Freitag, 25. September 2009

Internes Papier des Innenministeriums rgt für Wirbel

Ein internes Papier aus dem Innenministerium sorgt im Endspurt des Wahlkampfes für Aufregung.

Es ist offenbar als Grundlage für Koalitionsgespräche nach der Wahl gedacht. In dem Papier werden nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" mehr Kompetenzen für den Verfassungsschutz gefordert. Wie die Polizei soll der Inlandsgeheimdienst Computer ausspähen, auf die Vorratsdatenspeicherung zurückgreifen und Privatwohnungen belauschen dürfen.

Innenstaatssekretär Hanning wies die Schlussfolgerung zurück, es gehe um eine Zusammenlegung von Polizei und Verfassungsschutz. Bei der FDP, dem Wunschpartner der Union für eine Regierungskoalition nach der Wahl, sorgte das Papier dennoch für Verstimmung. Die bayerische Landesvorsitzende Leutheusser-Schnarrenberger sprach von einer "Horrorliste".

"Wir sind beim Uran abhängig"

Die Grüne Astrid Schneider über Uran-Importe

Die Bundesregierung verschleiere, woher die deutschen AKWs ihre Kernbrennstoffe beziehen, sagt die Politikerin der Grünen Astrid Schneider.

Die Wiederaufbereitungsanlage in Sellafield, Großbritannien.

taz: Die Unionsparteien liebäugeln damit, die deutsche Energieversorgung durch Atomstrom zu sichern. Sie sagen, das Wirtschaftsministerium verheimlicht für dieses Ziel systematisch Daten und täuscht die Bürger. Wie kommen Sie zu dieser Behauptung?

Astrid Schneider: Auf der Internetseite des Bundeswirtschaftsministeriums wird behauptet, Uran sei aufgrund der hohen Energiedichte und guten Lagerungsfähigkeit de facto ein heimischer Rohstoff. Dies soll die Aussage stützen, die Atomkraft mache uns importunabhängig von Energierohstoffen. In den Statistiken des Wirtschaftsministeriums findet man genaue Angaben über den Import von Gas, Kohle oder Öl.

Für Uran aber nicht?

Nein. Der einzige Weg, an die Daten zu kommen, führt über eine parlamentarische Anfrage. Die Regierung behauptete in ihrer Antwort, das Uran käme zu über 50 Prozent aus England und Frankreich. Das ist aber glatt gelogen. In beiden Ländern gibt es überhaupt keine Uranminen. Der Konzern Areva beispielsweise ist zwar in Frankreich zu Hause, betreibt seine Minen aber in Afrika oder Kasachstan. Das verschleiert die Herkunft des Urans. Und das geschieht, um zu behaupten, Uran käme aus politisch stabilen Staaten und es gebe keine Abhängigkeiten. In Wahrheit sind wir beim Uran genauso abhängig wie beim Erdgas.

Wie wollen Sie das belegen?

Es gibt nur wenige zuverlässige Quellen. Zum einen die europäische Behörde Euratom Supply Agency, die ein komplettes Monitoring über jedes Gramm spaltbares Material betreibt, das aus der EU raus- oder reingeht. Und die Zahlen belegen, dass seit 2007 Russland der größte Versorger der EU ist.

Das heißt aber noch nicht, dass auch Deutschland sein Uran hauptsächlich aus Russland bezieht.

Die Statistik schwankt da erheblich. Uns liegt aber ein internes Papier aus dem Bundeswirtschaftsministerium vor, das zeigt, dass Deutschland Uran auch aus Russland und Kasachstan importiert. Deren Bedeutung steigt Jahr für Jahr.

Gibt es eine Verpflichtung, solche Daten offenzulegen?

In anderen Staaten ja, die Energy Information Administration in den USA stellt das beispielsweise klar dar. Davon abgesehen behauptet das Wirtschaftsministerium, es könne genug Uran für mehrere Jahre in Deutschland gelagert werden. Ein weiteres Argument für die vermeintliche Unabhängigkeit. Aber das ist eine glatte Lüge: Die importabhängigen deutschen Konzerne müssen ständig Uran einkaufen, um den aktuellen Bedarf zu decken. In Atomkraftwerken lagern meist nur Brennstäbe für ein Vierteljahr.

Ein Teil des Kernbrennstoffes kommt aus den Wiederaufbereitungsanlagen in La Hague und Sellafield.

Deutschland hat die Wiederaufbereitung seines Atommülls mit dem Atomausstieg seit 2005 beendet. Auf europäischer Ebene macht die Wiederaufbereitung laut Euratom-Statistik weniger als fünf Prozent des europäischen Bedarfs aus.

Könnte Deutschland sich nicht einfach in politisch stabileren Ländern wie Kanada oder Australien mit Kernbrennstoffen eindecken?

Kanada und Australien schwächeln. Zum Beispiel die kanadische Mine Cigar Lake: Dort liegt das weltweit wichtigste Uranvorkommen. Die Betreiber haben dort massive Probleme mit Wassereinbrüchen. Das führt zu Verschiebungen auf dem Weltmarkt: Areva öffnet eine riesige Mine in Afrika, in Kasachstan entstehen 16 neue Minen.

INTERVIEW: CLAUS BREUER & NICK REIMER

Donnerstag, 24. September 2009

Günter «wallrafft» als somalischer Flüchtling

Er war schon «ganz unten» und «der Aufmacher». Nun zeigt Günter Wallraff in seiner Rolle als «Kvami Ogonno» den «alltäglichen Rassismus in Deutschland».

Der Publizist und Journalist Günter Wallraff ist in die Rolle eines Flüchtlings aus Somalia geschlüpft und will seine Erfahrungen im Herbst veröffentlichen. Das kündigte Wallraffs schwedischer Biograf Stig Hansén nach Angaben der Nachrichtenagentur TT auf der Göteborger Buchmesse an.

Wallraff selbst wollte dies «in dieser Form nicht bestätigen», aber auch weiter nicht dazu Stellung nehmen. Er sagte nur: «Man sollte sich doch jedem Schwarzen gegenüber freundlich und menschlich verhalten - es könnte ja ich sein.»

Wallraff hatte seine größten Bucherfolge als Enthüllungsjournalist, als er Mitte der 70er Jahre unerkannt für die Redaktion der «Bild»-Zeitung in Hannover arbeitete und knapp zehn Jahre später in die Rolle des türkischen Leiharbeiters Ali schlüpfte.

In Schweden wird «gewallrafft»

Die Bücher über seine Erfahrungen haben den 66-jährigen Kölner Autoren auch in Skandinavien so bekanntgemacht, dass seine Arbeitsweise mit verdeckter Identität Eingang in die schwedische Sprache als «wallraffen» gefunden hat. Zuletzt enthüllte er für das «Zeit-Magazin» schlechte Arbeitsbedingungen in deutschen Callcentern und Großbäckereien.

Hansén berichtete auf der Buchmesse, dass Wallraff als Somalier mit dem Namen Kvami Ogonno in Deutschland gelebt habe. Er habe damit das Ziel verfolgt, den «alltäglichen Rassismus in Deutschland
» zu schildern und sei wegen der dunklen Hautfarbe mehrfach Gewalt ausgesetzt gewesen.

Franz Müntefering vergleicht Rüttgers mit Nixon

Franz Müntefering hat den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) wegen der Video-Affäre mit Richard Nixon verglichen. "Herr Rüttgers erinnert mich weniger an Johannes Rau, sondern eher an Richard Nixon", sagte der SPD-Chef. Der frühere US-Präsident musste 1974 wegen der Watergate-Affäre zurücktreten.

Rüttgers

Jürgen Rüttgers muss sich mit wenig schmeichelhaften Vergleichen auseinandersetzen

Wegen der NRW-Video-Affäre hat der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) mit dem früheren US-Präsidenten Richard Nixon verglichen. Der damalige US-Präsident Nixon musste 1974 wegen der sogenannten Watergate-Affäre zurücktreten. Helfer des Republikaners Nixon waren 1972 in das Wahlkampfhauptquartier der Demokraten im Watergate-Hotel in Washington eingebrochen. „Herr Rüttgers erinnert mich weniger an Johannes Rau, sondern eher an Richard Nixon“, sagte Müntefering der „Rheinischen Post“. Rüttgers hatte sich in der Vergangenheit in die Tradition des verstorbenen früheren NRW-Ministerpräsidenten und SPD-Politikers Johannes Rau gestellt.

Regierungssprecher Hans-Dieter Wichter erklärte dazu laut „Focus Online": „Mir ist davon nichts bekannt, dass die Staatskanzlei oder Herr Berger eingebunden war.“ Die SPD-Landtagsfraktion sprach angesichts des Berichts von einem „Missbrauch“ der Staatskanzlei als Behörde, die zur parteipolitischen Neutralität verpflichtet sei. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) müsse erklären, was er „von den Verabredungen zwischen der Staatskanzlei und der CDU zu seiner systematischen Überwachung“ von Kraft gewusst habe, forderte die parlamentarische SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Carina Gödeke. Auch Grünen-Fraktionschefin Sylvia Löhrmann forderte eine lückenlose Aufklärung.

Die CDU in Nordrhein-Westfalen hatte vergangene Woche den Auftrag an professionelle Videofilmer bestätigt, Wahlkampfreden von Kraft zu filmen. Allerdings gebe es keinerlei Zusammenhang mit einem von der NRW-SPD veröffentlichten Video, das die abfälligen Äußerungen von Rüttgers über die Arbeitsmoral von Rumänen dokumentierte. Rüttgers war anschließend auf Distanz zur Video-Beobachtung von Kraft gegangen. Berichten zufolge stellte die Landes-CDU die Video-Beobachtung unterdessen ein.

Priester raubt Bank aus

Du sollst nicht stehlen

Von Thomas Urban, Warschau

Der Vorfall ist eigentlich peinlich genug für die katholische Kirche in Polen: Ein Priester hat eine Bank ausgeraubt. Sein Motiv aber ist noch überraschender: Er brauchte Geld für seine Familie.

Das hat es in der an aufregenden Begebenheiten nicht armen Geschichte der katholischen Kirche Polens noch nicht gegeben: Ein Priester überfällt eine Bank. So geschah es nun in der Stadt Szamotuly bei Posen. Ein Mann in beigem Anorak und kurzer Hose verlangte von der Kassiererin der Sparkasse Geld. Als diese sich zunächst weigerte, fuchtelte er mit einem Messer herum. Daraufhin händigte ihm die verängstigte Kassierin ein Bündel Banknoten aus. Wie sich bald herausstellte, waren es gerade einmal 6000 Zloty (rund 1450 Euro).

Der Bankräuber hatte aber einen fatalen Fehler begangen: Er war in keiner Weise maskiert. Anhand der Bilder der Überwachungskameras sowie der Zeugenbeschreibung konnte die Polizei rasch ein Phantombild erstellen. Dies wurde ins Internet gestellt, die lokalen Medien bekamen es - und schon wenige Stunden später klickten die Handschellen bei Norbert J. Die Überraschung der Polizisten war groß, als sich herausstellte, dass er Priester ist.

Zwar legt ein Sprecher der zuständigen Diözese in Köslin (Koszalin) Wert auf die Feststellung, es handle sich um einen "ehemaligen Kaplan", doch die polnische Presse widerspricht: Noch ist der auf Abwege geratene Sohn der Kirche nicht in den Laienstand zurückversetzt. Von der Mutter Kirche hat er sich selbst getrennt. Er sollte Anfang August seine bisherige Pfarrei in Westpommern verlassen, um eine neue Pfarrstelle anzutreten. Dort aber ist er nie angekommen, die Kirche hat ihn als vermisst gemeldet. Seine ehemaligen Pfarrangehörigen hatten bereits für ihn gebetet, es war seine erste Stelle als Kaplan gewesen, und er war dort offenbar sehr beliebt.

Nun stellte sich bei seiner Festnahme heraus, dass er große Probleme mit dem Zölibat hat. Er lebte nämlich seit ein paar Wochen mit einer Lebensgefährtin und einem Säugling in der Anonymität der 200 Kilometer südlich gelegenen Großstadt Posen. Zumindest hatte er darauf gehofft, dass er nicht auffallen werde, wie er sagte. Deshalb habe er auch die Sparkasse von Szamotuly ausgesucht, wo er zuvor noch nie gewesen war.

Das Geld, das die Polizei sicherstellte, habe er gebraucht, um die Miete zu zahlen und seine Familie zu ernähren. Diese wird aber nun erst einmal ohne ihn auskommen müssen. Für bewaffneten Banküberfall drohen ihm bis zu zwölf Jahre Gefängnis. Ob die Lebensgefährtin von dem Plan, eine Bank zu überfallen, wusste, ist nicht bekannt.

