließlich spricht Brender in Sachen  "Spitzelsystem" ja ausdrücklich von "den großen Parteien", was die SPD  mit einschließt.  
Die Äußerungen des scheidenden  ZDF-Chefredakteurs seien "überzogen und zeichnen ein unzutreffendes Bild  des Senders", gab sich Beck noch recht diplomatisch. Deutlicher wurde  der Chef der SPD-Medienkommission, Marc-Jan Eumann: Brender müsse  aufpassen, "dass er nicht wie Roland Koch dem öffentlich rechtlichen  Rundfunk einen schweren Schaden zufügt". Der noch bis zum 31. März  amtierende ZDF-Chefredakteur habe mit dem IM-Vergleich sich und seinen  Journalistenkollegen einen Bärendienst erwiesen sagte Eumann, und  "höchstens Roland Koch einen Gefallen getan". Die anstehenden Beratungen  um die Novellierung des ZDF-Staatsvertrag in dieser Woche würden "durch  die abwegigen Brender-Äußerungen auch nicht einfacher".   
Dabei beschreibt Brender in der Sache durchaus  die Realität. Manchmal wird so etwas öffentlich, wenn wie im vergangenen  Jahr der in Bayern bestens verdrahtete Focus online so munter  wie falsch aus einer Runde der leitenden ZDF-Redakteure kolportierte,  Brenders designierter Nachfolger Peter Frey habe heftige Kritik an  Brender geübt. Frey dementierte das später.     
Oder was ist davon zu halten, dass der  CDU-Bundestagsabgeordnete Reinhard Grindel die "Unehrlichkeit der  Debatte" um Brender beklagt und selbst auf einer Veranstaltung des  Adolf-Grimme-Instituts in Marl Anfang Februar zum Thema "Staatsferne und  öffentlich-rechtlicher Rundfunk" erklärt, er könne "aus eigener  Anschauung" gern "bei Bedarf etwas über die Führungskompetenz von  Nikolaus Brender erzählen"? Grindel darf fraglos als Insider gelten: Er  war von 1992 bis 1997 leitender Redakteur im ZDF-Studio Bonn, von 1997  bis 1999 Studioleiter in Berlin und bis zu seiner Wahl in den Bundestag  im Jahr 2002 Studioleiter in Brüssel.
 
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