Freitag, 16. März 2007

Ein deutscher Soldat weigert sich

Aus Gewissensgründen lässt sich ein Oberstleutnant vom Tornado-Einsatz in Afghanistan freistellen. Verteidigungsministerium spricht von "Einzelfall"

Erstmals weigert sich ein Bundeswehrsoldat, beim Tornado-Einsatz mitzumachen. Oberstleutnant Jürgen Rose hat bei seinem Vorgesetzten beantragt, von der Mitwirkung in Afghanistan freigestellt zu werden. Seine Begründung: Er könne es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren, den Einsatz in irgendeiner Form zu unterstützen.

Mit Erfolg. Das zuständige Wehrbereichskommando IV in Bayern habe ihn in eine andere Abteilung versetzt, sagte Rose gestern der taz. Nun sei er mit der Verwaltung der Liegenschaften seiner Kaserne betraut. "Das nennt sich Wahrung der gewissensschonenden Handlungsalternative."

Rose, der dem Arbeitskreis Darmstädter Signal angehört, spricht von schweren verfassungsrechlichen, strafrechtlichen und völkerrechtlichen Bedenken. In dem Arbeitskreis haben sich kritische Bundeswehrsoldaten zusammengeschlossen. Bereits im Vorfeld der Bundestagsabstimmung über den Tornado-Einsatz am vorigen Freitag hatte sich der Arbeitskreis zu Wort gemeldet. In einem offenen Brief wurden die Abgeordneten aufgefordert, "auch einem zeitlich begrenzten Einsatz von Recce-Tornados in Afghanistan nicht zuzustimmen".

Die Vorstandsmitglieder Helmuth Prieß, Christiane Ernst-Zettl und Rose werfen Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) vor, "wider besseres Wissen" zu behaupten, bei dem Tornado-Einsatz gehe es nur um Aufklärung. "Als erfahrene aktive und ehemalige Offiziere und Unteroffiziere stellen wir fest, dass die militärische Aufklärung ein wichtiger Teil des integrierten militärischen Kampfes ist", heißt es in dem Brief. Diese "neue Qualität des deutschen Engagements bindet und zieht uns immer tiefer in das Kampfgeschehen ein". So ist man sich beim Darmstädter Signal sicher: Die Forderung der Nato nach deutschen Bodentruppen für den Süden Afghanistans wird folgen. "Deutschland verlässt seine neutrale Helferrolle und wird in den Augen der Taliban-Glaubenskrieger zu den ,Kreuzrittern' gezählt", warnen die Militärexperten.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte gestern auf taz-Anfrage, es handele sich um einen "Einzelfall". Nach Meinung des Grünen-Verteidigungsexperten Winfried Nachtwei ist es dagegen "grundsätzlich legitim und nachvollziehbar, sich nicht mit der beschönigenden Version des Ministers zufriedenzugeben". Auch Nachtwei hält den Fall allerdings für "keineswegs repräsentativ". Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, forderte in der "Netzzeitung" Konsequenzen für Rose: Er solle "den Dienst mit der Waffe quittieren und aus der Bundeswehr ausscheiden".

Vor einiger Zeit gab es einen ähnlichen Fall: Major Florian Pfaff, ebenfalls vom Darmstädter Signal, hatte sich während des Irakkriegs geweigert, an einem Softwareprojekt mitzuarbeiten. Er argumentierte, damit werde "der völkerrechtswidrige Krieg unterstützt". Pfaff wurde vom Vorwurf der Gehorsamsverweigerung freigesprochen.

taz vom 17.3.2007, S. 6, 106 Z. (TAZ-Bericht), KATHARINA KOUFEN

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen