Samstag, 6. September 2008

Peinlicher Auftritt der NPD in Neukölln

  • Anschläge im Vorfeld der Veranstaltung
  • Mehrere verletzte Neonazis bei der Anreise
  • Fast 300 Antifas protestieren trotz kurzer Mobilisierungszeit mit vielfältigen Aktionen gegen NPD
  • Lediglich 21 Neonazis erreichen den Veranstaltungsort des "Ring Nationaler Frauen" - darunter genau vier Frauen
  • Rudower Neonazis bleiben lieber gleich fern
Aktivitäten im Vorfeld
In den Tagen vor der Veranstaltung der NPD, bzw. des "Rings Nationaler Frauen" in der Volkshochschule "Otto Suhr", kam es zu vielfältigen Antifa-Aktionen.
Kurz nach dem Bekanntwerden des Veranstaltungsortes wurden Plakate und Flugblätter produziert, die von Neuköllner_innen größtenteils in Eigenregie hergestellt und verteilt wurden. So gelang es trotz der kurzen Zeit viele Menschen zu informieren und für die Gegenproteste zu gewinnen.
In der Nacht zu Freitag gab es zudem laut Medienberichten (u.A. Morgenpost, Berliner Kurier, Berliner Zeitung etc.) mehrere Anschläge. Bei diesen wurde die Eingangstür des Veranstaltungsortes beschädigt, die Fassade mit Parolen verschönert und das Haus von Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky mit roten und schwarzen Farbflaschen beworfen. Nach Angaben des Tagesspiegels, liegt der Zeitung ein Selbstbezichtigungsschreiben vor, indem sich ein "Kommando Otto Suhr" zu der Tat bekennt. Die Täter_innen sollen Buschkowsky in dem Schreiben beschimpfen und von einem "Vorgeschmack" sprechen.

Die Aktionen am Freitag
Bereits bei der Anreise zu der Veranstaltung wurden laut unterschiedlichen Berichten die Neonazis direkt mit antifaschistischem Protest konfrontiert. Eine körperliche Auseinandersetzung im Boddin-Kiez endete mit mehreren verletzten Rechten, die "zusammengeschlagen und ausgeraubt" wurden (Zitat: Stella Hähnel
Viele Anwohner_innen hatten Transparente auf den Balkonen aufgehängt, mit denen sie ihren Protest gegen die NPD äußerten – nicht wenige Neuköllner_innen eilten spontan aus umliegenden Cafes, um sich dem Protest gegen die Neonazis anzuschließen.
NPD/ RNF). Passant_innen berichteten von flüchtenden Neonazis auf der Karl-Marx-Straße. Weitere zehn NPDler, die mit dem Bus aus Richtung Treptow kamen, wurden von 15 Bullen in einem Wanderkessel durch den Kiez geschleust und mussten sich dem lautstarken Unmut der Neuköllner Bevölkerung aussetzen. Weitere Neonazis gingen offenbar auf dem Hinweg ganz verloren. Jedenfalls hieß es zu Beginn der NPD-Veranstaltung, dass noch Kameraden vermisst würden. Diese tauchten auch später nicht mehr auf. (Wer noch einen solchen Kameraden findet, kann ihn gerne bei den örtlichen Antifas abgeben.)

An der Gegenkundgebung Hermannstr./ Boddinstr. zu die Grünen Neukölln und aus dem Abgeordnetenhaus, aber auch die Antifa aufgerufen hatten, beteiligten sich ca. 200 Personen. Im Umfeld der Veranstaltung und im Kiez bewegten sich zudem diverse Grüppchen von Antifas, die sich zeitweise auf dem Boddinplatz versammelten und so die NPD-Veranstaltung eingekreist hatten. Neonazis mussten also immer durch Protest hindurch, um zu ihrer Veranstaltung zu gelangen.

Insgesamt erreichten schließlich 21 Neonazis den Veranstaltungsort, um nach weniger als 45 Minuten Vortrag schon wieder die Segel zu streichen und sich im Wanderkessel zurück eskortieren zu lassen. Unter den Anwesenden befanden sich der Anmelder Hans-Joachim Henry (stellv. Landesvorsitzender NPD Berlin), Sebastian Schmidtke (JN Berlin), Robert "Beinbruch" Marilow (NPD-Kreisvorsitzender Spandau) und Jörg (NPD-Landesvorsitzender Berlin) und Stella Hähnel (NPD/ Pressesprecherin des "Ring Nationaler Frauen"). Letztere trat als Referentin auf und beschwerte sich in ihrem Vortrag, dass ihre neue Wohnanschrift in Mellensee (Teltow-Fläming) von der Antifa bereits veröffentlicht wurde, noch bevor sie sich beim Bürgeramt umgemeldet hätten. Rudower Neonazis oder Berliner Kameradschafter ("Autonome Nationalisten") trauten sich offensichtlich nicht nach Nord-Neukölln.


Das Bezirksamt, die NPD und die Polizei
Insgesamt lässt sich feststellen, dass die NPD-Veranstaltung in Nord-Neukölln überhaupt nur durch die enge Kooperation von Bezirksamt, NPD und Polizei ermöglicht wurde. Gemeinsam wurde versucht, die Veranstaltung vor der Öffentlichkeit geheim zu halten und so den legitimen Protest zu schwächen. Es wäre eigentlich schon Skandal genug, dass das Bezirksamt der NPD Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, doch hier wurde zusätzlich noch versucht, durch Stillschweigen den Protest dagegen zu erschweren.
Auch wird die Behauptung aus dem Bezirksamt, dass der Bezirk keine Spielräume bei solchen Entscheidungen hätte, durch ständige Wiederholung nicht richtiger. Zum einen muss das Bezirksamt Neukölln dem Berliner Landesverband der NPD keine Räume zur Verfügung stellen, zum anderen zeigen Beispiele aus anderen Bezirken, dass es offenbar sehr wohl möglich ist, anders mit Raumanfragen der NPD umzugehen.
Ein Beispiel hierfür wäre z.B. der Nachbarbezirk Treptow-Köpenick. Lediglich die lokale NPD-Fraktion darf dort Veranstaltungen durchführen, dabei konfrontiert mit einem strengen Vertrag der ihnen wenig Handlungsräume für ihre Propagandashows lässt. Die Raumanfrage für die heutige Veranstaltung wurde ebenfalls beim Bezirksamt Treptow-Köpenick gestellt, und laut stellv. Bezirksbürgermeister Schneider der NPD-Berlin verwehrt. Denn der Bezirk sei lediglich verpflichtet, der Fraktion solche zur Verfügung zu stellen, nicht derem Landesverband. In Neukölln haben die beiden NPD-Verordneten Sturm und Vierk
noch nicht einmal den Fraktionsstatus.

Fazit
Es ist gelungen, dem Bezirksamt, der Polizei und der NPD einen Strich durch die Rechnung zu machen. Es ist nicht möglich, still und heimlich eine NPD-Veranstaltung in Nord-Neukölln über die Bühne zu bringen. Denn eine Veranstaltung in unserem Kiez bedeutet vor allem eins: Ärger!

Wir betrachten den Naziaufmarsch am 23.08. durch Britz und jetzt die Veranstaltung in Neukölln als Warm-Up für den Widerstand gegen die angekündigte Neonazi-Demo am 06.12. in Berlin. Wir finden, der vielfältige Protest, ob Kundgebung, verbaler Protest oder militante Aktionen, spielt sich langsam gut ein: Der Dezember kann kommen!

Weitere Hintergründe, Informationen und Kontaktmöglichkeiten gibt es unter anderem bei:
http://www.antifa-neukoelln.de.vu/
http://www.abso-berlin.tk/
http://www.antifa-recherche-neukoelln.de.vu/

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