Montag, 2. Februar 2009

Teuer angeklickt: Abo-Abzocken 2009

Rechnungen, Mahnungen, Drohungen - und kein Ende

von Michael Scheuch

Seit einigen Jahren sind Abofallen im Internet eine der beliebtesten Maschen von dubiosen Geschäftemachern. Trotz intensiver Berichterstattung der Medien und breiter Öffentlichkeitsarbeit der Verbraucherzentralen geraten immer noch Menschen in die Abofallen. Und: Die Themenbereiche der teuren Dienstleistungen verändern sich stetig. Aktuell sind es kostenpflichtige Downloadseiten, mit denen gerne geködert wird.

Harald H. ist auf der Suche nach einer Textverarbeitung für sein neues Netbook: Er kennt die kostenlose Open-Source-Software Open Office und hat diese in der Vergangenheit bereits erfolgreich installiert. Im Dezember 2008 sucht er per Suchmaschine nach einer Download-Möglichkeit für das Programm, einer der ersten Treffer führt in aber nicht auf die Webseite von Open-Office sondern zu "opendownload.de" - das klingt so ähnlich, und das ist sicher kein Zufall! Wie er das von Programmen, auch kostenlosen, so gewohnt ist, registriert er sich für den Download.

Die Internetseite leitet ihn dann weiter, er lädt die Software auf seinen Rechner und alles scheint gut zu gehen. Doch die Falle hat zugeschlagen: Am nächsten Tag erhält er von einer Firma namens Content Services Ltd. eine Rechnung über 96 Euro für das erste Jahr eines Zwei-Jahres-Abos der Internetseite. Harald H. ist ein erfahrener Computernutzer. Dennoch ist ihm die Preisangabe auf der Webseite durchgerutscht. Er war sich nämlich sicher, ein kostenloses Programm herunterzuladen. Das ist es auch, nur die Geschäftemacher von Content Services wollen selbst an dieser kostenlosen Software verdienen.

Altbekannt und erfolgreich

Das Phänomen ist seit Jahren bekannt. Trotzdem hat das Thema nichts von seiner Brisanz verloren: Das Unwesen mit scheinbar kostenlosen Internetangeboten, bei denen die Nutzer meist unbewusst einen teuren mehrjährigen Vertrag abgeschlossen haben sollen. Zumindest behaupten das die Betreiber in der dicken Rechnung, die kurz darauf ins E-Mail-Postfach oder per Post kommt.

Nach wie vor suchen Tausende Internet-Nutzer jeden Monat bei den Beratungsstellen der Verbraucherzentralen Rat, wie mit diesen Forderungen umzugehen sei.

Die Masche in Kurzform

Egal, um welches Angebot es geht, die Methode ist immer dieselbe: Auf der Suche nach Downloads oder Dienstleistungen stößt der Nutzer in den Trefferlisten der Suchmaschinen auf einschlägige Webseiten. Dort muss er sich registrieren, eine Preisangabe findet sich höchstens in den (langen) AGB, dazu meist am unteren Bildschirmrand. Häufig sind die Seitendimensionen so angelegt, dass bei einer normalen Monitorauflösung (1024*768 Punkte) beide Positionen außerhalb des sichtbaren Bereichs liegen.

Auch wenn ein Preis angegeben ist: Häufig wird nur der Monatspreis für ein "Abonnement" genannt, ab und zu der Jahrespreis. Doch da angeblich ein Vertrag über 24 Monate zu Stande kommt, ist der eigentliche Endpreis doppelt so hoch. Diese Angabe fehlt fast immer. Es folgen Rechnungen des Anbieters, dann Mahnungen, dann häufig Anwaltsschreiben, Drohungen mit gerichtlichen Verfahren, Klagen, Schufa-Einträgen und Strafanzeigen. Der aufgebaute Psycho-Druck soll über kurz oder lang den Nutzer zur Zahlung drängen.

Aktuelle Angebote

Die Klassiker bei den Aboabzocken sind kostenlose SMS, Webseiten zu Lebenserwartung und Ahnenforschung, Online-Routenplaner, Webseiten mit Rezepten oder Gedichten. Häufig sind die entsprechenden Webseiten mit Gewinnspielen gekoppelt, die die Aufmerksamkeit von den Preisangaben ablenken und "erklären", warum Name und Adresse angegeben werden sollen.

Die Betreiber sind häufig britische Limiteds'. Auch wenn diese über eine deutsche Postadresse verfügen, sitzt die Abzockfirma gerne in Großbritannien, auf den Virgin Islands, aber auch in der Schweiz, den Vereinigten Arabischen Emiraten oder zuletzt auf Zypern oder Malta. Klarer Fall, dass gegen diese Anbieter kaum vorgegangen werden kann.

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Aktivitäten in Internet-Foren

In vielen Internet-Foren tauschen sich Betroffene aus. In letzter Zeit gibt es dort auch Postings zu lesen, die von erfolgten "Hausdurchsuchungen" und gerichtlichen Niederlagen sprechen. Offensichtlich infiltrieren die Abzock-Firmen inzwischen diese Foren oder fälschen gar angebliche Verbraucherportale um Hilfesuchende zu verunsichern.

Die Rechtslage

Im Internet besteht ein grundsätzliches Problem des Nachweises, dass ein gültiger Vertrag zwischen Anbieter und Nutzer geschlossen wurde. Bei Warenlieferungen wird spätestens im Moment der Zustellung klar, dass ein Kaufvertrag von beiden Seiten gewollt ist. Bei den Aboseiten, die eine Lieferung von elektronischen Gütern, also etwa Texten, Bildern oder Downloads vorsehen, ist der Fall weniger klar.

Verbraucherzentralen halten die angeblichen Verträge aus mehreren Gründen für ungültig beziehungsweise gar nicht erst zu Stande gekommen:

  • Wenn über die Tatsache, dass es sich ein kostenpflichtiges Angebot handelt, getäuscht wird.
  • Wenn die Kostenhinweise ungenügend, nicht in unmittelbarer Umgebung des "Bestätigen" Buttons befindlich oder unvollständig sind.
  • Wenn die AGB den Verbraucher unzulässig benachteiligen, etwa weil Kündigungsfristen sittenwidrig lang sind.
  • Wenn Unklarheit über die zu erbringende Gegenleistung des Vertragspartners besteht.

Sollten Minderjährige im Haushalt den Vertrag abgeschlossen haben, so kann sich der Betroffene auch darauf berufen, dass sie als gesetzlicher Vertreter dem potenziellen Vertragsabschluss nicht zugestimmt haben.

Wie reagieren?

Aller Erfahrung nach reagieren die Anbieter auf die Musterbriefe der Verbraucherschützer inhaltlich überhaupt nicht. Die verweisen in ihren Schreiben auf Rechtstatbestände, die nicht auf den Fall zutreffen, oder hantieren wahllos mit juristischen Fachbegriffen. Von diesen muss sich kein Verbraucher abschrecken lassen. So wird etwa damit gedroht, Strafanzeige zu erstatten, wenn sich ein Minderjähriger unter Angabe eines falschen Geburtsdatums angemeldet hat. Eine Drohung, die substanzlos ist.

Aufgrund der Fruchtlosigkeit der Erwiderungsschreiben rät Markus Saller von der Verbraucherzentrale Bayern inzwischen nicht mehr dazu, Widerspruchsschreiben an die angegeben Adressen zu richten. Ist man sich sicher, dass der Anbieter nach oben genannter Masche vorgeht, sollte man alle Schreiben ignorieren. Eine kurze Internetrecherche wird meist belegen, dass man nicht alleine ist. Das Inkasso betreiben seit Jahren auch einschlägig bekannte Anwälte, gerne aus Osnabrück oder München. Auch diese drohen damit, dass Sie "ihrem Mandanten empfehlen werden, juristische Schritte einzuleiten." Auf solche juristischen Schritte wartet Markus Saller.

Wichtig ist nur, bei einem gerichtlichen Mahnbescheid, fristgemäß Widerspruch einzulegen - ansonsten wird die Forderung anerkannt. Ein Mahnbescheid ergeht vom Gericht aus ohne Prüfung, ob die Forderung zu Recht besteht, ist also kein Beweis, dass die Abo-Fallen legal sind. Wer allerdings den Widerspruch versäumt, der riskiert, dass die Forderung gerichtlich eingetrieben werden kann.

Aktuelle Warnungen

Die Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt warnt aktuell (Stand: 28.1.2009) vor Rechnungen des Downloadportals "happy-load.com". Diese erreichen anscheinend wahllos E-Mail-Adressen und enthalten nicht einmal Namen und Adressen des angeblich Zahlungspflichtigen. Die Verbraucherschützer raten von einer Kommunikation mit der Firma im Emirat Dubai ab, um nicht weitere persönliche Daten in die Hände der Firma zu geben.

Vorsicht auch bei Angeboten, die statt mit Abofallen ihre Rezepte oder Gedichte mit dem Download von Software verknüpfen. Geworben mit "Virenfrei. Kein Dialer. Kein Abo". Dafür handelt es sich um Ad-Ware, als einem Programm, das die Startseite des Benutzten Browsers verändert und Werbung einblendet - eventuell so häufig, dass ein technisch einwandfreier Internetzugang nicht mehr hergestellt werden kann. Die Software kann von einem Laien nicht ohne weiteres wieder entfernt werden und könnte weitere Schadfunktionen enthalten.

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