Madagaskar: Steinbruch statt Schule

Armut zwingt zwei Millionen Kinder zur Arbeit

Von Fanja Saholiarisoa

Antananarivo. Jeannine Raheriniaina arbeitet im Steinbruch von Ambalakely im Süden von Madagaskar. Von frühmorgens bis spätabends zerschlägt sie für einen Hungerlohn Felsbrocken zu Schottersteinen für die heimische Bauwirtschaft. Auch ihre vier Kinder schuften in der Steingrube, zusammen mit über hundert anderen Minderjährigen. Für sie und die rund zwei Millionen madagassische Kinderarbeiter bleibt für die Schule keine Zeit, denn ohne ihren Verdienst haben viele Familien nicht genug zum Leben.

In der Inselrepublik vor der Ostküste Afrikas hat der politische Machtkampf zwischen dem amtierenden Staatspräsidenten Andry Rajoelina und seinem entmachteten Vorgänger Marc Ravalomanana eine schwere wirtschaftliche und soziale Krise ausgelöst. Fast 70 Prozent der 20,6 Millionen Madagassen müssen mit als einem US-Dollar pro Tag auskommen.

Auch die vierfache Mutter Raheriniaina käme ohne die Mithilfe ihrer Kinder nicht über die Runden. "Sie kommen freiwillig mit, denn sie wissen, wie schlecht es ihren Eltern geht", versichert sie. Doch ihr siebenjähriger Sohn Mamitiana klagt über die Schwerarbeit, die von ihm verlangt wird: "Meine Mutter ist erst zufrieden, wenn ich ihr täglich zwei Säcke Schotter abliefere."

Wie aus einer Untersuchung hervorgeht, die das Kinderhilfswerk UNICEF, die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) und das madagassische Nationale Statistikamt (INSTAT) gemeinsam durchgeführt hatten, werden auf dem afrikanischen Inselstaat vor der Küste Mosambiks 1,8 Millionen Fünf- bis 17-Jährige als Tagelöhner in teilweise gefährlichen Jobs beschäftigt, meist in Steinbrüchen, in Fischfabriken oder als Hilfe im Haushalt. Kaum einer von ihnen hat die Chance, die Grundschule zu besuchen. Obwohl internationale und Landesgesetze Kinderarbeit verbieten, zwingt die Armut die Familien, den Nachwuchs als Mitverdiener arbeiten statt lernen zu lassen.

Für Madagaskars Öffentlichkeit ist Kinderarbeit kein Thema. Erst der Leidensweg der 17-jährigen Jeannine Razananirina aus Behenjy, 60 Kilometer südlich von Antananarivo, die als Hausmädchen in der Hauptstadt gearbeitet hatte und im Juni von ihrer Arbeitgeberin mit kochendem Wasser verbrüht wurde, sorgte vorübergehend für Schlagzeilen. Sozialarbeiterinnen kümmerten sich schließlich um das Mädchen.

Kinderrecht auf Bildung wird verwehrt
"Es ist ein schweres Stück Arbeit, den in den Steinbrüchen schuftenden Eltern klarzumachen, wie wichtig der regelmäßige Schulbesuch für ihre Kinder ist", berichtet die Direktorin der Ilempona-Grundschule, Berthine Ralaivelo. "Viele Kinder kommen und gehen und bleiben weg, sobald sie tagsüber arbeiten müssen. In diesem Jahr sei in ihrer Grundschule der Anteil der eingeschulten Kinder von 50 auf 20 Prozent zurückgegangen.

Die UNICEF/ILO-Untersuchung kritisiert, dass den Kinderarbeitern nicht nur ihr Recht auf Bildung verwehrt werde. Zudem sei die Arbeit im Steinbruch, in den Fabriken oder in der Landwirtschaft gefährlich und überfordere die Kräfte vieler Kinder, die sich verletzten oder krank werden.

Nach Ansicht von Experten hat die politische und wirtschaftliche Krise in dem ohnehin armen Madagaskar noch mehr Menschen in die Armut getrieben. "Die Kinder müssen mitverdienen, damit die Familien über die Runden kommen", betont die Präsidentin des Berufsverbands ausgebildeter Sozialarbeiter, Norotiana Jeannoda. "Im Steinbruch verdient man umgerechnet einen US-Dollar pro Tag. Je mehr Familienmitglieder dort arbeiten, desto mehr Geld lässt sich verdienen."

Wenig Erfolg hatte bislang eine von der ILO vor vier Jahren organisierte und von der Regierung unterstützte landesweite Kampagne gegen die Kinderarbeit, wie der ILO-Koordinator für Madagaskar Francesco D'Ovidio einräumt. "Wir haben zwar einigen tausend Kindern helfen können, doch weit mehr brauchen unsere Hilfe."

Ohne Hilfen für arme Familien bewirken Verbote nichts
Obwohl ein 2007 verabschiedetes Gesetz unter-15-Jährigen jede bezahlte Arbeit verbietet, gab es bislang weder einschlägige Anzeigen noch einen Strafprozess. Solange die Familien zwischen ihrem Überleben und dem Schulbesuch ihrer Kinder wählen müssten, bleibe das Gesetz wirkungslos, meinen Experten.

Die Psychologin Victorine Rakotondranivo sieht nur einen Ausweg. "Erst wenn die Regierung den Familien hilft und die Arbeitslosigkeit im Land energisch reduziert, werden die Armen ihre Kinder wieder zur Schule schicken", ist sie überzeugt.

Wichtiger Hinweis: Die Verwertung dieses Beitrags ist kostenpflichtig.
Zusätzliche Informationen im Internet: http://www.ilo.org/

Mittwoch, 23. September 2009

Outing via Facebook

Laut einer amerikanischen Studie kann alleine anhand der Facebook-Freunde auf die sexuelle Orientierung eines Mitglieds geschlossen werden.

Zwei Studenten des renommierten Massachusetts Institute of Technology, Carter Jernigan and Behram Mistree, haben ein Outing-Programm ("Gaydar") für die soziale Netzwerksseite entwickelt, berichtet der "Boston Globe". Dazu haben sie die sexuelle Orientierung von 1.500 Facebook-Profilen von Kommilitonen analysiert, die angegeben haben, ob sie schwul, lesbisch, bi- oder heterosexuell sind. Schwule und Lesben haben demnach weit mehr homosexuelle Freunde als Heteros. Das Programm analysiert nun die Freunde eines Nutzers und kann so auf seine sexuelle Orientierung schließen, selbst wenn er diese nicht angibt.

Jernigan und Mistree haben die Software an schwulen Nutzern getestet – und lagen fast immer richtig. Schwieriger war die Vorhersage dagegen bei Lesben, nahezu unmöglich bei Bisexuellen.
(Fortsetzung nach Anzeige)


"Als sie mir das zum ersten Mal gezeigt haben, war ich sehr überrascht", erklärte Informatikprofessor Hal Abelson. "Das wirft die Frage auf, wem man die Kontrolle über diese Informationen überlässt. Ein Privatnutzer selbst hat dann nämlich keine Kontrolle mehr."

Die Jungforscher wollen mit dem Programm vor den Gefahren der sozialen Netzwerke warnen. Selbst wer wenig über sich in seinem Facebook-Profil schreibt, wird über andere Faktoren zum gläsernen Surfer. Obwohl sich die MIT-Studenten die Erlaubnis aller Beteiligten eingeholt haben, könnten andere Leute die Datenschutzbestimmungen leicht umgehen und etwa eine Outing-Kampagne starten. Das könnte in Ländern ohne Antidiskriminierungsgesetze, oder in denen Homosexualität illegal ist, fatale Auswirkungen für die Betroffenen haben. Auch weitere Merkmale – wie etwa Alkohol- oder Drogenkonsum – wären beispielsweise für private Krankenversicherungen interessant.

Facebook ist vor MySpace die größte "Social Network"-Seite der Welt. Hier können Teilnehmer persönliche Profile erstellen, sich mit ihren Freunden verlinken und sich in Gruppen organisieren. Das Netzwerk hat nach Angaben der Betreiber gegenwärtig 300 Millionen Mitglieder.


GAU für Micheletti

Kommentar zur aktuellen Lage in Honduras
Von Harald Neuber

Für die Putschisten in Honduras ist es der GAU: Präsident Manuel Zelaya ist zurück. Stur wie ein kleiner Junge leugnete Noch-Machthaber Roberto Micheletti anfangs die Rückkehr Zelayas. Als die wenigen unabhängigen Redaktionen des Landes live berichteten, geiferte er gegen den "Medienterrorismus". Die Nervosität des Diktators ist verständlich: Zelayas Rückkehr beweist nicht nur die massive Unterstützung, die er von anderen Staaten erfährt. Die spontanen Massendemonstrationen dokumentierten zudem seinen Rückhalt im Lande.

Micheletti hat nun keine Argumente mehr. Er stützt sich lediglich auf die Macht der Staatsorgane, die von der Oberschicht kontrolliert werden. Nie ist diese Kräfteverteilung deutlicher geworden als in den vergangenen drei Monaten seit dem Putsch. Der Umstand aber, dass der Oberste Gerichtshof und die Mehrheit der Nationalversammlung den Putsch verteidigen, verleiht ihm keine Legitimität. Ihre Haltung stellt vielmehr die Rechtsstaatlichkeit dieser Institutionen in Frage.

Die Demokratiebewegung denkt deswegen langfristig. Natürlich geht es zunächst um die Rückkehr zur Demokratie. Dann aber wird in Honduras eine verfassunggebende Versammlung nötig. Mit oder ohne Zelaya. Dieser habe versucht, Honduras aus dem Merkantilismus des 18. Jahrhunderts in den Kapitalismus des 21. Jahrhunderts zu führen, sagte sein Botschafter in Deutschland, Roberto Martínez. Das Projekt der Bevölkerungsmehrheit geht nach drei Monaten im Widerstand aber weit darüber hinaus. Weil die Putschisten das wissen, klammern sie sich mit allen Mitteln an ihre illegale Macht.

Obama knickt ein, Lieberman frohlockt

Zur Freude des ultra-rechten israelischen Außenministers konnte sich Obama beim Treffen mit Netanjahu und Abbas nicht durchsetzen. Statt Siedlungsstopp gilt jetzt für die Israelis nur noch Zurückhaltung bei den Bauaktivitäten.

Israels ultra-rechter Außenminister Avigdor Lieberman hat nach dem Nahost-Gipfel von New York die Hoffnungen gedämpft. Er möchte keine Illusionen schüren und niemand solle die Stoppuhr in die Hand nehmen, sagte Lieberman dem israelischen Rundfunk zu den Auswirkungen des Treffens auf den Nahost- Friedensprozess. Der Außenminister verwies außerdem auf eine Vielzahl internationaler Konflikte, die nicht gelöst worden seien.

Als größten Erfolg wertete Lieberman, dass sich die US-Regierung und die Palästinenser nicht mit ihrer Forderung nach einem umfassenden Ausbaustopp in jüdischen Siedlungen durchsetzen konnten. Die israelische Regierung habe zu ihren Wahlversprechen gestanden und sich keinem Diktat gebeugt, sagte Lieberman.

Alte Muster durchbrechen

US-Präsident Barack Obama, Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sowie Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hatten sich während ihres Nahost-Gipfels am Dienstag in New York auf eine Fortsetzung des Nahost-Friedensprozesses geeinigt. Nach rund einjähriger Unterbrechung sollen die Verhandlungen noch im Oktober wieder aufgenommen werden. Im Interesse einer raschen Fortsetzung der Gespräche rückte Obama von der Forderung ab, dass Israel den Ausbau von Siedlungen einfriert. Statt «Einfrieren» spricht der US-Präsident jetzt nur noch von einer «Zurückhaltung bei Siedlungsaktivitäten».

Das «alte Muster», nach dem es bei den Friedensbemühungen immer einen Schritt nach vorn und zwei zurück gebe, müsse durchbrochen werden. Ein Nahostfrieden liege nicht nur im Interesse der Region, sondern auch der USA und der ganzen Welt, sagte Obama.

Zur Vorbereitung der neuen Verhandlungen wollte der US- Nahostgesandte George Mitchell am Donnerstag Abgeordnete beider Seiten treffen. Er wird in der kommenden Wochen erneut in der Region erwartet. «Wir treten jetzt in eine intensive, aber kurze Phase der Diskussionen ein, im Bemühen, die Verhandlungen wieder in Gang zu bringen», sagte Mitchell nach dem Gipfel in New York. Er schätze, dass dies mehrere Wochen dauern werde.