Mittwoch, 26. September 2007

Prunksüchtig und abergläubisch

Birmas Herrscher Than Shwe

Selten zeigt er sich in der Öffentlichkeit und doch hat er ein Land völlig unter Kontrolle: Than Shwe, Chef der Militärregierung in Birma. Als dienstältester General der Junta sieht er sich selbst als Reinkarnation des Königs, doch seine Herrschaft übt er am liebsten im Verborgenen aus. "Eine seiner wichtigsten Strategien ist es, alles geheim zu halten, so dass er jeden überraschen und das Land länger regieren kann", sagt der in Thailand lebende Oppositionelle Win Min.

Seinen Regierungssitz ließ der 74-Jährige im Dschungel erbauen, 400 Kilometer nördlich von Rangun und angeblich auf Rat seiner Astrologen. Die sollen ihm sogar den Einzugstermin empfohlen haben. Aus Naypyidaw, was übersetzt "Wohnsitz der Könige" heißt, regiert er mit einer mächtigen Armee das südostasiatische Land.

Bescheidene Anfänge


Sein Leben begann Than Shwe in viel bescheideneren Verhältnissen. Der 1933 in Mandalay in Zentralbirma geborene Shwe arbeitete zunächst als Postbeamter in einer geschäftlich gut florierenden Kleinstadt nahe Mandalay. Mit 20 wechselte er als Offiziersanwärter in die Armee seines Landes, das nach der britischen Kolonialherrschaft erst wenige Jahre zuvor seine Unabhängigkeit erreicht hatte. Später trat er einer Einheit bei, die sich auf psychologischen Krieg spezialisiert hatte.

Als nach einem Militärputsch 1962 General Ne Win die Macht in Birma übernahm, machte dieser Than Shwe zum Leiter der Zentralschule für Politikwissenschaft in Phaung-gyi nahe der damaligen Hauptstadt Rangun. Shwe blieb dem Militär jedoch treu. Wenig später kehrte er in den Dienst der Armee zurück und kletterte Stück für Stück die Karriereleiter hinauf. Als 1988 ein Volksaufstand ausbrach, wurde General Ne Win gestürzt und General Saw Maung übernahm die Macht. Shwe wurde als eines der 21 Junta-Mitglieder zur rechten Hand von Maung.

Saw Maung führte 1990 Wahlen durch, die zur großen Überraschung des Militärs die oppositionelle Nationale Liga für Demokratie (NLD) gewann. Doch die Partei gelangte nie an die Macht. Als Than Shwe 1992 die Junta-Führung übernahm, hob er das Wahlergebnis auf und setzte NLD-Führerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi unter Hausarrest, der bis heute andauert und höchstens von Gefängnisaufenthalten unterbrochen wird.

Rücksichtslos kämpfte Shwe auch gegen seine Widersacher im Militär. Im Oktober 2004 entließ er General Khin Nyunt, den mächtigen Chef des militärischen Geheimdienstes. Khin Nyunt und dessen Familie ließ er zusammen mit Hunderten anderen inhaftieren.

Luxusleben der Herrscherclique

Trotz seiner brutalen Herrschaft hält sich Than Shwe für einen Führer mit Visionen. "Er möchte offensichtlich als ein wohlwollender König in die Geschichte eingehen", sagt ein Beobachter. Royales Antlitz verlieh Shwe seiner Herrschaft, indem er wie einst die buddistischen Könige Pagoden, Brücken und Straßen bauen ließ.

Die Öffentlichkeit in Birma bekommt ihn jedoch kaum zu Gesicht. Than Shwe, der schwer erkrankt sein soll, tritt selten auf und selbst staatlichen Medien untersagt er, sein Foto zu veröffentlichen. Doch im vergangenen Jahr wurde ein Video von der Hochzeit seiner Tochter publik. Darauf erstrahlte die Braut im Diamantenschmuck; der Sekt floss in Strömen. Angeblich verschlang die Party dreimal so viel Geld, wie jährlich für das Gesundheitswesen ausgegeben wird. Andere Mitglieder der Junta lassen es sich ebenfalls gut gehen. Angeblich wird ein Spross eines Kabinettsmitglieds täglich zum Studieren nach Singapur geflogen - in einem Jet der Luftwaffe.

Vom Reichtum Shwes und dem Luxusleben der Führungsclique können die meisten Menschen in Birma nur träumen, denn seit er die Herrschaft übernahm, gehört das Land zu den ärmsten der Welt. Den meisten Menschen bleibt auch heute gerade genug zum Leben. Strom geschweige denn einen Fernseher können sich nur die Wenigsten leisten.

Isolation setzte sich fort

International ist das Land, das seine Diktatoren in Myanmar umbenannt hatten, auch unter Shwe weitgehend isoliert geblieben. Einzig die Nachbarn China und Thailand unterhalten wirtschaftliche Beziehungen zu Birma. Während Thailand das Ziel vieler birmesischer Exilanten ist, hält Peking auch im UN-Sicherheitsrat schützend die Hand über Birmas Regime. China geht es dabei wohl auch um den Zugang zum indischen Ozean.


Gewalt gegen birmanische Demonstranten

"Ein Tag voller Hoffnung"

Erstmals sind birmanische Sicherheitskräfte am Mittwoch (26.09.07) gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen. Mönch Ashin Sopaka, der von Köln aus am Widerstand mitarbeitet, ist trotzdem zuversichtlich.

Ashin Sopaka; Rechte: WDR/Fricke

Ashin Sopaka ist derzeit ein gefragter Gesprächspartner. Der birmanische Mönch arbeitet seit 1999 am Widerstand gegen die Diktatur. Seit 2003 lebt er in Köln. Eine Rückreise nach Birma ist ihm verwährt. Ihm droht in seiner Heimat die Todesstrafe.

Die Militärregierung ist offenbar gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen. Was wissen Sie darüber?

Ashin Sopaka: Die Polizei soll sehr brutal sein, die Demonstranten werden getreten und geschlagen. Aber die Gewalt hat mich nicht überrascht. Eine Diktatur ist immer brutal, egal ob muslimisch, christlich oder buddhistisch. 1988 hat die Regierung immerhin 3.000 Mönche, Nonnen und Studenten erschossen. Seitdem sitzen noch immer 80 Mönche im Gefängnis.

Wie reagieren die Mönche auf die Gewalt?

Ashin Sopaka: Egal was kommt, wir wollen keine Gewalt. Die Gewalt kommt immer von der Gegenseite. Die Regierung versucht, Randalierer unter die Demonstranten zu mischen. Wir wollen jedoch eine friedliche Änderung der Situation in Birma.

Ist das möglich, wenn die Regierung Waffen gegen die Leute einsetzt?

Ashin Sopaka: Unsere Kraft liegt in der Masse. Eigentlich gibt es ein Versammlungsverbot, aber wenn Tausende auf die Straße gehen, dann kann die Regierung nichts machen. Natürlich haben viele Menschen Angst, auch die Mönche fürchten sich vor den Schlägen. Aber heute ist für mich auch ein Tag voller Hoffnung, denn ich hätte nicht gedacht, dass heute demonstriert wird.

Fordern die Mönche den Regierungswechsel?

Ashin Sopaka: Nein. Uns geht es um bessere Lebensbedingungen für die Menschen. Viele Birmanen hungern, haben Angst und sitzen im Gefängnis. Ich konnte beispielsweise bei einem Besuch in Thailand zum Jahresanfang meine Mutter nicht treffen. Sie wäre danach sofort ins Gefängnis gekommen.

Hoffen Sie auf Unterstützung aus dem Ausland?

Ashin Sopaka: Der Zeitpunkt ist günstig wie noch nie. Dank dem Treffen der UN

-Vollversammlung in New York richten sich die Blicke auf Birma. Die ausländischen Regierungen beobachten genau, was derzeit bei uns passiert.

Es heißt, die Telefonleitungen sollen abgeschaltet werden. Wie halten Sie Kontakt mit ihren Leuten?

Ashin Sopaka: Es gibt eine Webseite, die von indischen Exilmönchen betrieben wird. Hier gibt es für mich stündlich die neuesten Informationen. Wenn ich meinen Freunden in Birma was mitteilen möchte, mache ich ein Audiofile und schicke es per E-Mail. Ich habe auch gehört, dass die Internetverbindungen abgeschaltet werden sollen, aber es gibt in Birma sowieso nur zwei Leitungen, die vom Staat kontrolliert werden. Und alle Telefonleitungen kann die Regierung wohl nicht überwachen.

Was raten Sie ihren Freunden in Birma?

Ashin Sopaka: Ich ermutige immer, dass wir weiter machen müssen auf dem Weg zu einer friedlichen Lösung. Gemeinsam haben wir eine ungeheure Kraft. Wenn wir Frieden und Glück wollen, dann müssen wir auf die Straße gehen. Ich rate den Mönchen auch, dass sie den Soldaten etwas zu essen und zu trinken geben sollen. Denn die Soldaten sind auch sehr arm und wenn sie merken, wofür wir einstehen, dann kommen sie sicherlich auf unsere Seite.

Das Gespräch führte Anke Fricke

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen